Blick von der Westl. Hochgrubachspitze auf den weiteren Tourenverlauf: Regalpscharte mit -turm und Regalmspitze (linke Bildhälfte), rechts dahinter die Felsschneide der Törlwand In der
Regalpscharte stehen wir zugleich genau am Sockel des
Regalpturms, an dem südseitig vorbei spaziert wird. Nach wenigen Kraxelmetern in südwestl. Richtung kommt die schattige, nordwärts ausgerichtete Schlüsselstelle der Tour ins Blickfeld, in dessen Bild Axel den Routenverlauf hinein skizziert hat und das nachfolgend aus seinem Bericht eingebunden ist:
Antwort #2 - Bild 3: Schlüsselstelle aus der Scharte mit Route Doch hier soll es eine „Umgehung“ geben… (die die Überschreitung geringfügig verlängert)
Zuvor möchte ich mir dieses kleine, mit Rissen durchzogene und sich aufsteilende Wandl näher ansehen und steige dazu im II‘er Gelände bis knapp unter einen kleinen Absatz auf, auf dem man sich dann aufrichten müsste, um die höher gelegenen Griffe zu fassen. So wie es aussieht, dürften stets ausreichend Griffmöglichkeiten gegeben sein, aber für die Füße könnte es zwischendurch schon mal nur auf Reibung gehen, während der Hintern in den zunehmenden Abgrund blickt...
Etwas ratlos war unterhalb dieser mehrere Meter hohen Schlüsselstelle, die ich auch bei UIAA III sehe, vor einigen Jahren
relaxfex bei einer seiner Erkundungstouren gestanden, als genau im richtigen Augenblick ein einheimischer Vater mit Sohn um die Ecke kamen und ihm in ihrem Weiterweg eine mögliche Umgehung gezeigt hatten.
Diese möchte ich auf alle Fälle sehen und deshalb steigen wir etwa in der Hälfte zwischen Scharte und Schlüsselwandl (etwa beim Aufnahmestandpunkt des Bildes oben) in südöstl. Richtung (im Bild nach links-außen) eine schrofige Rampe zu einem Absatz hinauf.
Wäre ich nun alleine und ohne ausreichendem Sicherungsmaterial auf (Erkundungs)Tour unterwegs, dürfte hier wohl ziemlich sicher Ende im Gelände sein, wollte ich mich nicht einem unnötigen Risiko aussetzen: In südl. Richtung würde offenbar strukturiertes, aber vermutlich höchst brüchiges Steilgelände dazu verleiten nach vorne zu steigen… – und rechter Hand zieht an einer steil aufragenden Felsrippe ein kleines, fast ebenso steiles strukturiertes Band (II) wenige Meter zu einem kleinen Vorsprung hinauf, darüber ein kleines glattes Wandl mit nachfolgend zurück versetzten, nicht einsehbaren Verlauf. Wenn es dort oben nicht irgendwie weitergeht…
Aber
relaxfex grinst mich an und meint: „Doch, da geht’s rauf!“ – OK…? – An dieser Stelle zeigt sich, wie wertvoll es ist, wenn jemand eine kritische Stelle bereits kennt – und vorsteigt. Auf Anhieb klappt es auch bei ihm nicht (mehr), denn diese Stelle der „Umgehung“ ist (auch) kaum leichter als UIAA III, nur kürzer. Den wohl einzig möglichen und entscheidenden Zug möchte ich beschreiben, wenn man oben auf dem kleinen Vorsprung steht (wir beide sind etwa 185 cm groß): Mit dem rechten Fuß steigt man rechts-hinten auf eine kleine Erhöhung und greift mit den Händen etwas über Kopfhöhe zwei passende Griffe. Dann wird der linke Fuß sehr(!) hoch an einer kleinen Schräge auf Reibung angesetzt und im Hochziehen mit den Armen der rechte Fuß unmittelbar darüber in eine kleine Aushöhlung nachgezogen. Anschließend sucht eine Hand eine höhere Griffmöglichkeit und zieht den Körper nach. Der weitere Verlauf ist dann wieder etwa UIAA II.
Die Schlüsselstelle (mittleres Bild) der „Umgehung“ vom Absatz aus gesehen An der Gratschneide angekommen (derz. Köpflsicherung) ist es erforderlich auf der Südseite einige Höhenmeter über schrofiges Gelände (I) abzuklettern, um einen Felszacken am Grat südseitig zu umgehen. Eine kleine Rinne wird gequert und gleich darauf arbeitet man sich in einer kleinen, trittarmen Rissverschneidung (III-) etwa zwei Meter hinauf, um darüber durch leichteres Gelände (II) die „Originalroute“ wieder zu erreichen.
Wir schauen uns von oben die andere Schlüsselstelle an und erkennen erst von hier die Ausgesetztheit und „psychische“ Tiefe dieses Wandls. Im Ausstiegsbereich gibt es einen alten Rosthaken mit gleichfarbigem Schraub(ketten)glied, es ist das einzige Sicherungseisen, das mir auf der ganzen Route begegnet.
Passend zur Beschreibung geht es nun weiter hinauf auf den Gipfel der
Regalmspitze (2253 m; ca. 15:15 Uhr) – durch ihren großzügigen Gipfelbereich ein hervorragender Platz für eine ausgiebige Nachmittagspause. Seit Okt. 2014 gibt es ein neues (und trockenes) Buch, das relativ schnell durchgeblättert ist, denn sehr Viele kommen hier nicht herauf. Die meisten Einträge stammen von Überschreitungs-Aspiranten, der letzte Vermerk am 27.8.20 (19:00) jedoch von Robert aus Kufstoa, alias Hikr.>Landler<: „
Feierabendtour auf Regalmspitz u. -wand“.
Am Ende dieser Doppelseite ist noch ausreichend Platz für unseren Eintrag – und bevor ich das Buch wieder in die Tüten verpacke huscht mir ein Schmunzeln übers Gesicht: Nun stehen wir beide - wenigstens im Buch - „auf gleicher Ebene“ wie der „Irre Hannes“, der kürzlich die
(Fast) Umrahmung des Griesner Kars ab Lärcheck gemacht hat (ggfs. irrtümliche Datierung im GB mit 16.8.20 [wie Eintrag darüber] durch bereits einsetzende Dehydration??) – und sich kürzlich auch noch rund um
Steinerne Rinne, Schneeloch & Hoher Winkel ausgetobt hat.
Ein weiteres Regalptürmchen – ob da schon mal jemand droben gehockt ist? Für den nächsten Abschnitt ist die Beschreibung treffsicher, allenfalls lässt sich ein weiteres (Schreck-)Erlebnis hinzufügen: Beim leichten Absteigen in eine schottrige Rinne greift
relaxfex zu einem größeren Stein über sich, um sich daran unterstützend abzulassen, doch der hat keine echte Lust belastet zu werden, spaltet sich und mit weiterem Geröll sucht er nach der Erdanziehung – doch wird er erstmal vom Bein (bzw. dem Knie) gebremst, das unterhalb in einer kleineren Rinne steht. Autsch… Hier ist der Fels also etwas brüchig… Zum Glück war noch nicht viel Dynamik im Stein, es gibt eine Schürfwunde und ggfs. eine leichte Prellung. Nicht immer sieht man es den Steinen an, was sie im nächsten Moment vorhaben – aber ob dies bereits eine Auswirkung der nachlassenden Konzentration war?
Wenig später verzettele ich mich selbst an einem Riss, in dem ich hinauf zu klettern versuche, oben wackelt ein größerer Stein, ich trete den Rückzug an – und es poltert erneut etwas stärker, es riecht nach pulverisiertem Kalkstein…
Doch auch der nächste „Zwerg“ namens
Regalpwand (2227 m; ca. 16:45 Uhr) ist bald unser. Das Gipfelbuch zeigt, dass hier wieder mehr Besuch herauf kommt, gibt es doch einen vergleichsweise einfachen und markierten Steig. Was zuvor nur angedeutet wurde wird hier besprochen: Für uns beide ist es die erste anspruchsvolle Kraxeltour des Jahres, die Überschreitung, überwiegend im Absturzgelände, verlangt fast ausnahmslos die volle Aufmerksamkeit und wir beide merken nun die nachlassende Konzentration. Es war auch bis hierher eine *****-Tour, für mich sowieso, deshalb entscheiden wir den nicht minder anspruchsvollen „Lückenschluss“ namens Törlwand auszulassen. Würde es der Tourenverlauf erfordern, wären bei uns die Reserven durchaus vorhanden, doch ein erhöhtes Risiko wollen wir nicht mehr eingehen, denn mit dem Alter wächst wohl nicht nur die Erfahrung, sondern auch die Vernunft.
Kaiserlicher Ausblick – nicht nur phänomenal vom Kleinen Törl aus. Im linken Bildhintergrund ist der „Bimmler“ und rechts der Großvenediger erkennbar Mit dem Erreichen des
Gildensteigs steigen wir noch die wenigen Höhenmeter zum
Kleinen Törl (2109 m) hinauf, um die andere Seite von Törlwand/Daumen in Augenschein zu nehmen. In einer Bildbeschreibung heißt es: „Die Überschreitung der Törlwand endet in einer ausgesetzten Abkletterstelle zur Scharte zwischen Törlwand und Daumen (Abseilmöglichkeit)“. Die Scharte ist tief in den Grat eingeschnitten und beidseits geht es bemerkenswert steil empor und hinunter – diese Ecke wollen wir uns bei einer anderen Bergfahrt in Ruhe ansehen.
Rückblick vom Gildensteig hinauf zu Regalpwand und Regalmspitze Fordert der Gildensteig anfangs noch erhöhte Aufmerksamkeit, so entwickelt er sich absteigend zunehmend zu einem Bergpfad – im Vergleich zu den letzten Stunden empfinden wir ihn fast wie eine Autobahn. Direkt an der
Wildererkanzel vorbei gelangen wir gegen 19:00 Uhr im Licht der untergehenden Sonne wieder zur Regalm (1313 m) und lassen uns auf der Terrasse nieder – jeweils mit zwei „kühlen Blonden“ die Sonnenuntergangsstimmung in den Kitzbüheler Bergen und am Alpenhauptkamm betrachtend. Dabei sprechen wir über eine mögliche weitere Bergfahrt, die uns beide sehr interessiert – und auch mehr Eisen enthalten wird.
Bevor die Dämmerung der Nacht Platz macht, brechen wir auf und erreichen via unserem morgendlichen Anstiegsweg mit einsetzender Dunkelheit den Parkplatz. Wir haben uns heute hervorragend ergänzt, wobei mir klar ist, dass ich ohne
relaxfex diese Tour auf Anhieb so nicht hätte machen können.