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Das roBerge-Forum => Alle roBerge-Boards => Bergtouren => Thema gestartet von: Tom am 28.08.2009, 18:25

Titel: Hochtour: Großer Möseler (3.478m) am 27.08.2009
Beitrag von: Tom am 28.08.2009, 18:25
Servus roBergler

Jetzt mal was anderes als nur Klettersteige (https://www.roberge.de/index.php?board=23.0)  ;) ... momentan ist ja auch noch beste Hochtourenzeit  8).

Seit unserer Bike&Hike-Tour auf das Schönbichler Horn (https://www.roberge.de/index.php?topic=2629.msg21195#msg21195) stand der Große Möseler (http://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_M%C3%B6seler) ganz oben auf meiner Wunschliste.


Da der Wetterbericht für Mittwoch Abkühlung versprach, sahen wir das als Gelegenheit, die Tour am Donnerstag anzugehen. So ging es also Mittwoch abends wieder vom Schlegeisspeicher mit den MTBs hinter in den Furtschaglboden. Die versprochene Abkühlung nahte dummerweise genau zu diesem Zeitpunkt. Wir strampelten etwas schneller, da vom Südwesten dunkle Wolken aufzogen. Als wir unsere MTBs an der Materialseilbahn abstellten und uns an den Aufstieg zum Furtschaglhaus machen, fing es an zu regnen. Scheinbar hatten wir aber Glück, da der Regen nur kurze Zeit anhielt. Erst am nächsten Morgen erfuhren wir aus dem Radio, was in anderen Teilen Österreichs für Regenfälle herab gingen.

Pünktlich zum Abendessen erreichten wir das Furtschaglhaus (http://www.furtschaglhaus.com/) (2.295m) und die Wolken verzogen sich sogar wieder ein wenig. Zum Glück hatten wir rechtzeitig zwei Lager reserviert, da die Hütte bis unters Dach voll war (der Berliner Höhenweg macht's möglich). Hüttenwandern macht scheinbar wahnsinnig kaputt, da alle anderen vor uns schon "Gute Nacht" sagten.

Am nächsten Morgen um punkt 06.00 Uhr gab es Frühstück. Laut Wirt hätte sich ein früheres Aufstehen für die Tour auch nicht gelohnt.

Bei relativ kühlen 10°C und blauem Himmel starteten wir von der Hütte. Der erste Teilabschnitt bis zum Gletscherrand war recht gut zu gehen ... nur mäßig ansteigend und ohne viel Kehren ging es auf ca. 2.700m. Den ersten Abschnitt über den Gletscher gingen wir seilfrei. Es war noch alles steinhart gefroren und unsere Steigeisen leisteten gute Dienste. Wir folgten einer alten, noch sichtbaren Spur bis rauf zu einem markanten Felskopf ... dabei mussten wir mehrere beeindruckende Gletscherspalten umgehen.

Direkt hinter dem Felskopf ging es dann im Fels weiter. In einigen Führern steht etwas von einer Schuttrinne, die man empor steigen soll ... von dieser hat uns der Wirt dringend abgeraten. Wir stiegen also links von der Rinne gleich in den steil aufschwingenden Blockgrat ein ... überwiegend UIAA I - stellenweise UIAA II (wenn man nicht gleich den "einfachsten Weg" findet, sind schon mal ein paar Reibungsklettereien im III. Grad dabei). Weglos, unmarkiert und seilfrei ging es diesen Nordwestgrat gut 200 Hm hinauf bis auf ca. 3.300m.

Nun standen wir von einer steil aufschwingenden (ca. 45°), glitzernd-blauen Eismauer. Laut gepunktetem "Wegvorschlag" der AV-Karte ging es direkt dort hoch. So einen Aufschwung hätte ich nicht erwartet  :o. Auf jeden Fall war es nun wieder Zeit für die Eisausrüstung. Für unsere Leichtsteigeisen war es aber nur schwer möglich auf diesem Blankeis richtigen Halt zu finden. Ich wagte den Vorstieg und war froh meinen schweren Pickel mitgenommen zu haben. Um das Risiko eines kapitalen "Abfluges" zu minimieren sicherte ich den kurzen Aufschwung noch mit Eisschrauben ... sicherlich wäre es auch ohne gegangen, aber der Faktor "Psyche" spielt manchmal eine große und entscheidende Rolle  ;).

Nach ca. 60 Metern wurde der Firnrücken zum Glück wieder etwas flacher und wir konnten "aufrecht" weiter bis zur Gipfelrinne gehen ... diese war dann wegen losem Geröll, Gestein und Eis nochmal etwas heikel, aber diese 20 Höhenmeter waren kein Hindernis mehr.

Obwohl vom Südosten bereits die ersten großen Wolken aufzogen und uns kalter Dunst um die Nase zog, genossen wir unsere Gipfelbrotzeit und freuten uns über den Gipfelerfolg.

Gut 20 Minuten nach uns kam dann noch eine Zweier-Seilschaft vom Nord-Westen herauf ... offensichtlich mit mehr Geländekenntnis als wir. Von oben konnte man gut sehen, wie sie diese steile Eiswand in weitem Bogen südlich umgingen. Im Abstieg nahmen wir dann ebenfalls diese "Umgehung", die mit ca. 30°-35° und ein wenig "Auflage" doch die bessere Wahl war - vor allem mit erheblich mehr Halt.

Bis hinunter zum Furtschaglhaus folgten wir unserem Aufstiegsweg. Den unteren Gletscherabschnitt gingen wir diesmal auch am Seil, da aufgrund der sommerlichen Temperaturen alles schon sehr sulzig war und ich im Aufstieg zumindest zwei zu überquerende Schneebrücken erkannte, die nicht mehr ganz vertrauenserweckend waren.

Auf der Hütte gab es zum Abschluss noch goldig-gelben Kaiserschmarrn mit Rosinen und Apfelmus (genau so wie er gehört), bevor wir hinunter zu unseren MTBs gingen und zurück zum Schlegeisspeicher fuhren.


Insgesamt eine doch recht alpine Tour mit Westalpencharakter auf den zweithöchsten Gipfel der Zillertaler Alpen (http://de.wikipedia.org/wiki/Zillertaler_Alpen).
Schwierigkeitsgrad PD+ (http://de.wikipedia.org/wiki/SAC-Berg-_und_-Hochtourenskala)



Gruß. Tom.




Foto 01 : Route im Überblick (gelb: Eis / rot: Fels)
Foto 02 : oberer Firnrücken >> die "flachere" Abstiegsvariante
Foto 03 : Blockgrat im Abstieg