An tosenden Wassern
Rudolf Speil ist der Experte für Wanderungen durch Österreichs Schluchten. Sein handlicher Führer liegt nun schon in der 2., überarbeiteten Ausgabe vor und ist auch für Familien mit Kindern hervorragend geeignet.
Tosende Wassermassen, gischtende Fälle, steile Wände und finstere Felsenklüfte: Wildromantische Wanderungen durch Österreichs Schluchten und Klammen.
Alle 296 dem Wanderer zugänglichen Schluchten und Klammen Österreichs werden beschrieben.
Ausführliche Porträts der schönsten Klammen mit Hinweisen auf natur- und kulturgeschichtliche Besonderheiten sowie auf die mit ihnen verbundenen Sagen.
Ca. 50 Farbabbildungen steigern die Vorfreude.
2. Auflage, 318 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen,
11 x 17 cm, brosch.
Allgemeiner Teil
Niederösterreich
Oberösterreich
Salzburg
Tirol
Vorarlberg
Kärnten
Steiermark
Verwendete Litereatur
Register
Das Vorwort von Rudolf Speil ( Frühjahr 2008)
Wanderführer gibt es viele, aber keinen, der sich nur mit Klammen und Schluchten beschäftigt. Dieses Buch will auf bekannte und versteckte Naturschönheiten aufmerksam machen, die von Erwachsenen und Kindern mit Genuss durchwandert werden können.
Wie ist es zu diesem Wanderführer gekommen?
Wenn ich an meine Kindheit denke, dann fallen mir die vielen Wanderungen ein, die meine Eltern und deren Bekannte mit mir unternahmen. Meist war es „nur“ der Wienerwald, den wir durchstreiften. Die Freude am Wandern und an der Natur wurde damit Grund gelegt. In meinen Kinderheim- und Lageraufenthalten in den Ferien hatte ich Erlebnisse, die bis heute nachwirken. Ich erinnere mich an die Hermannshöhle in Kirchberg/Wechsel, an die Dr.-Vogelgesang-Klamm, an die Teufelskirche, den Stromboding-Wasserfall, den Gleinkersee und den Pießling-Ursprung im Pyhrngebiet, an den Rindbach-Wasserfall und die Gassel-Tropfsteinhöhle in der Nähe von Ebensee, an die Ruine Taggenbrunn, den Kraiger See und die Kraiger Schlösser bei St. Veit/Glan. Ich hatte das Glück, Landschaften kennen zu lernen, die auch für Kinder interessant waren. Auf der zweitägigen (!) Maturareise nach Zwettl (!) hatte ich ein Erlebnis, das mir
unvergesslich bleiben wird und das – im Rückblick gesehen – zukunftsweisend war. Einige „reife“ Jünglinge, darunter auch ich, wollten ohne Klassenvorstand etwas Ungewöhnliches erleben. Wir beschlossen also, um 4 Uhr morgens aufzustehen, aus dem Fenster zu steigen und eine Wanderung zu unternehmen. Ich weiß noch ganz genau, dass ich die Weißenbachklamm besuchen wollte, die ich auf einer Wanderkarte auf dem Zwettler Hauptplatz entdeckt hatte. Die Klamm habe ich damals nicht erreicht, da sie zu weit von Zwettl entfernt liegt. Damals aber – so wird mir jetzt klar – begann meine Vorliebe für Klammen und Schluchten.
Jahre später, als ich bereits verheiratet war und zwei kleine Kinder hatte, begnügte ich mich selten, irgendwohin zu fahren, um dort einer zufälligen Markierung zu folgen, da mich sonst die Fragen meines Sohnes genervt hätten: „Vati, wohin gehen wir? Vati, was ist dort? Vati, warum gehen wir dorthin?“ Nein, ich machte es umgekehrt und erklärte ihm: „Du, Peter, heute fahren wir zum Sebastian-Wasserfall, dort gehen wir auf die Mamauwiese, da kannst du im Bach Schifferl fahren lassen und im Wald Bockerl suchen!“ – Oder: „Diesmal besuchen wir die letzte Holzrutsche in der Eng, wandern dann über die riesige Bodenwiese und essen zum Schluss im Waldburgangerhaus eine gute Schöberlsuppe!“ Ich suchte mir immer wieder interessante Ziele aus: Ruinen, Burgen, Schlösser, Höhlen, Aussichtswarten, Denkmäler, Teiche, Wasserfälle und natürlich Klammen und Schluchten.
Besonders letztere hatten es mir angetan. Daher beschloss ich, mir darüber einen Führer zu kaufen, es gab aber keinen. Also schrieb ich dem bekannten Wanderbuchautor Helmfried Knoll, er möge doch einen „Klammenführer Österreich“ zusammenstellen. Er antwortete, es wäre eine gute Idee, ein solches Werk herauszubringen, ich solle das tun. „Nie im Leben!“ dachte ich mir und legte den Brief traurig beiseite. Aber wie von einem unsichtbaren Pfeil getroffen, blieb in meinem Innern eine „Wunde“ zurück, die zwei Jahre später aufbrach: Ich musste ein Buch über die Klammen und Schluchten Österreichs schreiben.
So mancher wird aber nun vielleicht fragen: „Ja, sind denn nicht alle Klammen gleich?“ Wenn ich das manchmal höre, dann fallen mir die Chinesen ein. Für uns Europäer sehen sie einander so ähnlich, dass wir sie fast nicht unterscheiden können. Und doch sagen uns der Verstand und nach einiger Zeit auch die Augen, dass jeder Chinese anders ist. So ähnlich verhält es sich auch mit den Klammen. Jede ist anders. Wenn wir bereit sind, mit offenen Augen durch die Landschaft zu wandern, werden wir erkennen, dass die Vielfalt der Natur unermesslich ist. Deshalb habe ich auch versucht, den mir als sehenswert erscheinenden Klammen ein Motto voranzustellen, das etwas vom Charakter der Klamm aussagen soll. Es war aber zusätzlich auch meine Absicht, die Klammen und Schluchten nicht isoliert zu sehen, sondern auch das kulturelle und naturgegebene Umland mit einzubeziehen. Damit reicht dieses Buch über die rein technischen Informationen hinaus.
Klammen sind durch ihre eigenartige Form immer wieder Stätten gewesen, wo die Menschen einerseits Schutz gesucht, die ihnen aber andererseits auch Furcht und Schrecken eingejagt haben, da sie dort den Wohnort von Teufeln und bösen Geistern, von unheimlichen Tieren und Schreck erregenden Gestalten vermuteten. Die Saligen Fräulein, meist als schöne, blond gelockte Mädchen und hilfreiche Wesen bekannt, sollen den Eingang zu ihrem Friedensreich in einer Schlucht haben. Nicht nur in früheren Zeiten entzündete sich die Fantasie der Menschen an den geheimnisvollen und gefährlichen Engtälern, auch heute ziehen Klammen Elektrizitätsgesellschaften an, weil diese dort natürliche Vorbedingungen für den Bau von Staumauern vorfinden. Naturschützer kämpfen dagegen. Es hat sich aber gezeigt, dass die Kraftwerksbauer in den letzten Jahren die Aussichtslosigkeit erkannten und Klammen und Schluchten unangetastet ließen.
Allerdings gibt es auch Einwirkungen durch Muren, Lawinen und Überschwemmungen, die das Erscheinungsbild einer Klamm verändern, oft sogar zerstören. Seien Sie daher nicht erstaunt oder böse, wenn Sie die Anlage eines Weges oder eines Steges nicht so zu Gesicht bekommen, wie sie im Wanderführer beschrieben ist.
Österreich ist schön, aber auch großartig, weil es viele Österreicher gibt, die dieses Land liebenswert gestalten. Das zeigt sich nicht nur bei den Ortsbildern und deren Blumenschmuck, sondern auch in der Tatsache, dass in den letzten zehn Jahren Klammen und Schluchten revitalisiert, ja sogar neu ausgebaut wurden. Ich möchte die bedeutendsten hier erwähnen:
Niederösterreich: Höllental mit dem 1. Wasserleitungswanderweg
Niederösterreich: Erlebniswelt Mendlingtal bei Göstling-Lassing
Niederösterreich: Taubenlochklamm bei Frankenfels
Oberösterreich/Steiermark: Obertraun: Koppenschlucht
Tirol: Zammer Lochputz in Zams bei Landeck
Tirol: Erlebnispfad Leutaschklamm
Osttirol: Galitzenklamm bei Lienz/Amlach
Kärnten: NBO-Schluchtweg in Ossiach
Steiermark: Wasserlochklamm bei Palfau
Steiermark: Kripp-Klamm bei Großreifling im Ennstal
Steiermark: Klamm bei St. Lambrecht
Es gibt aber auch Klammen und Schluchten, die in der Literatur oder auf Wegweisern herumgeistern, die jedoch von mir nicht übersehen wurden. Sie sind einfach nicht attraktiv genug, ich möchte sie aber dennoch aufzählen:
Burgenland: Oberwart: Willersdorfer Schlucht
Niederösterreich: Altruppersdorf: Franzosenschlucht
Niederösterreich: Dobersberg: Farnschlucht
Steiermark: Bad Gleichenberg: Constantia-Schlucht
Steiermark: St. Jakob-Breitenau: Klammgraben (Klettergarten!)
Ich möchte aber auch jene Klammen und Schluchten anführen, die in der dritten Auflage nicht mehr erwähnt werden, weil sie sich nach einem neuerlichen Besuch als zu wenig attraktiv erwiesen, auch wenn sie in Wanderkarten oder auf Wegweisern erwähnt werden:
Niederösterreich: Rohrbachklamm bei Puchberg/Schneeberg
Niederösterreich: Gadenweithklamm bei Ternitz
Salzburg: Kertererschlucht bei Kuchl
Salzburg: Spumbachklamm bei Waidach/Adnet
Tirol: Eppzirler Klamm (Gießenbachklamm) bei Scharnitz
Kärnten: Arriacher Klamm
Kärnten: Enge Gurk bei Gnesau
Kärnten: Gradeser Klamm
Außerdem möchte ich die Klammen und Schluchten anführen, die ich erst in den letzten Jahren entdeckt habe:
Oberösterreich: Sausende Schlucht bei Peilstein im Mühlviertel
Salzburg: Klamm der Uwelöcher in Saalbach/Hinterglemm
Salzburg: Gasteiner Wasserfall
Salzburg: Hexenloch in Salzburg/Aigen
Salzburg: Lenzenschlucht bei Unken
Tirol: Hachleschlucht bei Imst
Vorarlberg: Rappenfluh bei Hittisau
Vorarlberg: Kirchle bei Dornbirn
Vorarlberg: Schlucht der Kobelach bei Dornbirn
Vorarlberg: Garneraschlucht bei Gaschurn
Vorarlberg: Engelschlucht bei Marul im Großen Walsertal
Vorarlberg: Kesselschlucht bei Weiler
Vorarlberg: Kuhloch bei Bludenz
Vorarlberg: Schlucht der Subersach bei Lingenau
Steiermark: künstliche Schlucht zwischen Toplitz- und Kammersee bei Grundlsee
Und nun ist es also bereits die dritte Auflage, die erscheint. War es bei der ersten das Bestreben, möglichst viele Gemeinden anzuschreiben und sie um ausgefüllte Fragebogen zu bitten, so konnte ich diesmal auch so manche Information aus dem Internet holen, aber bei jeder Auflage war es ein unumstößliches Ziel, durch ganz Österreich zu fahren und jede Klamm persönlich in Augenschein zu nehmen. Dabei führte ich viele Gespräche mit Einheimischen, mit kompetenten Leuten und solchen, die sich ihre Meinung im Laufe der Jahre irgendwie zurechtgezimmert haben. Vieles Gelesene, Gehörte und Erlebte floss in das Buch, es ist eine herzhafte Mischung aus Fakten, Gefühltem und Gedachtem. Es soll Appetit machen auf die Natur, es soll informieren, bevor man eine Wanderung unternimmt, es soll die Erinnerung an schöne Stunden wach halten. Es ist nicht nur ein Wegbegleiter beim Wandern, es soll auch ein Lesebuch sein, wenn man vielleicht aus Altersgründen nicht mehr in die Berge gehen kann.
Klammen sind aber nicht nur ein Anziehungspunkt für Wanderer, sondern seit über zehn Jahren auch für besonders naturverbundene Menschen, die das Abenteuer suchen, oder wie man seit Arnold Schwarzenegger sagt: „Äktschn!“, magische Stätten, Canyoning ist das „Begehen“ von Klammen und Schluchten in der Richtung des fließenden Gewässers, also nur flussabwärts, wobei man einen hautengen, wärmenden Neoprenanzug anhat, einen Steinschlaghelm, einen speziellen Klettergurt um die Hüften und eventuell eine Schwimmweste und Handschuhe benützt, dazu noch Neoprensocken und gutes Schuhwerk, wenn möglich knöchelhoch, und Badekleidung. Vor allem aber geht man in der Gruppe mit einem erfahrenen Führer, so genannten Guides, die nicht nur alpin geschult sind, sondern oft auch die Ausbildung des europäischen Canyoningverbandes absolviert haben, manche sind Berg- und Schiführer mit einer Zusatzqualifikation. Wer diesen Abenteuersport ausüben will, meldet sich bei einem der vielen Outdoor-Unternehmen, kann sich dort die Ausrüstung ausleihen und dann geht es los. Nein, eigentlich nicht, denn erst muss man zu einer Schlucht hinkommen, die eher unbekannt bleiben soll, und das kann schon einige Zeit in Anspruch nehmen. Dann aber wird es wild: Man folgt dem natürlichen Lauf eines Gebirgsbaches, gleitet enge Rinnen und Rutschen hinunter, springt in eiskalte Tümpel, wird an Seil und mit Karabiner über hohe Felswände abgeseilt, wenn die Sprunghöhe zu gewaltig oder gefährlich ist. Gemeinsam geht es abseits der gepflegten Wege in einer Welt faszinierender Naturschönheiten, die ein Wanderer nie zu Gesicht bekommt, zum Ausstiegspunkt. Es ist die „geilste Dusche der Welt“, wie ein Canyoning-Abenteurer einmal gesagt hat.
Natürlich gibt es auch da Abstufungen in der Schwierigkeit. Ich zitiere aus einem Canyoning-Angebot des Outdoorcamps „Gesäuse“:
Level 1: Einsteigertour im geringen Schwierigkeitsgrad. Kurze, übersichtliche Abseilpassagen, leichte Zustiege, Dauer max. 3 Stunden, keine Vorkenntnisse notwendig.
Level 2: Einsteigertour im mittleren Schwierigkeitsgrad. Sportliche Konstitution, Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind Voraussetzung. Abseilhöhen bis zu 25 m, Sprungmöglichkeit max. bis 6 m, Dauer bis max. 4 Stunden.
Level 3: Touren im oberen Schwierigkeitsgrad, Teilnahme an zumindest einer Tour „Level 2“ notwendig, gute Kondition, Trittsicherheit, Mut und Schwindelfreiheit, Abseilhöhen bis und über 50 m, lange Zu- und Abstiege. Dauer bis zu 7 Stunden.
Andere Betreiber teilen das Canyoning, manchmal auch Schluchting genannt, je nach Höhe der Schlucht, des Wasserfalls, der Wasserführung usw. in die Schwierigkeitsgrade C1 bis C5.
Die Touren sind natürlich witterungsabhängig. Bei Regenwetter, das sich naturgemäß auf den Wasserstand der Gebirgsbäche auswirkt, muss die Tour verschoben oder eine andere Schlucht, eine andere Location, ausgewählt werden.
Und damit sind wir beim Thema „Sicherheit“. Ist Canyoning gefährlich? Ich zitiere wieder: „Das Gefahrenpotential beim Canyoning ist hoch, kann jedoch durch vernünftige Tourenplanung, gute Ausrüstung und gut ausgebildete Führer minimiert werden. Dies ist einer der Gründe, warum wir die Tourenplanung immer kurzfristig ansetzen und bei uns keine bestimmte Tour Wochen vorher gebucht werden kann.“ Es heißt also nicht: No risk, no fun, sondern: No risk, more fun!
Für Menschen, die Klammen lieben, die das Abenteuer suchen, die keine Höhenangst haben, ist es auf jeden Fall eine tolle Sache.
Egal, ob nun Canyoning oder Wandern, wir erleben die Konfrontation mit der Natur mit den Elementen Wasser, Stein und Luft:
die Steine, die dem brausenden Wasser Widerstand bieten,
das Wasser, das, in viele kleinste Teile zerstäubt, die Luft erfüllt,
die Luft, die zwischen den Felsen streift,
die Steine, die vom Wasser in Jahrtausenden „zersägt“ werden,
das Wasser, das die Luft abkühlt und erfrischt und
das luftige Blau des Himmels, das oft nur in einem kleinen Ausschnitt zwischen den hochragenden Felsen sichtbar wird und manchmal sogar verschwindet.
Mit diesem Wanderführer möchte ich
– die Freunde des Wanderns informieren, was sie in einer Klamm oder Schlucht erwartet, damit sie sich gut darauf vorbereiten und richtig ausrüsten können,
– die Schönheiten Österreichs bekannter machen,
– den Menschen helfen, mit offenen Augen durch die Landschaft zu gehen, und
– die Liebe zur Natur und zu unserer Heimat vertiefen.