Volle Zustimmung für MANAL und Elsie - bravo!
Privilegierte "Einheimische":
Ich wohne im 5-Seen-Land, wo normalerweise viele Leute Urlaub machen. Darf ich die jetzt alle wegbeißen, weil die an MEINEM See liegen und ich doch ein STA-Kennzeichen habe? Und als gebürtige Münchnerin darf ich alle Touristen angifteln, weil das doch MEIN Oktoberfest ist? Und wenn in dem Auto mit dem RO-Kennzeichen ein "zuagroaster Preiss" sitzt, was darf der dann? Bitte: Was soll der Schmarrn und was bringt das? Jedem, der in diese Kerbe haut, sollte auch klar sein, dass er seinen Landkreis dann nie mehr verlassen darf und nirgends mehr Urlaub machen darf, weil dann nämlich er der "Eindringling" ist. Ich bin übrigens noch NIE wegen meines Kennzeichens blöd angequatscht worden...
Das Ganze ist doch eine Kombination aus mehreren Problemen. Durch Corona wird einfach noch einiges verschärft, weil viele Möglichkeiten wegfallen.
1) Seit Jahren rasanter Zuzug von überall her nach Bayern. Zu viele Menschen auf zu wenig Raum ergibt Hauen&Stechen. Das ist nicht nur im Gebirge so. Wer es nicht glaubt, kann sich gerne jeden Tag in den Stau auf den Münchner Einfallstraßen stellen oder sich im Sardinen-Modus von einem öffentlichen Verkehrssystem aus dem Jahr 1972 transportieren lassen. Gerade schaue ich mir vom Bürofenster an, wie ein superhässliches Neubaugebiet für 30.000 Menschen hochgezogen wird. Was die wohl mal am Wochenende machen werden?
2) Viel Geld für den Ausbau von Straßen, wenig Geld und Hirnschmalz für alternative Verkehrskonzepte. Beispiel: Um den ewigen Stau am Autobahnende vor Garmisch zu entschärfen, wird dort in einer Monsterbaustelle die B2 ausgebaut und um Tunnels erweitert. Wenn man eh schon das halbe Werdenfelser Land umgräbt (die Baustelle ist wirklich XXXL), dann hätte man doch auch gleich unterirdische Parkhäuser, dezentrale Großparkplätze und ein Shuttlebus-System in die Skigebiete o.ä einplanen können. Nix von all dem ist passiert, wie auch die letzten 30 Jahre keinerlei alternativen Verkehrskonzepte entwickelt wurden. Es geht immer nur darum, wie man immer noch mehr Autos immer noch schneller an die eh schon neuralgischen Punkte bringt. Dabei gibt es Tourismusorte, die wirklich gute Verkehrskonzepte haben und wo die Leute bereitwillig das eigene Auto stehen lassen.
3) Ein Zeitgeist (was auch immer das ist), wo sich jeder jederzeit selber "verwirklichen und optimieren" muss. Gemeinschaftsgeist ist leider gerade "out". Auch das ist nicht auf die Alpen begrenzt. Die Leute, die mit ihren Stadt-Panzern dem Bauern die Wiese umackern, sind vermutlich dieselben, die zum Einkaufen auch quer über zwei Behindertenparkplätze parken...
4) Kein Wissen über die Natur, gepaart mit völliger Gleichgültigkeit. Der Berg ist kein Stück Natur mit schützenswerter Flora und Fauna, wo man sich rücksichtsvoll aufzuführen hat, sondern ein Sportgerät, das gefälligst rund um die Uhr in optimalem Zustand zur Verfügung zu stehen hat. Das ist leider ein Erziehungsproblem, da fällt mir keine Patentlösung ein.
Mich ärgert es allerdings, wenn die berechtigte Diskussion um das Thema durch Heuchelei verwässert wird: Vor Weihnachten war ein großes Interview mit der Garmischer Bürgermeisterin in der SZ, Tenor in etwa "Die bösen Münchner parken uns Wald, Wiesen und Privateigentum kaputt, weil sie die paar Euro Parkgebühr sparen wollen". Zwei Tage (!!) nach Erscheinen des Interviews wurden die Parkgebühren vor Ort auf 15 Euro erhöht. Wie passt das denn bitte zusammen? Die Verkehrsbelastung für Orte wie GAP will ich bestimmt nicht leugnen; es ist sicher nicht lustig, wenn man als Anwohner bei schönem Wetter kaum mehr über die Straße kommt vor lauter Stau. Aber: Wenn voller Skibetrieb herrscht, ist der Verkehr dort sicher 3x stärker als jetzt, nur jammert dann komischerweise keiner. Und wer geht in Garmisch Skifahren und bringt die Kohle? Die Münchner und die aus dem Umland - also genau die, die man jetzt, wo nichts zu verdienen ist, nicht haben will.
Obwohl ich wirklich viel in den Bergen unterwegs bin (ich gestehe!), bin ich weder im Frühlings-Lockdown noch jetzt jemals in "Ameisenstraßen" auf überfüllten Bergen geraten. Wer sich ein bissl auskennt, mal früh aufsteht oder antizyklisch unterwegs ist und touristisch aufgebrezelte Orte meidet, findet durchaus ruhige Ecken und reguläre Parkplätze. Und freundliche Einheimische

!!! Der Andrang betrifft doch im Wesentlichen die immer gleichen Gebiete: Spitzing, Walchensee, Tegernsee, .... Das ist für die Anwohner dort sicher schlimm (vor allem, wenn sich die "Eindringlinge" unmöglich verhalten), andererseits bleiben wenigstens andere Gegenden verschont. Durch die Grenzschließung und die fehlenden anderen Möglichkeiten (Reisen, Kultur, Hallensport etc) ist es natürlich insgesamt voller als sonst, aber das ist hoffentlich ein temporärer Effekt. Hoffen darf man ja noch...