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Die Isel - von Virgen zur Quelle (8/2022)

Begonnen von Reinhard, 25.08.2022, 22:24

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Reinhard


Vor einem knappen Jahr war unser @Chtransalp10 auf dem Isel-Trail unterwegs (Bericht).

Ihr interessanter Bericht hatte mich jetzt dazu motiviert, diesen Weg ebenfalls aufzusuchen. Viele verbinden das Wort "Trail" mit dem Mountainbiken, doch handelt es sich hier um einen Weitwanderweg. Er beinhaltet fünf Teilstrecken auf einer Länge von 74 km, und er führt entlang der Isel von ihre Mündung in die Drau bei Lienz bis zur Quelle am Umbal-Kees.


Wie schon ChTransalp10 mitteilte, befindet man sich auf der ersten (und meist auch auf der zweiten Teilstrecke) immer wieder entlang von Autostraßen. Auf diese beiden sowie den dritten Abschnitt um Matrei verzichtetete ich. Somit kamen für mich der vierte und fünfte Teil in Frage. Es dürfte sich auch um die beiden interessantesten Etappen des Isel-Trails handeln.

Die wilde Isel gilt als einer der letzten frei fließenden Gletscherflüsse der Alpen. Bei Virgen war in den 2010er Jahren ein Wasserkraftwerk geplant, das jahrelang zu Diskussionen in der Öffentlichkeit führte. 2015 wurde das Verfahren ruhend gestellt, aber noch nicht beendet.


Start war der kostenlose Parkplatz der Würfele-Hütte, dieser war bereits letztes Jahr mein Ausgangspunkt für den Lasörling-Höhenweg (Bericht). Er liegt idealerweise direkt am Isel-Trail.

Der Ausgangpunkt meiner Wanderung am Würfele-Parkplatz. Der Kreis zeigt das Zielgebiet an, Luftlinie ca. 19,2 km:

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(Fortsetzung = Tag 1 folgt)

Reinhard

Teil 2 (Tag 1)

Am frühen Vormittag startete ich beim Parkplatz "Würfelehütte".




Wie gestern schon geschrieben, beträgt die Luftlinie zum Ziel etwas mehr als 19 km, die tatsächliche Länge bis zum Umbalkees ca. 33 km. In dem Kreis würde man vergrößert links den Quirl sehen, einen der Hausgipfel der Clarahütte.

Peakfinder

Auf breitem Weg, der auch hin und wieder von Radlern genutzt wurde, ging es westwärts, dem noch weit entfernten Talschluss entgegen. Bei Rain passierte ich den Parkplatz zur Lasörlinghütte, anschließend erreichte ich dann mit der Iselschlucht bei Welzelach den ersten Höhepunkt. Diese ist die größte Schlucht der Isel. Wegen der beständigen Gefahren durch Steinschlag, Muren und Lawinen konnte hier entlang des Flusses kein Weg angelegt werden:

Iselschlucht1.jpg

Die canyon-ähnliche Iselschlucht etwas später von oben:

Iselschlucht2.jpg

Immer wieder begleitet von der rauschenden Isel ging es über Auen, Wald- und Wiesenwege nach Prägraten. Bis hierher ca. 2,5 - 3 Stunden Gehzeit, Autostraßen mussten nie begangen werden.

Praegraten.jpg

Prägraten am Fuß des Venedigers

Der Weg bis zur hintersten Ortschaft des Tals, Ströden, zog sich mit 8 km und mehrfachem Auf und Ab hin, wieder unterbrochen von mehreren Fotopausen. So z.B. mit der Glo-Schlucht bei Ströden, die man über einen langen Waldweg erreicht. Einen halben Kilometer hinter Ströden stößt dann der Isel-Trail auf den bekannten Weg hinauf zur Islitzer-Alm. Mit der Einsamkeit war es jetzt vorbei, denn die Alm mit den darüber liegenden Umbal-Fällen ist ein bekannter Anziehungspunkt für Touristen. Wer die halbe Stunde zur Alm nicht gehen will, kann eine Pferdekutsche mieten. Die Abzweigung des Waldweges habe ich leider übersehen. Auf der Alm gönnte ich mir eine Schorle. Dann wurde es alpiner, denn 10 Minuten hinter der Alm befinden sich die Umbalfälle mit mehreren Aussichtskanzeln.

Einsiedler.jpg

Eine verlassene (?) Unterkunft oberhalb der Umbalfälle

Nun begann der Aufstieg zur Clarahütte. Nach ca. einer Stunde, immer wieder die rauschend Isel unterhalb, passierte ich die Abzweigung zum Dabertal:

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Blick ins Dabertal mit dem Daberbach und Dabersteg.

Im oberen Iseltal zweigt südlich der Weg ins Dabertal ab. Hier traf ich letztes Jahr auf dem Lasörling Höhenweg von der Neuen Reichenberger Hütte ein und musste nach 5 Stunden Gehzeit feststellen, dass die Brücke über die Isel nicht mehr vorhanden war. Damals überquerte ich mit zwei weiteren Wanderern etwas weiter unten ehrfurchtsvoll den reißenden Bach über einen gewaltigen Lawinen-Schuttberg. Die Brücke wird immer wieder mal von den Wassermassen weggerissen, momentan steht sie wieder.

Inzwischen war der Weg schmaler und flacher geworden. Eine Tafel wies mich bei einem kleinen Rastplatz auf den Gletscherblick unterhalb der Rötspitze (3496m) hin. Selbst auf dem Foto der Tafel konnte man erkennen, dass der Gletscher inzwischen weiter zurückgegangen ist.

Noch eine halbe Stunde, und ich erreichte endlich die Clarahütte. Bis dahin war ich ab Virgen ca. 22 km, knapp 1200 hm und incl. aller Pausen ca. 8 Stunden unterwegs.

(Teil 3 = Tag 2 folgt)

Reinhard

Teil 3 (Clarahütte)


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Die Clarahütte im oberen Umbaltal mit der Rötspitze (3495 m)


Die Clara-Hütte ist es wert, ihr einen eigenen kleinen Beitrag zu widmen!

Sie wurde 1872 von der damaligen Sektion Prag des Alpenvereins (DuOeAV) erbaut. Somit ist sie die älteste Hütte Osttirols. Ihren Namen verdankt sie Clara Edle von Ratzenbeck, deren Ehemann den ersten Bau finanzierte.


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Das erste Hüttenschild

Auf den ersten Blick wirkt die Hütte unscheinbar und klein. Doch das täuscht, denn sie wurde weit in den Berg eingebaut. Der Grund ist die Lawinengefahr. Die Hütte liegt in dem schmalen oberen Umbaltal zwischen einem steilen Süd- und Nordhang. Der Nordhang wird von der Sonne beschienen, so kam es in den Jahren 1914, 1926 und 2012 zu größeren Lawinenschäden
Zeitungsbericht

Zum Schutz weiterer Lawinenabgänge wurde der Zubau hinter der Hütte in den Hang eingegraben, sodass Lawinen, die vom sonnenbeschienenen Südhang abgehen, nun darüber hinweggehen. Kleinere Lawinen werden von einem Schutzwall über das Dach geleitet.
Im Rahmen der kompletten Sanierung spielten ökologische Grundsätze eine große Rolle. Es wurde auf Dieselgeneratoren und Gasgeräte verzichtet. Für die Stromerzeugung wurde einige Meter unterhalb der Hütte an der Isel ein klassisches Holzwasserrad erbaut. Da das Wasser in einem offenen Kanal (Waal) zum Rad geführt wird, war keine Genehmigung erforderlich. Außerdem wurde eine Photovoltaik-Solaranlage mit 20 Modulen angebracht, die jeden Herbst abgebaut wird.


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Die Clarahütte mit der Isel. Rechts unten der Zulauf zum überdachten Holzwasserrad. Ganz links neben dem Kreuz die Solaranlage. Der Unterbau reicht genau bis hierher.
Foto: Von Whgler / Wikipedia


Die Hütte verfügt über zwei Gasträume, mehrere sanitäre Räume, 11 Doppel- und Mehrbettzimmer sowie über 8 Lager. Alle Zimmer haben Steckdosen, ein Waschbecken und einige sogar eine Dusche. Ich wurde - wie alle anderen Gäste - auf der Hütte herzlich aufgenommen. Das Hüttenteam ist freundlich und hilfsbereit, man wird möglichst mit dem Vornamen angesprochen. Die Wirtin Karin nimmt sich (nicht nur abends) Zeit, um zur Gitarre zu greifen und Musik von Simon & Garfunkel, Bob Dylan oder John Lennon (hervorragend) zu singen. Dass es hier oben keinen Handyempfang gibt, wird sicherlich von vielen begrüßt.


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Blick in einen der Gasträume.


Im September 2022 wird die Clarahütte 150 Jahre alt!


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Wegweiser bei der Hütte


(Teil 4 - Aufstieg zum Umbalkees - folgt)


Reinhard

Teil 4 (Aufstieg zum Gletscherfuss)

Nach einem gemütlichen Hüttenabend mit netten Leuten ging es am nächsten Vormittag hinauf zum Umbalkees.

Start Clarahütte.jpg
Deutlicher Wegweiser nahe der Hütte (Blick zurück ins Tal)

Der Aufstieg durch die großartige unberührte Natur beträgt ca. 2 Stunden und führt über einen meist gut markierten Trampelpfad. Die ursprüngliche Brücke über die Isel wurde weiter oben weggerissen. Es gibt jetzt ein Behelfsbrücke, welche direkt bei der Hütte über die Isel führt und dann parallel zum ursprünglichen Weg zum Gletscher bzw. zur Philipp-Reuter-Hütte  verläuft. Nach ca. 20 Minuten mündet der ursprüngliche Weg bei der zerstörten Brücke von rechts ein. Wie mir der Hausmeister/Hüttenwart mitteilt, bestehen Überlegungen, die momentane Behelfsvariante zur Standardvariante umzuwandeln.

Aufstieg.jpg
Eine der vielen, aber harmlosen Bachquerungen während des Aufstiegs

Über viele mäandernde Bächlein, die sich nebenan oder weiter unten mit der gurgelnden Isel vereinigen, ging es dem noch nicht sichtbaren Gletscher entgegen, er lag noch hinter einer Biegung. Am Wegesrand blühen der Fetthennen-Steinbrech, der giftige Blaue Eisenhut, Fransenenzian und immer wieder Bergdisteln. Zwei mit Drahtseil und Tritten gesicherte Steilstufen mit teils glatten Felsen müssen überwunden werden (gefährlich nur wenn sie feucht sind). Der Gletschersee lud nicht zu einem erfrischenden Bad ein, denn er verlandet und der Schlick ist moorartig.
Klimawandel lässt grüßen.  :-[

Schlammiger Gletschersee.jpg
Morastiger Gletscher"see"

Inzwischen war auch der Umbalgletscher in Sicht. Leider sind auch hier die traurigen Folgen der Erderwärmung deutlich zu sehen, das Eis hat sich im Vergleich zu früheren Bildern deutlich zurück gezogen

Umbalgletscher.jpg
Umbalgletscher, umrahmt von 3000ern

Im Juli 2020 wurde am Gletscherfuss von der AV-Sektion Matrei eine pyramidenförmige Säule aus Stahl errichtet.

Isel-Ursprung Umbalgletscher.jpg
Am Ursprung - ganz links oben die Dreiherrnspitz

Der Gletscher wird umrahmt von bekannten Dreitausendern. Höchster Gipfel ist die Dreiherrnspitze (3499 m). Es heißt, dass mit dem Klimawandel der Aufstieg zum Gipfel über diese Seite bis 2030 wohl eisfrei sein wird. Trotzdem wird diese Variante wohl gefährlich bleiben, da bereits jetzt schon der haltgebende Permafrost taut und die Steinschlaggefahr wächst.

Im Januar 1941 musste auf dem Gletscher ein Flugzeug der Wehrmacht notlanden. Seit 2002 wurden nach und nach Teile des Fliegers geborgen, im Sommer 2015 wurden 94 zum Teil noch scharfe Stabbrandbomben geborgen.
Artikel der Zeitschrift "Bergsteiger"

Zurück zur Hütte ging es dann auf demselben Weg.

Abschließend geht mein Dank noch einmal an @Chtransalp10, ohne die ich diese Tour wohl nie gefunden hätte.

#danke1#  #danke1#  #danke1#

Chtransalp10

Das freut mich, dass Du meine Tour vom letzten Jahr mit so viel Freude nachgegangen bist! Respekt vor deiner Leistung, diese Strecke in zwei Tagen gemacht zu haben! Das wär mir zu viel gewesen....ich hab gern mehr Zeit zum Schauen und Genießen...  ;) Ein Superbericht mit ganz viel Hintergrundinformation, Danke dafür!

Reinhard

Zitat von: Chtransalp10 am 30.08.2022, 20:46Respekt vor deiner Leistung, diese Strecke in zwei Tagen gemacht zu haben! Das wär mir zu viel gewesen....
Bin ja nur die letzten zwei der insgesamt 5 Etappen gegangen, also sogar weniger als Du.   :)

Anbei noch die Karte, die erste Etappe ging bis zur Clarahütte. Die zweite Etappe zum und vom Umbalkees dafür recht gemütlich ...