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Das roBerge-Forum => Alle roBerge-Boards => Wer war wo => Thema gestartet von: Chtransalp10 am 07.09.2023, 19:04

Titel: der wenig bekanntere Ostteil des Karnischen Höhenweges, 31.8. - 6.9.23
Beitrag von: Chtransalp10 am 07.09.2023, 19:04
Schon lange hatte ich den Karnischen Höhenweg im Visier..
Allerdings war und ist mein Respekt vor den langen Tourenabschnitten von Westen, also von Sillian aus gesehen, immer noch hoch. Letzten Sommer war ich im Osten, also Kärnten, die Gegend um Feistritz an der Gail beim Radln. Da entdeckte ich, dass der Karnische Höhenweg weit länger ist, als es mir bisher bekannt war. Und dieses Jahr wollte ich den "sanfteren" Teil mal kennenlernen. ( ich gebe zu, in der bequemen Variante, mit Gepäcktransport und zum Teil Talübernachtungen)

1. Tag
Start an der Feistritzer Alm, oberhalb Feistritz, wir sparen uns dadurch 1000 Höhenmeter wenig attraktives Waldgelände.  Auf dem gut ausgeschilderten Weg 403 ohne Gipfelvarianten ( der Oisternig lachte uns an, aber wir hatten wegen der Zeitplanung Bedenken, nochmal 1,5 Stunden drauf zu satteln), am neuen Rifugio Nordio-Deffar vorbei ( und an einer großen sturen Kuhherde, die uns in den steilen Bergwald zwang..), zum um diese Uhrzeit noch geschlossenen Gasthaus Starhand, in einem für diese Gegend typischen Almdorf gelegen. Kleine alte Steige sind immer wieder durch neue Almstraßen durchschnitten, aber relativ gut zu erkennen, niemand ist unterwegs, wir sind ganz einsam im Gelände. Eine kurze Pause an der nicht bewirtschafteten Götschacher Alm, dann weiter über wilde Steige, Bachüberquerungen, durch fast zugewachsene Hänge bis wir wieder auf eine Almstraße oberhalb der Dellacher Alm stoßen. Ab da wird es einfacher ( und langweiliger): Straße bis zur Eggeralm. Wir sind bis dahin 7 Stunden unterwegs gewesen. ( die reine Gehzeit ist im sehr informativen Kompass-Führer "Karnische Alpen" mit 5.45 Stunden angeben). Hier oben ist ein sehr touristischer Ort, man darf von Hermagor mit dem Auto rauf, eine Käserei verkauft ihren Käse, eine andere Alm hat auch einen Restaurationsbetrieb. Und viele Pferde sind hier am See!

2. Tag
Wir übernachten im Tal und sollten heute wieder ab der Eggeralm weiterwandern. Aber ich ändere spontan die Route, wir gehen die superschöne und interessante Garnitzenklamm hoch und von dort weiter über die Kühweger Alm ( das ist die älteste Alm hier im Gelände, grade noch außerhalb des Skigebietes Nassfeld) stramm 1300 Höhenmeter bergauf, wunderbares Gelände bis zum grasigen Gipfel es Kammleiten, 1998 m hoch.. Den "großen Bruder" Gartnerkofel lassen wir aus, der ist uns zu felsig, und außerdem zwei zusätzliche Wanderstunden..) Noch ein Abstieg von ca. 400 Höhenmetern, und wir sind am Tagesziel, dem Hotel Plattner am Nassfeld. Wir waren 9 Stunden unterwegs, angegebene reine Gehzeit 6,5 Stunden..

3. Tag
Heute gönnen wir uns erstmal eine kleine (mit der Gästekarte kostenlose) Bahnfahrt zum Madrischen, dieses Skigebiet ist natürlich total erschlossen und bietet auch im Sommer viele Attraktionen für Familien an... Wir sind froh, nach einer guten Stunden raus aus diesem Gelände zu sein.. Wir steigen durch felsdurchsetztes Gelände und vielen Spuren der Kämpfe aus dem 1. Weltkrieg hinauf zum Rudnigsattel. Links ist der Gipfel des Roßkofels, rechts von uns der markante Trogkofel. Beide können für Geübte gut erstiegen werden, wir hatten dafür keine Zeitreserven, Gipfel sind nicht mehr so wichtig... Zwischen diesen Bergrücken sehen wir knapp unter uns die knallrot gestrichene Biwakschachtel E.Lomasi, die sicher im Winter manchmal nützlich ist - oder für Kletterer im Sommer... wir sehen aber niemanden, der sie genutzt hätte. Es beginnt eine sehr lange Querung über die Schuttreißn des Trogkofels, kleiner Steig, tolle Fernblicke über das Trogtal! Am Rattendorfer Sattel verlassen wir die offizielle Route und steigen zu unserem Übernachtungsplatz auf der Rattendorfer Alm ab. Ein ganz steiler, verwachsener Steig, felsig, wurzelig, 250 Höhenmeter hinunter zur Käserei und Alm. Wir bekommen gute Kaspreßknödl und am nächsten Tag zum Frühstück herrlich würzigen Käse direkt von hier.  Und im Lager, das Platz bietet für 20 Personen, sind wir allein...

4. Tag
Früh geht es weiter, wieder die 250 Höhenmeter hinauf zum Rücken Cima di Lanza, hier treffen wir wieder auf die Route 403. Immer wieder Spuren und wieder ausgegrabene Ringmauern und Schützengräben aus dem 1. Weltkrieg. Wir denken viel an die damaligen ( und heutigen) Soldaten, die in den Bergen ausgehalten haben und ihr Leben lassen mussten...
Relativ entspannt weiter zur bewirtschafteten Straniger Alm, kurze Pause mit frischer Buttermilch, dann der nächste Gegenanstieg zum Waldegger Sattel. Hier gibt es dann auch einen Höhenweg über den Findenigkofel, auf den wir auch verzichten. Wir bleiben auf der offiziellen Route, die recht ausgesetzt durch die steile, felsdurchsetzte Nordflanke des Findenigkofels führt. Schwindelfreiheit und Trittsicherheit dringend nötig!!
Kurz nach dem Nöblingpass wird es deutlich sanfter, wir sehen schon den Zollner See und erreichen einige Minuten später die Zollnerseehütte, unserem Übernachtungsort. Eine sehr schöne Hütte vom ÖAV, die bisher einzige mit dem Siegel "Slow Food".  Wir haben 7 Stunden benötigt und konnten daher noch den Nachmittag in der Sonne neben der Friedenskapelle genießen.

4. Tag
Die "Königsetappe" wartet auf uns.. Wir haben großen Respekt vor der Länge und starten deshalb schon im 7.30 Uhr ( Frühstück gibt es hier bereits ab 6.30 Uhr!)
Einige Höhenmeter abwärts, an der Oberen Bischofsalm vorbei, hier hängt ein Warnschild " Achtung Wölfe"...
Bald biegen wir von der Almstraße in einen ganz schmalen verwachsenen Steig ab, Trittsicherheit und Trockenheit sind ein absolutes Muss! Am Hang entlang, an einigen kleinen Hüttchen vorbei, dann steil (steiler gehts nicht mehr!) gut 400 Höhenmeter hinauf zum Köderkopf. Leider stecken wir jetzt in der einzigen Wolke, die es diese Woche gibt! Es ist kalt, wir ziehen Handschuhe, Stirnband und Anorak an. So schade!! Also schnell wieder auf der anderen Seite hinunter, genauso steil, wie im Fahrstuhl die grasigen Hänge erst runter dann queren, bis wir zur Ruine der Oberen Tschintermunalm kommen.  Dann wird es etwas weniger ausgesetzt. Herrliche Blicke rundrum, hier haben wir das Gefühl, die Welt besteht nur aus Bergen... An der oberen Spielbodenalm, die gerade vom Besitzer renoviert wird, machen wir die erste längere Pause, jetzt wieder in der warmen Sonne, kurze Hosen sind angesagt! Durch die neu angelegte Straße auf die Alm ist der alte Steig manchmal wieder schwer zu finden, aber wir schaffen es! Die untere Spielbodenalm ist verfallen, wird als Viehstall genutzt. ( Hier stehen einige Schilder, die naturverträgliche Skitourenrouten ausweisen, Richtung Elferspitz und Polinik, sieht vielversprechend aus!)
Noch eine gute Stunde schmaler Steig bergab, nochmal einer Kuhherde ausgewichen, dann sind wir nach insgesamt 9 Stunden am geschlossenen Gasthaus Plöckenpass. Unsere Wandertage sind für diesen Urlaub beendet. Wir hätten Lust, noch in dieser tollen Gegend zu bleiben..
Wir fahren mit dem Shuttle ins Bergsteigerdorf Mauthen, wo wir Quartier haben. Am nächsten Tag mit dem Zug dann nachhause.

Wer Zeit, Lust und Kraft dazu hat, könnte weiter in 6 Tagen nach Westen gehen und käme dann im Pustertal an...

Eine wunderbare Gegend, wenige Menschen unterwegs, täglich haben wir nur zwischen 5 und 7 Personen getroffen..