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Warum es Kranzhorn heisst

Begonnen von torres, 10.09.2018, 12:54

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torres

Hi,

am Samstag hatte es naemlich einen Kranz.

Gruss
Torres

Reinhard

Habe übrigens folgende Erklärung gelesen:

Der Name des Berges leitet sich von »Khrantsu« bzw. »Krantsach« her, so wurde früher im Inntal der Wacholder genannt.

Manche sagen auch dass es von "Grenze" kommt (Grenze zwischen Tirol und Bayern durchschneidet den Gipfel. Kann ich mir aber nicht vorstellen, das der Name schon länger, als es die Grenze gibt, gebräuchlich ist.

geroldh

Zum Thema "Namen und Benennung im Gebirge" gibt es sicher etwas Literatur... - insbes. dem eli traue ich da auch einen gewissen Wissensfundus zu ;) - doch hierzu passend habe ich einen Zeitungs-Artikel gefunden, in dem später auch kurz das Sonntagshorn, die Kampenwand und der Rotofen angesprochen werden.
Vom (Inntaler) Heuberg wurde mir mal erzählt, dass dieser Berg früher viel weniger bewaldet war und das dort wachsende Gras regelmäßig einer Heuernte zugeführt wurde - ein Berg also, an dem es Heu gab...

Warum die Berge heißen, wie sie heißen (OVB, 28.10.17)

Bergautist

Wenn wir schon mal dabei sind:

Da wird es doch sicher irgend jemanden geben, der weiß, woher Hochries und Riesenberg ihren verwandten Namen haben! Oder ist es auch nur ein Schreibfehler in irgend einer Karte? Denn unterhalb der Hochries gibt es noch eine Oberwiesenalm und eine Unterwiesenalm.
Ich habe leider bisher nichts finden können! Zwar gibt es da die Sage mit dem Riesen. Aber die kann ja nach der Benennung entstanden sein. #gruebel#

RADI

 #hallo#

kannst  im internet finden #google# (oder weniger datenkrakig duckduckgo  )
von Holzrutschen zum Abtransport von Holzstämmen http://www.svenherzfeld.de/samerber/hochries.htm,
habe ich auch  #gruebel# in Büchern übern Chiemgau, Frasdorf, Samerberg  etc. so gelesen

RADI

Bergautist

Zitat von: RADI am 12.09.2018, 22:30
#hallo#

kannst  im internet finden #google# (oder weniger datenkrakig duckduckgo  )
von Holzrutschen zum Abtransport von Holzstämmen http://www.svenherzfeld.de/samerber/hochries.htm,
habe ich auch  #gruebel# in Büchern übern Chiemgau, Frasdorf, Samerberg  etc. so gelesen

RADI

#danke1# RADI, das klingt vernünftig!

Hatte es natürlich auch mit Google versucht, aber der bringt so viele unnütze Vorschläge, da findet man die Nadel im Heuhaufen nicht!

eli

Zitat von: geroldh am 12.09.2018, 21:45
Zum Thema "Namen und Benennung im Gebirge" gibt es sicher etwas Literatur... - insbes. dem eli traue ich da auch einen gewissen Wissensfundus zu ;) 
Servus geroldh und  #danke1# für das Vertrauen! Ist halt mit Arbeit verbunden.  ;D

Wer sich mit der Herkunft von Bergnamen näher befassen will, dem seien zwei Altmeister der Namensforschung ans Herz gelegt. Eberhard Kranzmayer und Karl Finsterwalder.
Unter "Bergnamen in Österreich" , E. Kranzmayer findet man eine sehr gute Einführung , wie die Bezeichnungen wohl entstanden sind, geordnet nach semantischen Gruppen. Ich will jeweils nur ein/zwei  Beispiel anführen:

Nach Lage: ( Aussehen - Form, Fauna und Flora, Witterung....) Reinhard hat ja schon ganz richtig die Wacholderbeeren als Ursprungsbezeichnung für das Kranzhorn angeführt.
Der Spitzstein heißt natürlich ganz klar nach seinem Aussehen.

Der Tauron bezeichnet einen Übergang noch nach romanischer Mundart.


Nach kultureller Nutzung: Wie RADI richtig bei Riesenberg und Hochries den Namen nach der wirtschaftl. Nutzung herführt, so hat auch der Rauschberg seinen Namen über Nutzung als Schürfberg bekommen, denn bei der Gewinnung von Zink - und Bleierz blieben beim Waschen schwere Gesteinsteile übrig, eben die sog. Rauschen.


Nach kultischen(mythischen ) Namen: Wie im Lattengebirge der Dreisessel der keltischen "Dreifachen Göttin" oder die "Steinerne Agnes "


Nach künstlichen Namen: Wie etwa der "Weißkopfkogel" beim Bischof , benannt nach dem Graukopf des bei einem Lawinenabgang verunglückten sehr beliebten  Wirt der Hochwildalmhütte.

Noch ein Nachschlag: Im Buch von Helmuth Zebhauser "Chiemgauer Alpen, Wasser, Moore, Wälder, Felsen" , erschienen im rosenheimer Vlg. , findet man auch viele gute Hinweise von Karl Finsterwalder zur Entstehungsgeschichte der Bergnamen.


Hawedere, im übrigen sind Namen ja bekanntlich Schall und Rauch  #hihi#

eli



Bergautist

Motiviert durch elis fundierten Ausführungen #danke1#, habe ich gleich wieder die Suchmaschine angeworfen. Raus kam das hier:

http://members.chello.at/heinz.pohl/Bergnamen_DtSprR.htm

Dort finde ich den Hinweis, dass Ries von Raetia, einer römischen Provinz stammt, die sich bis zum Inn erstreckte.

https://de.wikipedia.org/wiki/Raetia

Von daher möchte ich nicht ganz ausschließen, dass Hochries und Nördlinger Ries eine gewisse Verwandtschaft verbindet. Ist natürlich reine Spekulation!

torres

hier hab ich noch ein interessantes Dokument gefunden:
Die häufigsten Bergappellativa in Österreich:
http://members.chello.at/heinz.pohl/ALPKULTUR_Appellativa.pdf

Zum Kranz (von Kranzhorn) steht da:
ZitatKRANZ: zu ahd.
grans
'Schnabel, Spitze, Horn'

Bergautist

Zitat von: torres am 12.01.2019, 07:41
hier hab ich noch ein interessantes Dokument gefunden:
Die häufigsten Bergappellativa in Österreich:
http://members.chello.at/heinz.pohl/ALPKULTUR_Appellativa.pdf

Zum Kranz (von Kranzhorn) steht da:
ZitatKRANZ: zu ahd.
grans
'Schnabel, Spitze, Horn'
Also Hornhorn? ;)

In der Uraufnahme (1808) heißt es übrigens noch Krantzhorn:

https://v.bayern.de/NmNMs

In der Karte von 1887 (Nr. 816 Sachrang 1.25000) und in den Positionsblättern (1817) wurde dann Kranz-Horn bzw. Kranzhorn draus. Vielleicht kennt jemand noch ältere Karten?

abi

Zitat von: Bergautist am 12.01.2019, 08:11
...Vielleicht kennt jemand noch ältere Karten?
Schau mal unter "https://maps.tirol.gv.at/HIK/" -> Übersichtskarten (georeferenziert) -> "Peter Anich - Nördliches Tirol 1764/65"

torres


Bergautist

Zitat von: abi am 12.01.2019, 08:41
Zitat von: Bergautist am 12.01.2019, 08:11
...Vielleicht kennt jemand noch ältere Karten?
Schau mal unter "https://maps.tirol.gv.at/HIK/" -> Übersichtskarten (georeferenziert) -> "Peter Anich - Nördliches Tirol 1764/65"
Danke, abi! Die kannte ich noch gar nicht!

Ich habe erst einmal die Übersichtskarten durchgearbeitet. Und jetzt wird es spannend:

1764: Grenzhorn(?), darunter Grenizau, bei Marqvartstein: "GRANZEN"
1774: Gräniz Horn, darunter Gränizau
1801: Grenzhorn
1802: fehlt, darunter Gränizau
1804: Graenz Horn
1808: Gränizhorn, darunter Gränizau
1823: Grenzhorn
1838: Grenzhorn
1849: Gränzhorn
1861: Grenzhorn
1870: Grenzhorn
1872: Grenzhorn
1875: Grenzhorn
1878: Grenzhorn
1890: Grenz Horn, darunter Kranz A. H., daneben Grenzhorn A. H.
1910: Grenzhorn
1925: Kranzhorn
1952: Kranzhorn

Die nächste spannende Frage wird sein, was mit Gränizau und mit Kranz A.H. gemeint ist. Gab es vielleicht mal eine Kranzalm???

Nachtrag: In den nichtgeoreferenzierten Übersichtskarten fand ich noch zwei Einträge:

1604: Kranzhorn
1611: Krantzhoren

Weitere habe ich (noch) nicht gefunden, da der Kartenserver überfordert ist und nach einer Wartezeit oft nur eine weiße Flächen anzeigt.

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass die Namenseintragungen wohl oft nach Gehör erfolgten. Anders kann ich mir die Variationsbreite nicht erklären.

torres

Gräniz - hier kommt das Wort auf Seite 9 zum Beispiel als vor: https://www.traunstein.de/media/2608/stadtgeschichte.pdf:
Zitat
Die Stadt Traunstein liegt ,,gar auf der Gräniz an einem winterigen Orth zenegst vor dem
Gebürg  und  hat  khain  durchgehende  Landtstrassen  oder  schiffreichen  Wasserstrom",  die
Handel und Wohlstand begründen könnten.
Au ist eben die Aue: https://de.wikipedia.org/wiki/Aue - und ueber dieser eben das entsprechende Horn.
Eventuell war das hier schon laenger Grenzland und das Kranzhorn leitet sich eben davon ab.

torres

Auch kam es sehr oft vor, dass zum Beispiel ein Studierter aus München kam, oder noch schlimmer und die Karte mit Namen vervollstaendigen sollte und die Einheimischen aber nicht verstanden und deswegen aehnlich klingendes Sprachmaterial verwendet hat. So ist das nachweislich am Samerberg hier und da passiert - ich moechte nur keine direkten Beispiele nennen (es muss ja nicht alles ins Internetz) - jedenfalls koennen auch so Verfaelschungen entstanden sein.

Und Schreibweisen mit oder ohne t vor einem z sind sicher nicht so wichtig zu nehmen...

Bergautist

Zitat von: torres am 12.01.2019, 13:30
Gräniz - hier kommt das Wort auf Seite 9 zum Beispiel als vor: https://www.traunstein.de/media/2608/stadtgeschichte.pdf:
Zitat
Die Stadt Traunstein liegt ,,gar auf der Gräniz an einem winterigen Orth zenegst vor dem
Gebürg  und  hat  khain  durchgehende  Landtstrassen  oder  schiffreichen  Wasserstrom",  die
Handel und Wohlstand begründen könnten.
Au ist eben die Aue: https://de.wikipedia.org/wiki/Aue - und ueber dieser eben das entsprechende Horn.
Eventuell war das hier schon laenger Grenzland und das Kranzhorn leitet sich eben davon ab.
Super!

Als alter Gugl-Forscher bin ich dann hier fündig geworden:

https://de.wikipedia.org/wiki/Gr%C3%A4nitz

Das ist zwar ein ganz anderer Ort, aber:

ZitatIm Jahr 1376 wurde das Dorf erstmals als Grenicz in einer Kaufurkunde erwähnt. Das Benediktinerkloster Chemnitz verkaufte Gränitz an den Markgrafen Wilhelm I. und seinen Brüdern zu Meißen. Der Name des Ortes geht auf das slawische granica = Grenze zurück.
Ich fürchte, wir brauchen jetzt dringend jemanden, der den Wacholder #prost# hochhält (https://www.roberge.de/tour.php?id=75)!

Reinhard

Zitat von: Bergautist am 12.01.2019, 14:33Ich fürchte, wir brauchen jetzt dringend jemanden, der den Wacholder #prost# hochhält (https://www.roberge.de/tour.php?id=75)!

Ja, da muss ich Dir recht geben. Wir haben deshalb den Eintrag im Vorwort mit dem Hinweis ergänzt, dass es doch mehrere Deutungen gibt. Und zugleich zu dieser interessanten Diskussion verlinkt!

maxbe

Zitat von: torres am 12.01.2019, 13:38
Auch kam es sehr oft vor, dass zum Beispiel ein Studierter aus München kam, oder noch schlimmer [...]

Es war noch schlimmer ...

Man darf sich die Vermessung in Bayern nicht als Projekt von Heimatforschern vorstellen.  Dem Land gings nach den Napoleonischen Kriegen nicht gut, die Vermessungsarbeit vor Ort wurde zum grossen Teil von ehemaligen Artilleristen geleistet, statt ihnen Invalidenrente zu zahlen. Artilleristen hatten den Vorteil, dass sie oft rechnen konnten und ein Gespür dafür hatten, dass 1° Messfehler bei 1km Schussweite das falsche Haus trifft.  Diese sprach- und ortsunkundigen Leute wurden also von der Regierung ausgeschickt und sollten das Land vermessen. Ein wichtiger Grund dafür war auch, eine ordentliche Datengrundlage für die Grundsteuer zu erhalten und die Bevölkerung stand den Abgesandten des Finanzamts eher misstrauisch gegenüber.

Das waren nicht die besten Voraussetzungen für lange Gespräche und Mundartforschung, die Vermesser wollten halt einfach irgendwas eintragen und ihnen war egal, ob ein Gewässer "Gfühlbach", "Pfuibach", "Fällach" oder "Fehlbach" heisst.  Man trug ein, was man verstanden hatte und falls ein Berg in zwei Tälern zwei Namen hatte, nahm man den sprachlich richtiger erscheinenden Namen.

Für viele Ortsbezeichnungen wurde die Karte die einzige schriftliche Nennung. Davor wurden die bestenfalls mal bei seltenen amtlichen Dingen erwähnt (Schenkungen,  Verkäufe, Prozesse, Inventuren..) aber sowas verschwand in unzugänglichen Archiven.  Die Karte war aber öffentlich und hing im Rathaus. Irgendwann hat sich dann auch der lokale Sprachgebrauch angepasst, weil jetzt hatte man ein Dokument, wie  die Flur "richtig" heisst. Was der Vermesser  verstand, wurde das Richtige, was der Opa dem Vermesser erzählt hat, wurde der falsche Namen.

Grüße
Max

abi

Zitat von: Bergautist am 12.01.2019, 10:04
...Gab es vielleicht mal eine Kranzalm???
Wenn Du über den Kranzhornsteig von Scheiben (bei Erl) auf das Kranzhorn gehst, dann kommen auf ca. 1000m Höhe (https://www.openstreetmap.org/#map=17/47.69710/12.17811) links, kurz vor einer Forststraße, ein paar Mauerreste und eine Wasserquelle. Hier war, meinen Infos nach, früher die Kranzalm/Kranzalpe.

torres

Zitat von: maxbe am 12.01.2019, 16:20
Irgendwann hat sich dann auch der lokale Sprachgebrauch angepasst, weil jetzt hatte man ein Dokument, wie  die Flur "richtig" heisst.

in den Faellen, die ich kenne, wird heute noch der urspruengliche Name von den Einheimischen gebraucht,
zum Beispiel "Derweng".
Ich bin der Meinung, dass diese Namensverschandelungen in den Karten korrigiert werden sollten.


Also wenn ich Monarchin waere...





...ist vielleicht ganz gut, dass ich die nicht bin...