Bildgestaltung / Goldener Schnitt
 


Vor etwa zwei Millionen Jahren begannen die Gletscher der Eiszeit dem Gebirge seine heutige Form zu geben. Die Alpen wachsen noch immer pro Jahr um etwa einen Millimeter in die Höhe. Doch sie sind auch dem Zerfall preisgegeben. Kälte und Hitze machen den Fels mürbe, Regenwasser spült ihn aus. Felstrümmer poltern aus Steilwänden zu Tal. Gletscherzungen und Wildbäche transportieren den Schutt ab und fressen sich immer tiefer ins Gestein. Dabei werden Spuren freigelegt, an denen sich die Geschichte der Alpen ablesen lässt.
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Bildgestaltung / Goldener Schnitt

Begonnen von Hannes, 12.10.2004, 21:37

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Hannes

Um euch für den Fotowettbewerb etwas fit zu machen erkläre ich etwas über die grundlegenden Punkte der Bildgestaltung.
Der seit der Antike bekannte ,,Goldene Schnitt" , eine für die menschliche Betrachtung harmonisch wirkende Bildaufteilung;  ist die Teilung einer Strecke im Verhältnis von ca. 2:3 (ganz grob umrissen; das ganze kann man auch rein mathematisch wiedergeben, was hier zu weit gehen würde. Auf Wunsch führe ich dies auch gerne genauer aus).
Da das Kleinbildformat (z.B. Dia) ein Format von 24 x 36 mm hat, entspricht dies ziemlich genau dem Seitenverhältnis von 2:3, was sicherlich nicht rein zufällig von der Industrie so gewählt wurde.
Für die Bildgestaltung ist es für uns Fotografen eine Erleichterung, da wir das Bild praktisch in Drittel-Raster zerlegen um das Hauptmotiv an einem Schnittpunkt dieses Rasters auszurichten. Das Hauptmotiv sollte nie die Bildmitte beherrschen (Ausnahmen bestätigen die Regel), sondern wenn mögl. im linken Bildteil an einem der gedachten Schnittpunkte liegen . Im linken Bildteil deshalb, weil wir in der Regel ein Bild von li. nach re. lesen .

Der Horizont  wird von vielen in die Bildmitte gelegt, was ein Bild halbiert. Dies wird im Normalfall nur bei Spiegelungen im Wasser so fotografiert.
Deshalb gilt auch für die Lage des Horizonts  wieder die Aufteilung  des Goldenen Schnittes.
Im Klartext heißt dies, dass der Himmel entweder 1/3 oder 2/3 des Bildformates ausfüllen soll.
Bei schöner  Landschaft wird man 1/3 Himmel und 2/3 Landschaft wählen, umgekehrt wird der Himmel bei einer tollen Wolkenstimmung die 2/3 einnehmen.

Um ein Bild zu gestalten sollte man immer versuchen  aus einer Bildecke heraus die Spannung für das Bild aufzubauen, d.h.  z.B. ein Weg führt aus einer Bildecke heraus das Auge zu unserem Hauptmotiv (Mensch, Tier, Gebäude), welches wiederum in einem der vorgenannten Schnittpunkte platziert wird.
Oder der Stiel einer Blume führt den Betrachter aus einer Bildecke heraus wieder zum Hauptmotiv, der Blüte. 

Der Kamerastandpunkt ist ein weiter wichtiger Punkt für eine gelungene Aufnahme.
In der Regel kann man sagen, je kleiner das Objekt, das fotografiert werden soll, desto weiter muß der Fotograf bzw. die Kamera auf den Boden plazieren.(ausgenommen Insekten/ Vögel z.B. am Ausflugloch des Nestes.).

Jetzt wünsche ich euch viel Spaß beim Umsetzen der fotografischen Grundregeln.
Stellt einfach mal ein paar Eurer Bilder rein , dann können wir Sie gemeinsam diskutieren.

Viele Grüße
Hannes

P.S. Anbei ein Beispielfoto wie man das praktizieren könnte



Stephanie

Bei Deinem Beispielfoto hätte ich mir vorne ein bißchen mehr Schnee gewünscht, was die Tiefenwirkung verstärkt hätte. Ich hätte es besser gefunden, wenn Du hier einen tieferen Standpunkt gewählt hättest. Nichtsdestotrotz ist es ein sehr schönes Bild. Und das ist mein erster Beitrag in diesem Forum und schon bin ich am Mäkeln..... ;) ;D
Viele Grüße
Stephanie

Hannes

Zitat von: Stephanie am 15.10.2004, 22:42
.... Nichtsdestotrotz ist es ein sehr schönes Bild...

Hallo Stefanie,

Vielen Dank für Dein Lob !
Bei dieser Aufnahme wurde der Standpunkt bewußt so gewählt, um nicht den Vordergrund (langweiliger Schnee – ohne Konturen ) sondern die Wolkenstimmung  zu betonen. Zudem wäre bei Deinem Vorschlag das obere Ende des Kreuzes zu sehr an den oberen Bildrand gerückt worden.

Bin auf Deine Fotos gespannt, die Du zur Diskussion stellst.  :D

Viele Grüße
Hannes

Stephanie

Hi,
ich finde es wirklich schön, die Idee, das Kreuz von der Seite zu fotografieren, ist toll. Oft muss man einfach vor Ort sein, um es beurteilen zu können.  ;D
Hier auch ein Gipfelbild.  :)
Viele Grüße
Stephanie

Traudl

Hallo Stephanie,

der Mönchblick ist ja toll, aber leider versperrt der Pickel mit dem Trinkbeutel das schöne Panorama. :'(

Ein Querformat wäre hier sicherlich angebrachter gewesen, zumal ich nicht den Pickel als Hauptbildaussage wählen würde.
Wenn Du den Pickel so plaziert hättest wie Hannes, sein Gipfelkreuz  wäre noch reichlich Platz für das wunderbare Panorama gewesen – somit hätte der Pickel die von Dir gewünschte Weite des Hochgebirgs noch unterstrichen.

Ich will zwar Dein schönes Bild nicht schlecht machen, aber 1 ½ - 2 Blenden Überbelichtung hätte ihm gut getan.
Was mir gut gefällt, ist die Aufteilung Vordergrund – Mitte – Himmel zu je 1/3 (und natürlich auch das Wetter )  :D

Viele Grüße
Traudl

Rumpelstielzchen

Zitat von: Traudl am 16.10.2004, 17:55
......., aber 1 ½ - 2 Blenden Überbelichtung hätte ihm gut getan.
Das ist in etwa der Wert, den man bei Schnee zugeben sollte wenn man mit Belichtungsautomatik fotografiert.
- Sie ist in etwa auf 18% Grau geeicht, und da der Schnee meist weiss ist ...

Michael R.

Hannes

Richtig !
Jede Kamera ist auf Neutralgrau 18 % geeicht, d.h. rein weiß wird 18 % grau wiedergegeben.
Deshalb wird Schnee grau wiedergegeben, außer man verändert die Belichtungszeit nach Plus, d.h. Überbelichtung.
Hinzu kommt, daß der grelle Schnee die Belichtungsautomatik "blendet" und automatisch eine kurze Verschlusszeit bewirkt.
Dadurch wird das 18 % Neutralgrau noch dunkler.
als Tipp: Bei strahlendem Sonnenschein und Schnee die Belichtungszeit über die Belichtungskorrektur an der Kamera um + 1 - 1,5 Stufen erhöhen.

Das gleiche gilt bei schwarzen oder sehr dunklen Motiven - nur im umgekehrten Sinn !
Extrem schwierig wird es, ein dunkles bis schwarzes Motiv (z.B. schwarzer Hund, Kaminkehrer oder Afrikaner) im Schnee abzulichten  :D ;)

Wie Traudl schon geschrieben hat, hätte das Bild "Mönchblick" eine Belichtungskorrektur von 1 - 1,5 Stufen gut vertragen.

Grüße
Hannes



Rumpelstielzchen

... und hier noch ein Bild von mir: Der Wendelstein über die Reindler Alm.
Alle Theorie ist in der "Bergfotografie" oft umsonst, wenn man vor Ort sitzt!
Hätte ich hier die Kamera etwas nach oben richten sollen um die Weitwinkelperspektive zu Richten? - dann wäre der Vordergrund weg und viel milchiger Himmel zu Sehen!
... und falls etwa wer meint, man könnte hier vielleicht etwas zurückgehen, ... etwas nach links:
Bitt'schön selber hingeh'n und Probieren >>> ;D >>> :-\

Michael R.

Hannes

Hallo Michael,
ich gebe dir Recht, daß es manchmal sehr schwierig ist den optimalen Bildausschnitt zu finden, wenn es die örtlichen Gegebenheiten (z.B. Gratschneide; Einmann-Gipfel) nicht zulassen einen anderen/besseren Standpunkt aufzusuchen.
In meinen Augen hast Du nahezu das Optimale herausgeholt. Ich hätte lediglich den grauen Fels etwas zurückgenommen und dafür die Antenne auf dem Wendelstein nicht am oberen Bildrand anstossen lassen. Durch den dunklen Wald im rechten Bildteil und den hellen Himmel ist die Belichtungsmessung eh an Ihre Grenzen gestossen. Eine korrekte Belichtung erhältst du, in dem Du den Fels (fast immer nahe an den 18% Neutralgrau) im Vordergrund über Spotmessung anmisst, die Belichtungsspeichertaste drückst und anschliessend den Ausschnitt festlegst.
Eine weitere Möglichkeit den Himmel abzudunkeln erreicht man mit der Benutzung eines Grauverlauffilters, welcher die Farben nicht verfälscht, jedoch den Himmel etwas abdunkelt (gibt es in verschiedenen Stärken) und somit den Kontrastumfang zw. extrem hell und dunkel etwas reduziert.
Wenn man nicht die stärkste Variante des Grauverlauffilters wählt ist es auf einem Foto nicht zu erkennen. Wenn man den Filter umdreht, kann man z.B. beim MTB die oft sehr helle Schotterstraße "abdunkeln" und der Rest des Bildes wird korrekter belichtet.

Grüße
Hannes

Stephanie

Hi,
nochmal zu meinem Bild:
Ich hätte einen Titel hinzufügen sollen, wie "Ein etwas anderes Gipfelkreuz" oder so - Hintergrund ist, dass wir auf dem Gipfel des Mönch in eine euphorische Albernheit verfielen und uns ein Gipfelkreuz "bauten".  ;D Viel bewegen konnte ich mich auf dem Gipfel nicht mehr, es ist ein bißchen eng da oben und mit uns waren noch etwa 10 weitere Leute da oben. Von daher hatte ich beim Fotografieren etwas wenig Spielraum.
Was die Belichtung betraf - es war ein extrem sonniger Tag und ich habe mein Display nicht gesehen, durch den Sucher konnte ich auch nichts erkennen - war einfach zu grell. Hinzu kommt, dass ich an dem Tag keinen Filter auf der Kamera (Fuji S7000) hatte, weil ich wegen der Kletterei meine Kamera aufs kleinste Format "abgespeckt" hatte.
Danke euch!

@ Michael
ich finde den Bildaufbau bei Dir sehr gut! Gefällt mir, ist spannend. Einziger Kritikpunkt ist hier, dass der Himmel etwas blass ist, aber das ist nicht weiter schlimm ;)

Reinhard

Anläßlich des momentanen Fotowertttbewers will ich heute an den Beitrag von Hannes erinnern. Der Beitrag ist zwar schon aus 2004, aber die Gestaltungsregeln sind immer noch aktuell!

Siehe die vorigen Beiträge aus diesem Thema!