Bildinfo unter Aktuelle Informationen




         

Skitouren



Schrammacher (3410m) aus dem Zemmtal am 14.05.2012

Begonnen von Bernhard G., 15.05.2012, 23:17

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Bernhard G.

Der Schrammacher ist der zweithöchste Gipfe des Tuxer Hauptkammers, er führt aber im Vergleich zum  Olperer ein Schattendasein. Dafür ist er nicht durch ein Gletscherskigebiet verschandelt, wie sein berühmter Nachbar. Über seine Ostflanke kann er im Rahmen einer Skihochtour bestiegen werden, wobei der lange und schmale Gipfelgrat der Tour ein spannendes, hochalpines Finale beschert.

Ausgangspunkt für eine Besteigung von der nordtiroler Seite ist der Schlegeisspeicher. Da aber die Mautstraße erst in der zweiten Maihälfte öffnet, bedarf es schon einiges Glücks, die Tour bei guten Bedingungen durchführen zu können. Darauf wollte ich nicht bauen und hatte daher beschlossen, die passenden Verhältnisse abzuwarten, und die gesperrte Mautstraße mit dem MTB zu befahren. Am 14.05 war es endlich soweit: die Eisheiligen hatten uns kalte Nächte beschert und die Wetterprognose war traumhaft.

Ausgangspunkt war das Gasthaus Breitlahner (1256m) im Zemmtal. Schwer bepackt mit Skitouren- und Gletscherausrüstung auf dem Rücken bin ich kurz nach Sonnenaufgang über die geschlossene Mautschranke gekraxelt und Richtung Schlegeisspeicher hochgeradelt. Die Rolltore der Tunnel waren alle offen und die Beleuchtung an. Herrschten am Ausgangspunkt noch knappe Plusgrade, so wurde es mit jedem Höhenmeter kälter und die Wasserlachen knisterten beim Durchfahren verdächtig. Nach knapp einer Stunde bin ich dann endlich am Ende der Mautstraße beim Parkplatz Zamsgatterl angekommen. Dort habe ich mein MTB in den Latschen versteckt und bin entlang des Zamser Bach die gut 4km Richtung Pfitscher Joch maschiert.

Bernhard G.

 Es lag noch recht viel Schnee im Tal, allerdings immer wieder von längeren aperen Stellen unterbrochen, so daß ich die Ski getragen habe.

Am Ende des Hochtals erblickt man das Pfitscher Joch. Nun biegt man scharf rechts ab und beginnt über die Stampfler Böden den Anstieg zum Stampflkees. Dabei wechseln flachere und steilere Stücke ab. Es hatte gut durchgefrohren, stellenweise lag feinkörniger Neuschnee, den der stark böige, eisige Wind munter durch die Gegend blies. Kalt wars beim Aufstieg!

Bernhard G.

Da meine Nacht sehr kurz war und ich auch tags zuvor nicht ganz untätig gewesen bin, hatte ich entgegen meiner sonstigen Gewohnheit ausreichend Motivation das Panorama zu bewundern. Und das ist wirklich großartig! Der Blick zurück Richtung Hochferner und Hochfeiler ist sehenswert. Die vielen anderen Gipfel kann ich wie immer nicht benennen. Das Pfitscherjochhaus liegt noch im Winterschlaf. An ihm vorbei führt der kürzere Anstieg von Stein im Pfitschertal.

Bernhard G.

Nach einigen steileren Passagen lehnt sich das Gelände zurück und man betritt das Stampfkees. Hier erblickt man das Tagesziel, den Schrammacher zum ersten mal in voller Schönheit (links von der Bildmitte). Für den Schlußanstieg gibt es zwei Möglichkeiten: entweder man steuert die Oberschrammachscharte (3105m) an oder man steigt in der Südflanke des Schrammachers weiter an und betritt den Gipfelgrat über einen sehr steilen Hang in ca. 3220m. Ich habe mich für letztere Variante entschieden. Dort habe ich meine Ski deponiert und mit Steigeisen und Pickel den Angriff auf den Gipfel gestartet.

Bernhard G.

Der Grat war hart gefrohren und dadurch mit Steigeisen gut zu begehen - ohne sie wäre es zumindest ein gefährlicher Eiertanz geworden. Der Gipfelgrat ist stellenweise sehr schmal und nicht immer so einfach wie auf dem nachfolgenden Bild.

Kurz unterhalb des Gipfels in ca. 3360m Höhe trifft man auf eine Felsstufe, die Schlüsselstelle. Hier ist normalerweise Kletterei im II. Schwierigkeitsgrat angesagt. Gerüchten zufolge hängt hier manchmal ein Fixseil. Darauf wollte ich mich nicht verlassen und  bin stattdessen kurzerhand nach links in die steile Firnflanke gequert und über eine steile Rinne direkt zum Gipfel aufgestiegen. Technisch war dies dank des fest gefrohrenen Untergrunds kein Problem, man muß halt etwas Luft unterm Hintern abkönnen.

Schließlich stand ich überglücklich am Gipfel und war zunächst enttäuscht, weil ich kein Gipfelkreuz ausmachen konnte. Doch es gibt eines, ich hätte es fast übersehen, da es kaum aus dem Schnee herausragte.


Noch ein paar Eindrücle vom Gipfel: ein Blick zum Schlegeisspeicher und auf den Anstiegsweg.

Bernhard G.

Und dann noch der eindrucksvolle Blick zum Hochferner und Hochfeiler - wie eindrucksvoll muß dies erst vor dem massiven Abschmelzen der Gletscher gewesen sein!

Gegenüber vom Schrammacher der Fußstein, der Olperer und die Gefrorene-Wand-Spitzen. Letzteres tut in den Augen weh - weg mit dem Liftgraffl!

Südlicher Nachbar des Schrammacher ist die Hohe Wand, als Gipfel zwar weniger bedeutend, aber dafür mit der deutlich schöneren Skiabfahrt. Da war ich schon mal vor einigen Jahren.

Bernhard G.

Nichtsdestotrotz ist die Besteigung des Schrammachers ein ungleich eindrucksvolleres Bergerlebnis. Dies liegt natürlich am langen Gipfelgrat, den man von oben gut einsehen kann.

Zum Schluß noch ein Blick auf Bergschrund des Stampfkees. Heuer war er gut eingeschneit und nur stellenweise sichtbar. Aber aufpassen muß man da allemal.

Die Abfahrt war ein Traum! Am Stampflkees war alles noch etwas hat, aber dann hatte ich bis unten hin perfekten Firn! Skifahrerisch ist der Schrammacher sicher keine Herausforderung, aber in Summe war er meine beeindruckenste Skitour des Winters, noch vor der Reichenspitze.

Bernhard G.

Auf dem Rückweg durch den Zamser Grund habe ich dann noch flogendes Stilleben entdeckt. Ob der Eigentümer wohl auf Socken den Heimweg angetreten hat? Oder handelt es sich gar um ein Kunstwerk?

Mein verstecktes MTB hab ich auf Anhieb wiedergefunden, also konnte die finale Abfahrt beginnen. Doch zuvor habe ich noch einen Blick in den Schlegeisspeicher geworfen: jetzt im Frühjahr ist er fast leer.

MANAL

Danke für diesen beeindruckenden Tourenbericht und die tollen Fotos!!! Starke Leistung und wunderschöne Aussichten!
Muss toll sein sowas zu erleben, aber leider ist das alles weit über dem was ich selber physisch wie psychisch hinbekomme.

Pacchi

Servus Bernhard.

Super Bericht und Fotos.
Da hast Du ja doch noch Deinen Schnee gefunden  ;D.
Die Strapazen haben sich nicht nur wegen den tollen Panorame gelohnt, sicherlich etwas außergewöhnliches. Glückwunsch.

Und weiter so mit den Berichten...

Servus

Pacchi

Bernhard G.

Herzlichen Dank für Euer Lob. Also ich hoffe mein Skitourensaison noch bis in den Juni fortsetzen zu können. Aber so langsam muß auch ich einsehen, daß sich der Winter dem Ende zuneigt.

Reinhard

Hallo Bernhard,

auch von mir herzlichen Dank für die Tour, die Du uns ja jetzt auch offiziell für unsere Datenbank zur Verfügung gestellt hast:

Schrammacher (3410m) vom Schlegeisspeicher
Skihochtour auf einen einsamen Nachbarn des Olperers


An alle, die die Beschreibung schon heute im Laufe des Tages auf roBerge entdeckt hatten:
Wir haben soeben die GPX-Dateien in den Formaten gpx, ovl und kml (Google Earth) der Tourenbeschreibung hinzugefügt.

Bernhard, ich hoffe Du bist mir nicht böse, wenn ich allen noch mitteile, was Du "versehentlich" vergessen hast mitzuteilen:

- Wecker klingelt um 2:45
- Frühstück besteht aus Zeitgründen nur aus einem Becher Jogurt
- 1:45 Stunden nächtliche Autofahrt
- im Zillertal sind mir ein paar Deppen vors Auto gelaufen, die betrunken aus einer Disco rausgefallen sind. Ich konnte grad noch bremsen. Du glaubst es nicht was da um 4 Uhr morgens für ein Betrieb ist.
- Wildwechsel ist um die Uhrzeit ein echtes Risiko - da huscht in den hintersten Tälern öfters man was über die Straße.
- mit dem MTB zum Schlegeisspeicher hochfahren, einen knapp 20kg-Rucksack mit Skieren und Skischuhen und Gletscherausrüstung auf dem Buckel. Da weiß man nach einer halben Stunde nicht mehr, wie man es im  Sattel aushalten soll. Vielleicht ist ein harter Rennradsattel doch nicht der Hit für das MTB.
- Der Marsch entlang des Zamser Bachs war auch nicht gemütlich: zu wenig Schnee zum Ski anlegen, aber gerade genug um beim Gehen regelmäßig einzubrechen
- Am Gipfel grade mal 10 Minuten Pause, weil die Zeit drängte, sonst gibt es unten Sumpf.
....
Aber dennoch: ich würde es jederzeit wiedermachen, die Eindrücke sind grandios!