Normalerweise fahre ich mit dem Auto in die Berge. Es ist einfach deutlich bequemer und man ist schneller an jedem Ort wohin man nur will. Dadurch dass ich für einige Interessierte in einem Verein (Großteil Studenten) eine Bergtour organisiert habe kam es dazu dass wir auf eine Tour mit ÖPNV ausweichen musste. Es wären einfach zu wenige Autos zur Verfügung gestanden.
Für mich war es eine neue Erfahrung eine Tour zu planen und zu organisieren bei der man mit Zug und Bus vernünftig an- und abreisen kann. Zusammen mit der Problematik für 10 Personen auch noch eine passende Hütte zu bekommen war das gar nicht so einfach. Ein großes Problem dabei ist aus meiner Sicht dass alle vernünftigen Zugangebote sich praktisch auf Deutschland beschränken. Richtung Zillertal, Ötztal oder Stubai ist da eigentlich nichts mehr vernünftig machbar. Am besten geht es noch ins Werdenfels rein, zumal man recht schnell reinkommt als auch das Bayernticket bis Reutte und Pfronten gilt und es ein Werdenfels-Ticket gibt das man für etwas Aufpreis bis nach Innsbruck nutzen kann.
Als Hütte ergab sich schlußendlich das Karwendelhaus (sehr praktisch mit Online-Reservierung!). Da wir mit ÖPNV unterwegs waren entschied ich mich das auch zu nutzen und eine Durchquerung des Karwendels zu machen. Am ersten Tag von der Eng zum Karwendelhaus und am zweiten Tag vom Karwendelhaus über den Bäralpl nach Mittenwald.
Anreise mit BOB und RVO bis in die Eng, Rückreise von Mittenwald mit der DB.
Vorteile:
+ unterschiedliche Start- und Endpunkte sind möglich
+ Man kann vergleichsweise entspannt fahren, gerade bei der Rückfahrt ist es schön mal an dem Stau in Garmisch, vor dem Tunnel Farchant und vor Oberau einfach vorbeizufahren.
+ Bergsteigerbus als Anschluß in Lenggries
+ Gruppenrabatt im Bergsteigerbus ab 10 Personen (immer halber Preis pro Person, so 2,90 EUR von der Oswaldhütte zur Eng)
+ Sehr hohe Zugfrequenz von Mittenwald nach München, Stundentakt bis spätabends und am spätnachmittag sogar Halbstundentakt!!! (vielleicht auch nur wegen der Wies'nzeit?).
+ Bei passender Mitfahrerzahl preislich in Ordnung (5er-Schritte bei Bayernticket/Werdenfelsticket)
Nachteile
- Deutlich längere Anfahrt in die Eng. Mit dem Auto bin ich in ca. 1,5 Stunden ab zuhause dort, mit ÖPNV dauert es gleich 3 Stunden!
- Notwendiges Umsteigen in den Bus in Lenggries
- Das Bayernticket gilt im Bus nur bis zur Oswaldhütte. Fast jeder muss in Lenggries beim Fahrer noch nachlösen wodurch man auch Zeit verliert. Schwachsinnig da keinen einheitlichen Tarif bis zum Ende anzubieten. Das Kombiticket das BOB+Bus bis in die Eng anbietet ist für Durchquerer sinnlos das es nur als Hin+Rückfahrtticket gibt.
- Nur sehr wenig Rückfahrtmöglichkeiten aus der Eng.
- Oberlandbahn und Bus komplett ungeeignet um einen durchschnittlichen Rucksack unterzubringen. Die Gepäckfächer dafür sind der letzte Witz. Positiv war der Zug der DB von Mittenwald zurück, da wir einen Steuerwagen aus der "Silberling-Ära" hatten der noch richtige Gepäckfächer, bequeme und gepolsterte Sitze und zu öffnende Fenster hatte (das waren Zeiten als nicht Designer und Powerpoint-Ingeniere entwickelt haben). Die Doppelstockwagen dahinter sind da genauso untauglich wie die ansonsten auf dieser Strecke eingesetzten neuen "Talent-2"-Triebzüge.
- Der Bahnhof Mittenwald ist ein Unding. Wenn man aus Richtung Karwendelseilbahn kommt (wir haben sie nicht benutzt

) muss man einen großen Umweg südlich oder nördlich machen um über die Bahnübergänge über die andere Seite zum Bahnsteig zu kommen. Eine Unterführung unter dem gesamten Bahnhof gibt es nicht. Nur dank eines Schlußspurts haben wir den Zug erwischt.
- Die Fahrkartenautomaten sind eine absolute Frechheit. Bis man durch die unübersichtlichen und benutzerfeindlichen Menüs durchschaut hat dauert es einige Zeit. Es ist schon eine ziemliche Sucherei das Werdenfels-Ticket in den Untermenüs zu finden. Sowas muss einfacher zu finden sein. Außerdem gibt es auch mehrfach Probleme beim Bezahlen mit Bankkarte. Würde man beim Schaffner kaufen wird man wieder abgezockt da dort ja mehr verlangt wird.
- Unattraktive Preisanstiege sobald man etwas über den 5er-Gruppen von Bayernticket und Werdenfelsticket kommt.
- Keine Kombiangebote zwischen DB und ÖBB, das Tarifsystem und Angebote von der ÖBB sind ziemlich undurchsichtig. Touren südlich vom Inntal sind damit ziemlich witzlos.
Alles im allen war es ein interessantes Erlebnis mal wieder den Zug zu nutzen. Die Möglichkeit einen unterschiedlichen Start- und Endpunkt zu nutzen ist wohl das wichtigste. Aber die ganzen anderen Knüppel die einem die Bahn zwischen die Beine wirft verleidem einem diese Vorteile. So werde ich wohl auch zukünftig eher mit dem Auto in die Berge fahren.
Mich würde interessieren wie andere Bus und Bahn erleben und vielleicht gibt es auch gute Tipps wie man um diese Ärgernisse rumkommt?