17.09.2023: Kaisergebirge: Öchselweidschneid und Pyramidenspitze

Begonnen von geroldh, 23.09.2023, 20:48

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geroldh

Von der Pyramidenspitze tief nach unten geschaut in das nordwärts ausgerichtete Scheiblingsteinkar hatte ich schon öfter, im Spätwinter dort auch Skitourenspuren gesehen, dieses zu erkunden war bereits lange im Gespräch, aber die Motivation nie groß genug. Die in der Südflanke um einiges tiefer gelegene Öchselweidschneid als kleinen Felskamm hatte ich ebenso wahrgenommen, ihr aber kaum Aufmerksamkeit geschenkt – ich konnte mir nicht vorstellen, dass es dort interessantes zu entdecken gäbe. In letzter Zeit war diese zwar immer wieder mal im Gespräch, ohne mich wirklich zu überzeugen, doch erst der Blick vom Scheffauer-Abstieg einige Tage vorher, der diesen (kleinen) Felskamm wie ,,Teufelshörner" wirken ließ, machte mich hierfür interessierter – mit der Möglichkeit nun beides gemeinsam zu erkunden.

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Blick von oberhalb der Kaindlhütte in die Südflanke des Zahmen Kaisers – mit optisch auffälliger Felsformation (Bildmitte)

Mit dem zweiten Zug des Sonntages fahre ich nach Oberaudorf (7:50 Uhr) und von dort mit dem Strom-Radl nach der Innbrücke kurz am Inn und anschließend den Ebbsbach entlang nach Ebbs (475 m). Bei der Kirche beginnt die lange Auffahrt nach Buchberg und zur Aschinger Alm (955 m), dem Startpunkt meiner ausgedachten Rundtour. Etwas oberhalb am Waldrand gibt es eine kleine gefasste Quelle, die gegen 9:00 Uhr die Trinkflasche füllt – es wird (abgesehen vom eingepackten Gipfelbier) tatsächlich während der ganzen Tour keine weitere Möglichkeit mehr geben.

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Barfuß ginge es auch, würde aber etwas mehr Aufmerksamkeit bzw. Zeit benötigen, daher geht es für mich ab hier ,,nur" naturnah los, den Steig hinauf in Richtung zur Jovenalm. Den Spuren im Gras nach (= abgestreifter Tau) sind wohl bereits wenige Personen vor mir unterwegs, aber alsbald an einer kreisförmigen Wegmarkierung (= weißer Kreis um roten Punkt) verlasse ich ohnehin den markierten Pfad und folge nach rechts einer kleinen Spur, die zuerst eine kleinere und wenig später eine größere Geländestufe (ca. II+) hinaufführt. Hier sind überwiegend die Gämsen unterwegs – ob dort auch der Jäger hinaufsteigt, ist fraglich. Damit ist das unten bewaldete Scheiblingsteinkar erreicht und die locker bewachsenen Möglichkeiten nutzend, wird unvermittelt die Grundmauer der (ehem.) Scheiblingsteinalm erreicht. Im Wesentlichen einen leichten Geländerücken nutzend, stoße ich etwas höher auf einen Bodenansitz, von dem wenigstens ein kleiner Pfad weiter aufwärtsführt – und direkt die kleine Jagdhütte (ca. 1350 m / 10:30 Uhr) ansteuert.

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Der Baumbestand und auch der Latschenbewuchs wird lichter, schließlich ist auch der Grasbewuchs zu Ende, das grobe und festere Geröll benutzend und eine kleine Geländestufe überwindend wird das (schattige) Scheiblingsteinkar bis auf ca. 1680 m hinaufgestiegen. Von dort zieht nach links/östlich ein plattiges Band (Rampe) zum Grat hinauf – dessen Ausstiegsbereich hatten almrausch und ich nach unserem Jovenspitze-Nordostgrat im Vorjahr noch erkundet (oben einen Bohrhaken zum Nachsichern gesichtet). Dieser Aufstieg (ca. UIAA II+) wäre für mich möglich, doch dann wird der markierte Winkelkar-,,Klettersteig" und im weiteren Verlauf der derzeit gar nicht einsame Gipfel der Pyramidenspitze erreicht – doch ich möchte naturnah bleiben.

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Daher nach rechts/westlich in das schrofige Gelände in Richtung des Bergrückens zu, der vom vorgelagerten Karlkopf heraufzieht, eingestiegen und nun in der Sonne dort vorsichtig weiter hinauf (ca. T5), mich von kleinen Felsstufen leicht nach rechts/nördlich abdrängen lassend. Zwischen Latschen hindurch wird ebenes Terrain erreicht und ich mache nun dort erst mal ausgiebig Mittagspause (13:00 – 14:30) – mit Gipfelbier – und beobachte nebenan das Kommen und Gehen am bekanntesten, aber nicht dem höchsten Gipfel des Zahmen Kaisers.

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Zu einer passenden Gelegenheit kreuze ich den Wandersteig und steige südseitig frei im Gelände hinab. Die Öchselweidschneid zu erreichen ist nun mein nächstes Ziel, doch der hintere Gipfel (1814 m) versperrt sich mit dichtem Latschenbewuchs in seiner Verlängerung zum Hauptkamm hin. Daher bleibe ich erst mal in der karstigen Senke, dem Öchselweid, und schaue in ein paar Löcher hinein, die jedoch alle mit Schutt verschlossen sind. Nur ein Bodeneinbruch, sogar noch mit einem kleinen wenig Schnee vom Vorwinter, macht etwas Hoffnung auf eine Höhle, einige Risse gehen ab, aber auch hier müsste man erst ausräumen.
So wird noch ein Geröllfeld gequert und dann von der Ostseite – wenigstens ist es dort jetzt schattig – die brüchige Schrofenflanke angesteuert, um dort vorsichtig hinaufzusteigen. Auf der Schneid angekommen orientiere ich mich auf der Westseite, die nach unten hin abbricht, nun noch vorsichtiger zum vorderen Gipfel (1788 m / 15:30 Uhr) hin, ausgestattet nur mit einem kleinen Steinhaufen.

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Eine Besteigung hat wohl wahrlich Seltenheitswert, die Perspektive von hier zwar ganz nett (der Gipfel der Pyramidenspitze ist allerdings verdeckt), doch wirklich lohnend ist es nicht und eigentlich auch nicht das Risiko wert, dieses ziemlich brüchige Gestein zu beklettern (ca. UIAA II bzw. T6 je nach Routenwahl).
Nun wieder zurück und hinunter ist es noch mehr ein ,,Eiertanz" und ein Wackelstein wird vorsichtshalber abgeräumt, bevor ich mich dort abklettern traue. Geschafft! Nach dem Queren des Geröllfeldes suche ich durch kleine Latschengassen hindurch den von Süden heraufkommenden markierten Steig durch das Öchselweidkar und steige auf diesem in der warmen Nachmittagssonne wieder dem Hauptkamm entgegen. Ich schwitze wie in der Sauna, nur eben ohne Handtuch, bin mir dadurch auch relativ sicher, dass um diese Zeit dort niemand mehr absteigt. Dann erreiche ich sie also doch noch, die Pyramidenspitze (1997 m), deren Gipfel ich nun um 17:00 Uhr für mich allein habe.

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geroldh

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Das nächste Ziel ist jetzt der im Nordwesten vorgelagerte Grinnerkopf (1870 m), dessen Gipfelkreuz bereits heraufgrüßt und gegen 18:00 Uhr entlang den alten Markierungen durch die Senke erreicht wird. Inzwischen dämpft aufziehende Cirren-Bewölkung das Sonnenlicht, es wird merklich kühler und mit 18:30 Uhr beginnt mein Abstieg vom Berg.

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Der Jägersteig ist in alten AV-Karten nur schwarz-gepunktet verzeichnet, doch heute dank ,,Berg-Navi" wohl häufiger begangen. Die erdigen Passagen sind gut ausgetreten und die Feuchtigkeit macht den doch ziemlich steilen Abstieg ziemlich rutschig. Nochmals ist die volle Konzentration erforderlich, damit die kleinen Abrutscher ausbalanciert werden. Weiter unten im Wald wird es angenehmer und mit dem letzten Tageslicht gegen 19:45 Uhr bin ich wieder zurück am Brunnen und dem Rad-Depot. Das Wasser ist eine angenehme Erfrischung, doch bei der langen Abfahrt nach Ebbs ist mit der weiter abkühlenden Lufttemperatur und mit kurzer Hose der nahende Herbst bereits spürbar. In Oberaudorf erfrischt mich während der Wartezeit noch ein kühles Bier von der Bahnhofskneipe von innen, dann bringt mich wenigstens der Zug pünktlich das Inntal hinaus.