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Augsburger Höhenweg (Lechtaler Alpen) 11.09 bis 13.09.15

Begonnen von Bernhard G., 16.09.2015, 10:15

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Bernhard G.

Die Lechtaler Alpen kenne ich aus den Medien und diese wilde und beeindruckende Gebirge wollte ich unbedingt etwas näher kennenlernen. Mein Bergspezl war der Ideengeber: ideales Mittel dazu sei der Augsburger Höhenweg, den er schon lange auf seinem Wunschzettel habe.

Dieter Seibert beschreibt den Weg im AV-Führer als einen der anspruchsvollsten, aber auch großartigsten Höhenwege überhaupt. Die Bergsteigersendung Bergauf-Bergab nennt ihn eine alpinistische Herausforderung. Dazu werde ich am Ende meines Berichts noch ein paar Worte sagen.

Unsere Planung sah folgendes Programm vor: Freitag Nachmittag Aufstieg zur Augsburger Hütte, Samstag über den Augsburger Höhenweg zur Ansbacher Hütte, Sonntag lockerer Ausklang und Talabstieg. Wir entschieden und für die Begehung in Ost-West-Richtung, da hier die Hauptschwierigkeiten in der ersten Hälfte der Tour liegen.

Etwas Sorgen bereitete uns der Schneefall der Vorwoche. Pickel und Steigeisen oder reichen Helm und Zuversicht? Der Anruf bei der Augsburger Hütte erwies sich als wenig hilfreich ("Die meisten machen es ohne."). Hmmm ...  Schlußendlich entschieden wir uns für Optimismus als leichteren Ausrüstungsgegenstand.

Bernhard G.

Ausgangspunt unserer Tour ist Grins bei Landeck. Der Hüttenparkplatz war fast leer und so konnten wir ohne Umschweife losmarschieren. Nach ein paar Hundert Gehmetern gab es dann die erste Kuriosität zu photographieren: ein geschweißtes Kunstwerk aus rostigem Stahl. Keine Ahnung, was es darstellen soll, eine daneben stehende Tafel vergrößerte das Rätzel eher noch.



Der Weg führt zunächst ganz piano über die Südhänge nach oben. Das Wetter war recht wechselhaft: Wolken, Sonne und ein paar Regentropfen, da war alles dabei.



Die umliegenden Gipfel erschienen alle paar Minuten in einem anderen Licht. Hier ein Blick Richtung Ötztaler Alpen.

 

Hauptblickmagnet ist sind jedoch die gegenüberliegenden Ostausläufer der Verwallgruppe.



Schon bald kam die keck auf einem Felssporn tronende Augsburger Hütte ins Blickfeld. So nah sie auch wirkt, bis zu ihr war es noch eine gute Stunde.


Bernhard G.

Der geschickt angelegte Weg führt ohne besondereSchwierigkeiten über das nun wilder werdende Gelände nach oben.


Während uns blauer Himmel vergönnt war, ging den benachbarten Bergen schien immer wieder mal ein Regenschauer nieder.



Doch die waren von kurzer Dauer und von einem Augenblick auf den nächsten war der Blick auf sie wieder frei.


Kurz vor der Abendessenszeit bogen wir dann auf die Zielgerade ein.


Eigentlich gab es keine Zweifel, daß wir hier richtig sind, doch mein Spezl vergewisserte sich sicherheitshalber ganz genau. ;)


Die Hütte war nur von einer Hand voll Gästen besucht und unser schönes Mehrbettzimmer versprach eine ruhige Nacht. Daß es sich (fast) um einen reinen Mädelhaushault handelt, merkte man sofort: da war alles blitzblank sauber. Die Gudrun und die Steffi aus Baden-Würtenberg sind sehr freundliche Hüttenwirte, aber da es ihr erstes Jahr ist, scheinen sie mir den umliegenden Bergen noch nicht per du zu sein.

Bernhard G.

Nach einer sehr angenehmen Nacht und einem ausgiebigen Frühstück sind wir dann am nächsten Morgen gegen 8 Uhr bei Traumwetter hoffnungsfroh zum Augsburger Höhenweg aufgebrochen.



Gleich zu Beginn geht  es auf gutem, aber schweißtreibendem Weg das Gasilltal rauf. Das ganze Gebiet besteht aus äußerst brüchigem Fels. Überall lagen frisch ausgebrochene Steinbrocken aller Größen rum.



Das Gasilltal endet an einer Felsstufe, über der der Grinner Ferner ruht. Der Einstieg in das leichte Klettergelände ist gut markiert. Mein Bergspezl wirft derweil schon mal einen prüfenden Blick auf die anstehe Aufgabe.



Da alles trocken war, konnten wir sie mit Leichtigkeit meistern und standen schon bald vor der Südwand der Parsaierspitze. Sie ist mit 3036m nicht nur der höchste Gipfel der Lechtaler Alpen, sondern der gesamten nördlichen Kalkaplen. Leider ist ihre Besteigung aufgrund des sehr brüchigen Felses ein zweifelhaftes Vergnügen. Den letzten tödlichen Absturz gab es vor zwei Wochen. Dennoch hatten sich einige Unverzagte den Gipfel vorgenommen. Für uns kam eine Besteigung allein schon aus Zeitgründen nicht in Frage.



Der Weiterweg führt über den Grinner Fernen, der fast nur noch auf den Landkarten existiert. Ein etwas ungutes Gefühl hatten wir wegen der Schneelage: Trotz Südostexposition waren die nun folgenden Hänge bereits schneebedeckt. Wie wohl die Nordhänge aussehen würden?

Bernhard G.

Bis zur Bocksgartenscharte war der Schnee kaum hinderlich, es gab ein paar rutschige Stellen, die aber mit der Hand am Drahtseil kein Herzklopfen verursachten. Der Rückblick zum Grinner Ferner und dem Gatschkopf offenbart die Wildheit der Lechtaler Alpen.


Vor uns lag nun der Ostgrat des Darwinkopfes, mit 2968m das Dach der Tour.


Auch hier ist der Weg gut versichert und der Fels nicht allzu schwierig. Den Gipfel schmückt nicht nur ein Kreuz sondern auch eine automatische Wetterstation.


Bernhard G.

Der Rundblick vom Gipfel ist gewaltig. Er reicht von den Ötzalern über die Verwallgruppe, dem Gipfelmeer der Lechtaler Alpen und weiterer mir unbekannten Gebirgen.

Fangen wir mit bekannten Bergen an:

Hier sehen wir die Siluette der Ötztaler Alpen. Ganz rechts im Bild, der Zirkuszelt-Berg mit der Privatwolke, das ist die Wildspitze.


Das nächste Bild zeigt den Hohen Riffler, den Höchsten der Verwallgruppe. Ihn zieren gleich von mehreren Seiten eindrucksvolle Gletscherzungen. Für mich war er der Blickmagnet während der ganzen drei Tage.  An jedem Tag offenbarte er uns andere Einblicke.


Und zum Abschluß ein Blick das wilde Gipfelmeer der Lechtaler Alpen. Leider kann ich die wenigstem Gipfel benennen. Umittelbar vor uns links im Bild liegen der Feuerkopf und dahinter die Eisenspitze. Der dreieckige Zapfen in der Bildmitte ist der Grießmuttekopf. Damit ist der Weiterweg schon abgesteckt: Den Grat entlang bis unmittelbar vor die Feuerspitze zur Dawinscharte, dann die steilen, schneebedeckten Nordhänge von Feuerkopf und Eisenspitze querend zur Paseierscharte am Gratfuß des Grießmuttekopfes. Hört sich ganz einfach an, doch die schneebedeckten Steilhänge flösten uns einigen Respekt ein.

Bernhard G.

Zunächst war aber der Abstieg vom Darwinkopf über dessen Nordflanke zu bewältigen. Theoretisch kein Problem: leichter Fels im 1. Schwierigkeitsgrat. Allerdings hatten Schnee und Eis den Berg in eine gefährliche Rutschbahn verwandelt. Zum Glück ist dieser Wegabschnitt seit ein paar Jahren gut versichert, sonst wäre der Abstieg ohne Steigeisen zu riskant gewesen. Obwohl wir die Zitterpartie ohne Ausrutscher gemeistert haben, würde ich das Thema Mitnahme von Steieisen und Pickel im Nachhinein anders entscheiden.


Unterhalb des Darwinkopfs bekommt man einen Blick auf die eigentliche Schlüsselstelle des Augsburger Höhenwegs: die Querung der steilen Nordflanken von Feuerkopf und Eisenspitze. Bis dahin lag noch ein Stück einfache Gratwanderung zur Dawinscharte vor uns, die Zeit zum Nachdenken gab. Dort gibt es den einzigen Notabstieg. Ich gebe es zu: wir waren uns nicht ganz sicher, ob die Verhältnisse die Nutzung des Notabstiegs erzwingen würden.



In den Nordflanken waren die Verhältnisse dann viel besser als befürchtet: guter Trittschnee erlaubte die technisch problemlose Passage. Natürlich war höchste Konzentration gefordert: ein Ausrutscher hätte in einen kaum zu bremsenden Absturz resultiert. Auch hier wären Steigeisen und Pickel ein Segen gewesen. Eine andere Gefahr kann man jedoch kaum beeinflüssen: massiver Steinschlag. Hier kommt permanent was runter. Um die Gefahrenzone möglichst zügig zu passieren, hab ich nur an einer sicheren Stelle am Beginn der Querung ein Photo mit Blick ins Parseiertal gemacht.


Die gefährlichste Situation stand uns aber noch bevor. Als wir uns mitten im letzen Hang befanden, querte oberhalb ein Gämsenrudel und löste einen wahren Steinhagel aus. Wir waren heilfroh, als wir auf diesen Wegabschnitt zurückblicken konnten. Der Weg füht längs der wie mit dem Lineal gezogenen Einschnitts in der Steilflanke (rechte Bildhälfte).




Bernhard G.

Damit war der gefährlichste Teil der Tour überstanden und wir genehmigten uns eine kurze Mittagspause an der Roland-Ritter-Biwakschachtel. Nun folgten noch einige, etwas unangenehme Wegabschnitte über steile Geröllhänge und leichten Felskletterein (maximal UIAA I/II). Auch die Szenerie war nun eine andere: nicht mehr der bedrohlich wirkende, dunkle Fels umgab uns, sondern helleres Gestein und angenehmes Grün vermittelten einen freundlicheren Eindruck. Besonders deutlich wird das am Beispiel des Murmeltiertales - offiziell Grießltal genannt.



Im Grießltal trifft der Augsburger Höhenweg auf dem Weitwanderweg E4 und wird damit zur schönen, aber anspruchslosen Höhenwanderung. Oben, am E4 angekommen, konnten wir einen entspannten Blick auf den nun hinter uns liegenden anspruchsvollen Abschnitt werfen.



Jetzt hieß es sich sputen. Die Ansbacher Hütte hält Reservierungen nur bis 17 Uhr offen. Wir verpaßten die Deadline um lächerliche 20 Minuten und prompt war unser Zimmer weg und wir mußten mit einem Lagerplatz vorlieb nehmen. Ein reichlich seltsames Gebaren. Die Hütte war knallvoll mit E4/E5-Touristen, selbst der Winterraum wurde belegt und im Gastraum mußten Zusatztische aufgestellt werden. Nach einem wirklich guten Abendessen ging es dann zeitig in die Kojen. Meine Orapax verschafften mir eine ruhige Nacht, wogegen mein Bergspezl am nächsten Morgen von einem infernalischen Schnarchkonzert zu berichten wußte.

Bernhard G.

Für den Sonntag hatten wir uns nichts fest vorgenommen. Spontan entschieden wir uns, dem Weitwanderweg E4 zum Kaiserjochhaus und nach Petneu abzusteigen. Am Morgen war das Wetter noch wunderbar, so daß sich die Ansbacher Hütte photogen vor dem Hohen Riffler präsentierte.



Der Hausberg der Hütte, die Samspitze, ist rasch erreicht ....



...  und vom Gipfel gibt es auch bunte Berge zu bewundern, wenn auch nicht ganz so bunt wie in China.





Der Rest der Tour hatte den Charakter einer Weitwanderung. Allerdings ist der E4 durchaus anspruchsvoll. Es gibt immer wieder Felspassagen, bei denen die Hände zuhilfe genommen werden müssen.


Bernhard G.

Ausklingen lassen möchte ich meinen Bericht mit ein paar Impressionen vom E4.

Man passiert zwei wunderschöne Bergseen, den Vordersee ...



... und den Hintersee.




Letzterer begeisterte mit einem tollen Wellen- und Farbenspiel:



Der trockene Sommer hat den Wasserstand der Bergseen offensichtlich extrem absinken lassen. Wann sie wohl wieder aufgefüllt werden?

Von der Kridlonscharte hat man einen guten Blick auf Kaisers - ein Bergdorf, wie aus dem Bilderbuch. In der BR-Mediathek gibt es einen sehenswerten Beitrag zum Leben in diesem ursprünglichen Dorf.



Der E4 führt zwar nicht durch einen ganz so wilden Teil der Lechtaler Alpen, aber langweilig wird einem auf diesem Abschnitt sicher nicht. Hier der Rückblick von der Kridlonscharte zur Hinterseescharte.



Bernhard G.

Am Kaiserjochhaus tobte bereits ein Fönsturm und das Wetter drohte umzuschlagen.



Den Hohen Riffler, meinen Blickmagnet, hat das anrückende Wolkenmeer bereits erreicht.  



Da es so ungemütlich war, sind wir schleunigst abgestiegen und beendeten unsere Tour in Pettneu an der Bushaltestelle.






Bernhard G.

Wie ist nun der Augsburger Höhenweg zu bewerten? Es ist sicher mit Abstand der großartigste Höhenweg, den ich kenne. Was die rein technischen Schwierigkeiten angeht, würde ich ihn nicht als Herausforderung bezeichnen. Allerdings ist er sehr gefährlich: Steinschlag, über weites Strecken Absturzgelände, da braucht es gute Nerven und Konzentrationsfähigkeit. Er wird mit 8 bis 10 Stunden Gehzeit angegeben. Die sollte man auch einkalkulieren. Was die Ausrüstung angeht, würde ich im Zweifelsfall lieber Steigeisen und Pickel mitnehmen, auch wenn es bei uns ohne ging. Helm ist sowieso Pflicht.

Es ist ein langer Bericht geworden, ich hoffe, er hat Euch gefallen.

Reinhard

ZitatEs ist ein langer Bericht geworden, ich hoffe, er hat Euch gefallen.

Ja, das hat er!
#danke1#

MANAL

Vielen Dank für diesen tollen Bericht!  #super1#

Macht Lust diesen Höhenweg zu begehen und diese wunderschöne Gegend mal näher anzuschauen.