24.09.21: Wettersteingeb.: Via „Eisenzeit“ auf die Zugspitze
 

        



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24.09.21: Wettersteingeb.: Via „Eisenzeit“ auf die Zugspitze

Begonnen von geroldh, 30.09.2021, 11:34

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geroldh

Vor einigen Jahren wurde ich auf einen heute immer noch sehenswerten Beitrag im BR-Fernsehen aufmerksam (Eine neue Route auf die Zugspitze – Wiederentdeckter Steig (BR Juli 2016) / markante (Titel-)Musik als Ausschnitt von Other Lives – For 12) und kurz darauf – ich hatte damals keine weitere Routeninformationen – wurde das vorgestellte Gelände bis zu den (beiden) oberen Tunnelfenstern in Eigenregie ausgiebig erkundet (roBerge-Bericht (Aug. 2016)). Mitunter durch das neue Interesse für diesen Berg wurden im vergangenen Jubiläums-Jahr aus dem Archiv der BZB weitere Historische Fotos "90 Jahre Zahnradbahn" veröffentlicht.

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Große Riffelwandspitze und Zugspitze mit ihren Nordwänden (Riffelwand)

Der zweite, obere Teil, die ,,neue" (Bergführer-)Kletterroute, interessierte mich natürlich ebenso, aber es fand sich damals kein interessierter Mitstreiter – und bald darauf war diese Bergflanke ohnehin eine Baustelle für die neue ,,Mega-Seilbahn".
Zwischenzeitlich gab es einige anregende Veröffentlichungen in Bergzeitschriften, aber auch als Video (z.B. hier von Sept. 2018) und Bericht (z.B. hier von einer Begehung am FR, 4. Sept. 2020 (Webcam-Bild 15:00 Uhr)). Im Vorjahr wieder darüber nachgedacht, hat nun der aktuellste Bericht Zugspitze (2962 m) via "Eisenzeit" von einer Begehung am MO, 6. Sept. 2021 (Webcam-Bild 15:00 Uhr) diesen schlummernden Wunsch neu entflammt.

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Am Tunnelportal HP-Riffelriss – besser ,,Löffel einfahren" als ,,abgeben"...  #osterhase#

Für die Folgewoche wurde stabiles Spätsommer-Wetter vorhergesagt und so begann wieder eine Tourenpartnersuche, denn ,,alleine" (also ungesichert) wollte ich mich dort oben nicht hinein trauen. Mit almrausch fand sich schließlich eine Mitstreiterin, für die eine solche Tour eine neue Herausforderung in ihrem Tourenbuch darstellen sollte, mich aber in diesem Jahr von ihren fortgeschrittenen Kletter-Fähigkeiten (für einen Nachstieg) überzeugt hat. Ich selbst konnte mir anhand des heute verfügbaren guten Topos (Bergführerweg Eisenzeit – Zugspitze) eine gute Vorstellung vom Anspruch der Route machen – und mir auch einen durchgehenden Vorstieg vorstellen. Nun musste ich mir noch ein Bild der verfügbaren ,,Infrastruktur" am Berg verschaffen (Park-Möglichkeiten, Bahn-Fahrpläne/-Kosten) und eine uns ,,passende" (Rund-)Tour ausdenken.

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Blick vom Tunnelbauersteig auf Eibsee und Ammergauer Alpen

Folgende Möglichkeit stand zur Diskussion – und wurde als (realistischer) Plan angenommen:
- frühes Aufstehen um 4:00 Uhr / Abfahrt ca. 4:30 Uhr (mit E-Radl im Kofferraum)
- ca. 6:00 Uhr = (kostengünstig) Parken in Grainau (ca. 770 m)
- ca. 6:30 Uhr (= Dämmerung) via Eibsee-PP (ca. 1000 m)
- ca. 7:00 Uhr = Fahrrad-Depot "Seealm-DH" (ca. 1330 m)
- ca. 7:45 Uhr via HP Riffelriss (ca. 1630 m / Ank. erste mögl. ZR-Bahn 9:00 Uhr)
- ca. 8:15 Uhr = Einstieg "Eisenzeit" (Abzweig ca. 1800 m)
- ca. 5-6 Std. Kraxel- und Kletter-Route "Eisenzeit" (vgl. Topo)
- ca. 15:00 Uhr auf Zugspitze (2962 m) / "Not-Option" Seilbahn (letzte Talfahrt 16:30 Uhr)
- ca. 2 Std. Abstieg "Stopselzieher" (KS A/B)
- ca. 17:00 Uhr Wiener-Neustädter-Hütte (ca. 2200 m)
- ca. 2 Std. Abstieg "Hüttenweg" (T3) und Bergsteig/Piste (T2)
- ca. 19:00 Uhr = Fahrrad-Depot (ca. 1330 m)
- ca. 19:30 Uhr (= Dämmerung) beim Auto in Grainau (ca. 770 m)
- anschl. Abendessen in Grainau / ggfs. Heimfahrt ? => almrausch: Reservierung einfache Ü/F

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War die alte Seilbahn-Gipfelstation noch unscheinbar, so ist es nun ein wuchtiger Glaskasten...

Termine bei almrausch haben nur den FR, 24. Sept. 2021 zur Wahl gelassen, doch wenige Tage vorher hat trotz bereits erfolgter (positiver) Abschätzung der (Schnee-)Bedingungen an der Zugspitze noch ein ,,Grussel- bzw. Schock-Foto" der Bergrettung Ehrwald mit dem Zitat: ,,ACHTUNG: Für alle die meinen sie müssen jetzt auf die Zugspitze gehen. Seid gut gerüstet!" für heftig Verunsicherung ,,im Team" gesorgt.
OK, nun versucht das Foto (Aufnahme unbekannt, ggfs. vom SO, 19. Sept. ?!?) zu analysieren; die Rückmeldung eines Bergführers erhalten, er hätte eine Tourenführung für DI, 21. Sept. wg. Schnee/Vereisung abgesagt (war sowieso noch kein gutes Wetter), auch am MI, 22. Sept. war es noch sch...kalt in allen Höhen; aber dennoch erneut die einschlägigen Webcams auf der Zugspitze über den letzten Monat mit den vorhergesagten Temperatur-Verläufen und Wind-Prognosen im (Profi-)Wetterbericht geprüft – und trotzdem zur Erkenntnis gekommen, dass es allenfalls auf die letzten 100 Hm bis zum Grat-Ausstieg (auf ca. 2680 m) nur etwas(!) Rest-Schnee haben sollte (jedenfalls viel weniger als im hikr-Bericht vom 6. Sept. wenige Wochen zuvor), eine Vereisung sich in Grenzen halten sollte – und die Tour (auftretende Schwierigkeiten müssen durch pers. Reserven abgedeckt werden können) damit (ohne Steigeisen) machbar sein sollte...

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...auch die Seilbahn-Kabine wurde grösser – für noch mehr "Spaß" auf dem Berg

(Fortsetzung folgt)

geroldh

Fast pünktlich von Zuhause weggekommen und doch etwas durch Baustellen ,,ausgebremst" haben wir um 6:15 Uhr in Grainau (ca. 770 m) geparkt (10,- Euro pro Tag). Die Räder ausgepackt sind wir ab 6:30 Uhr in der Morgendämmerung entlang der Zugspitz-Zahnradbahn und am HP-Eibsee vorbei ,,gestrampelt" und weiter auf der breiten Forstautobahn durch den sog. Zugwald hinauf auf ca. 1330 m, dort wo diese etwas unterhalb der Seealm-DH die Skipiste kreuzt. Fahrräder abgestellt – um 7:15 Uhr beleuchtet die Sonne bereits den Zugspitzgipfel. Gleich darauf am kleinen Brunnen, der letzten sicheren Wasserstelle, werden die Flaschen gefüllt und wir folgen einfach der steilen Skipiste hinauf bis zur Abzweigung auf der Landesgrenze. Ab hier halten wir uns konsequent an den alten (historischen) Steig und gelangen gegen 8:00 Uhr an den HP-Riffelriss (ca. 1630 m), an dem das Gleis der Zahnradbahn in den Berg hinein verschwindet. Während ich fotografiere, öffnet sich das Tunneltor, eine erste Versorgungsfahrt von unten macht kurz Halt und lässt zwei ,,Fahrgäste" aussteigen. Es ist aber nicht wie zuerst angenommen ein BF mit seinem Gast, sondern ein Lokführer der BZB, heute privat unterwegs in Richtung der Wiener-Neustädter-Hütte. In einem kurzen Gespräch wird uns noch angedeutet, dass mind. einmal in der Woche dort oben jemand mit dem Heli aus der Wand geholt werden müsse... Hmm, nicht gerade das, was man vor einer unbekannten Tour gerne hören möchte und ich denke mir, dass diese Tage ,,hoffentlich" noch mehr Leute dort unterwegs sein werden...

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Der alte Strommast mit den Strahlern – das ,,diebstahlsichere" Wahrzeichen der ,,Eisenzeit"

Auf dem alten Tunnelbauersteig erreichen wir das kleine Häuschen der Sprengseilbahn (TF 1; 1880 m), machen (diesmal) eine 180*-Kehre und steigen entlang der Geländekante dem sog. Gamseck entgegen. Nun lassen sich auch die Stimmen zuordnen, die wir vorher vage vernommen hatten: Bereits oberhalb der Sprengbahnstütze krabbeln mehr auf allen Vieren eine Dreier-Gruppe mit großen Rucksäcken dem TF 3 entgegen. Ich mache mir meine Gedanken, sie könnten ja tatsächlich die Kl. Riffelwandspitze als (Kletter-)Ziel gewählt haben – oder aber, sie sind, wie ich damals noch ohne Plan, einfach nur zu früh ,,abgebogen"... Wir queren weiter, werden von ihnen bemerkt und bevor wir auf dem Felsband außer Sicht kommen, erkenne ich noch, dass sie nun umgekehrt sind und nun rückwärts auf allen Vieren absteigen – aha... Inzwischen hat unten auch die erste Zahnradbahn am HP-Riffelriss ihre ersten Fahrgäste entlassen, wie vermutet dürften wir heute nicht ganz allein in der Wand sein.

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Blick aus dem ,,Haus in der Wand" – früher Motorraum der Materialseilbahn

Ich kenne dieses Gelände bereits, das auch almrausch mehr als ,,Spazierweg" empfindet, und so kann Gurt und Seil noch im Rucksack verbleiben. Somit ist auch die ,,Harakiri-Leiter" zwar mit etwas Nervenkitzel, aber doch zügig überwunden. Nun erkennen wir unten auf dem ,,Schrottplatz" – die aus dem Film bekannte Seilrolle konnte ich leider nicht mehr finden... – eine Anzahl von ...neun, zehn Personen – uups, doch so viele...
Der alte Strommast mit den Strahlern ist bald erreicht (2250 m; ca. 10:00 Uhr), wir machen einige Fotos, und weiter geht es hinauf zur brüchigen kurzen ,,4-"-Wandstelle. Diese hat einen kleinen Zwischensims und ich lasse – nach einer kurzen Absprache ohne Seil – almrausch zuerst hinaufsteigen, um sie ggfs. bei einem Rückzug von unten zu unterstützen. Mit etwas probieren ist es ihr gut möglich, ich folge ihr unmittelbar hinterher und wir stehen nun in der Nische, die erste ernsthafte Schlüsselstelle ist geschafft und damit macht sich bei ihr (und auch bei mir) Zuversicht für die weitere Route breit. Eine Leiter hinauf, eine weitere hinunter und wir gelangen in die ,,Galerie", die die TF 4 bilden (2350 m; ca. 10:30-11:00 Uhr).

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Historische Seilanker – früher durch einen "Holzdübel" im Felsen verankert

In einem der Löcher mit Aussicht machen wir Pause und legen die Gurte mit dem Klimmbimm an, das Seil wird vorbereitet. In dieser Phase werden wir eingeholt – die anderen haben sich wohl keine Zeit für eine Erkundung zugestanden – und gemeinsam mit einem anderen Zweier- und einem Dreier-Team steigen bzw. kraxeln wir über das erste Band noch seilfrei zum ersten richtigen Standplatz auf. Ab hier, nun mit Seilsicherung weiter, stauen wir uns ein wenig in der nächsten Seillänge, ein BF kann mit seinem weibl. Gast aufschließen. Das Gelände ist nicht sonderlich schwer und so sichern wir uns stellenweise ,,proforma" parallel an den Plätzen.

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Im Durchgang des sog. Tunnelfenster IV – seitlich davon die Felsenfenster nach außen

Nun taucht hinter uns ein einzelner Typ mit aufgebundenem Seil auf dem (großen) Rucksack auf, es ist Einer der vorher verstiegenen Dreier-Gruppe, die anderen Kletterer hatten bereits unten im Anstieg verbalen Kontakt mit ihnen. Ich bin auf unser Seil und die anderen vor uns konzentriert, bekomme aber ansatzweise mit, dass er vom BF nach seinen weiteren Kameraden gefragt wird. Die Antwort lautet in etwa so, dass diese weiter unten zurückgeblieben seien und sich überlegen würden sich ausfliegen zu lassen. Nun wolle er eben allein weiter... Der BF fordert ihn auf umzukehren und sich um seine Kameraden zu kümmern, zuerst könne er sich und weiter unten die anderen abseilen. So recht scheint er sich nicht überzeugen zu lassen, da legt der BF nach und meint es wird später noch schwieriger und er brauche nicht meinen, dass wir oder er selbst ihn zusätzlich mit ins Seil nehmen würde... Dies scheint nun zu wirken, er tritt den Rückzug an... Die anderen klären mich auf, dass diese Jungs aus Saarbrücken, dem Saarland kommen würden... Aha...

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Grandiose Aussicht aus dem Felsen-Fenster – im Zentrum der Daniel

(Fortsetzung folgt)

geroldh

So richtig möchte sich bei mir der ,,Kletter-Flow" (leider) nicht einstellen, nach vorne hin müssen wir warten, bis die weiteren Abschnitte – trotz zügigen Kletterns, aber immer wieder mit etwas ,,Seilsalat" dekoriert – frei geworden sind, nach hinten habe ich etwas das (ungute) Gefühl den BF mit seinem Gast ,,auszubremsen". Es dauert auch nicht lang, da vernehmen wir zusätzlich das Knattern eines Hubschraubers, der sich aus westl. Richtung nähert und die Seilbahn umfliegend vor der Wand orientiert. Ich glaub's ja nicht, haben die ,,Deppen" doch tatsächlich das ,,Flug-Taxi" bestellt. Der rote Hubschrauber wird noch zwei oder drei weitere Male anfliegen und an der Winde einen Bergretter ablassen. Es ist nicht zu erkennen, von welchem Platz aus die Saarländer aus der Wand gepflückt werden, es dürfte aber unterhalb der Tunnelfenster sein, vielleicht ist es gar die Schulter mit dem Strommast – eigentlich kein Gelände, an dem ein ,,geordneter" Rückzug (ggfs. mit Seilunterstützung) ,,unmöglich" wäre. Hier darf man sich schon fragen, mit welcher Naivität da manche Zeitgenossen in den Bergen unterwegs sind. Hintergründiges zu dieser ,,Rettung" ist via Internet/Medien nichts zu erfahren, offenbar zu ,,unbedeutend" bzw. ,,überflüssig" ist dieser Einsatz, der bei den Verursachern selbst hoffentlich entsprechend in Rechnung gestellt wird.

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Die alte neue Route beginnt einfach... - darunter das Betriebsgelände der Zahnradbahn

Nach dem Umbruch des Topos, als wir nun mit aufgenommenem, kurzem Seil die Bänder und die Rampe dem großen Schuttfeld entgegen steigen (ca. 13:00 Uhr), löst sich unser Pulk etwas auf. Die erste Zweier-Gruppe pausiert, die Dreier-Gruppe ist unmittelbar vor der Umgehung des ,,schwarzen Wulst" dabei sich in einer Rinne hinauf zu versteigen, auch wir haben nun einen kleinen Seilverhau, bauen uns sogar noch einen Knoten hinein, und so ist der BF mit seinem Gast nun an der Spitze und steigt über wenig gefrorenen Schnee den letzten steilen Wandabschnitt hoch dem Ausstiegs-Grat entgegen.
Auch so ein ,,Gruppen-Phänomen" (bei Unkonzentriertheit): Kaum ist jemand voraus, hinterfragt man dessen Route nicht mehr, zumal wir jetzt (alle) wartend an einem einzelnen, gebohrten (Zwischen)Haken stehen. Ich steige unmittelbar dem Gast im Vorstieg hinterher, kann diesem zwischendurch etwas Hilfestellung geben, und dann am Standplatz am Grat (2680 m; 14:15-14:45 Uhr) endlich almrausch (auf ebendieser schwierigeren Route gleich unterhalb der Wand) nachsichern. Inzwischen haben beim Warten die anderen wohl die ,,Orientierung" wieder erlangt und steigen wie im Topo dargestellt weiter links/östl. zum Grat auf – die etwas leichtere Routenführung. Ein anderer Einzelgänger hat uns hier am Ausstieg eingeholt und bildet mit dem BF eine erste, zusammenhängende Abseilfahrt hinunter zum Klettersteig. Wir machen noch etwas Pause und bilden zusammen mit dem Seil der Zweier-Gruppe die nächste Abseiltruppe – uns folgt dann die Dreier-Gruppe, die bereits zwei Halbseile mitführen. Später am Gipfel werden wir von ihnen erfahren, dass sie ihre Seile aus Zeitgründen haben hängen lassen ,,müssen", da sich das freie(?) Ende beim Abziehen noch verklemmt habe und sie, statt nochmals hochzusteigen, lieber die letzte Seilbahn erwischen wollen... (Wer später diese Seile mitgenommen haben sollte und sein Gewissen beruhigen möchte, dem kann ich den Kontakt zur Rückgabe gerne herstellen)

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Ein seltener Anblick – das goldene Gipfelkreuz ohne Umklammerung durch "Selfie-Jünger*innen"

Am Höllental-KS angekommen ziehen wir unser Seil ab und reihen uns in die späten Steig-Begeher ein, die hier brav und ,,vorbildlich" von Seilanker zu Seilanker hinaufsteigen. An den einfacheren Passagen können wir ,,Nordwandler" ein Einhängen getrost sparen, aber nach oben hin wird der zusammengetretene Schnee im Steig immer mehr und glatter und so vertraue auch ich zunehmend dem Stahlseil. Von hinten erreichen wir das goldene Gipfelkreuz (2962 m; ca. 16:30 Uhr) und können nun am fortgeschrittenen Nachmittag auch ein paar ,,ruhige" Fotos machen. Dann geht es hinüber auf die große Dachterrasse der (neuen) Seilbahnstation. Hier verräumen wir unsere Kletterausrüstung im Rucksack, essen und trinken etwas – und genießen nun endlich auch die grandiose Aussicht, die diese Tage – wie eine Panoramakarte hinweist – bis zu den Dolomiten (Marmolada) reichen soll (Webcam-Selfie 17:00 Uhr). Mit der letzten Talfahrt, wir haben kein Bedürfnis danach, hat sich die Terrasse zunehmend geleert, dies ist wenigstens ein großer Vorteil, dass wir in der ,,Eisenzeit" nun länger als gedacht verweilt haben (+ 1,5 Std.). Natürlich sind wir erleichtert, dass es mit der Durchsteigung keine Komplikationen gegeben hat (lockere Steine gäbe es noch genug), aber ich habe mich im Felsen (auch bei Schneeauflage) nie unsicher gefühlt, und auch almrausch ist mit sich selbst zufrieden.

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Die Höllentalspitzen mit dem (langen) Jubiläumsgrat – dahinter das Karwendel und die Hohen Tauern (Grossvenediger)

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Blick über das Platt auf den Alpenhauptkamm – dahinter der Gardasee... ;)

So ,,schön" ein weiteres Verweilen hier oben auch sein möchte, jetzt um 17:15 Uhr müssen wir doch an unseren Abstieg denken, der uns zuerst den ziemlich verhunzten SW-Grat hinab führt. Dann teilt sich der Steig auf, wir nehmen die nördl. Richtung in ein größeres, verblocktes und mit Rinnen durchzogenes Becken hinein, in dem doch etwas mehr Schnee als erwartet darin liegt. Ein ,,guter" Steig schaut anders aus: Selten ist eine Spur vorhanden, auch selten ist gewachsener Fels, es ist vielmehr ein loser Steinhang, der nun durch die Spätnachmittagssonne etwas aufweichenden, aber doch rutschigen Schnee zusammengehalten wird. Trotz des desolaten Zustands der Eisenversicherung bildet nun das Stahlseil die richtige Unterstützung, um noch einigermaßen zügig absteigen zu können. Auch hier sind unsere griffigen Handschuhe eine große Hilfe, um am Seil den richtigen Gripp zu haben. Der Schnee wird bald weniger, das fordernde Gelände bleibt. Im Westen sinkt die Sonne immer weiter dem gezackten Horizont entgegen und macht um uns herum ein ungewohnt gelbes Licht. Kurz nach Sonnenuntergang gehen wir an der Wiener-Neustädter-Hütte (ca. 2200 m; ca. 19:15 Uhr) direkt unterhalb der Tiroler Seilbahn gelegen vorbei, die immer noch halbstündlich unterwegs ist, aber ein Pausieren ist nun leider nicht mehr möglich, wollen wir doch in der Dämmerung den alpinen "Hüttensteig" möglichst weit hinab kommen.

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Im Österreichischen Schuttkar – Wo ist die ,,Pause-Taste" für den Sonnenuntergang ?

An der Stelle, an der unser westwärts gerichteter Steig mit der Ausschilderung ,,Eibsee" den langen West-Grat verlässt und scharf nach nord-ost abknickt, hat uns die Dunkelheit eingeholt. Doch kein Grund zur Panik, wir trinken etwas und holen unsere Stirnlampen hervor. Doch die ,,Hirnbirn" von almrausch möchte nicht mehr leuchten, offenbar hatte sie unbemerkt irgendwo in der ,,Eisenzeit" ihre erhellende Phase... Auch die Reservebatterien wollen nicht zur Erleuchtung beitragen... na dann darf hier meine kleine Knopfzellen-Notfallleuchte aus dem Biwaksack ihren wertvollen Dienst anbieten. Zwar hätten wir noch unsere Handy-Funzel, aber bald zeigt sich, dass auch hier im steileren Gelände noch beide Hände zum Abstieg benötigt werden. Eine fauchende Gams oberhalb wirft noch etwas mit Steinen, im steilen Schuttfeld haben die Schuhsohlen ihre Mühe mit der Bodenhaftung, doch dann ist die Waldzone erreicht und der weitere Rückweg zieht sich gefühlt ewig in die Länge. Inzwischen ist auch das Röhren der (österreichischen) Hirsche verstummt (vielleicht gibt's keine mehr auf der bayerischen Wald-Seite?), wir erreichen (endlich) die alte Grenzmarkierung und wissen ab hier nur noch den steilen Abstieg auf der breiten Piste vor uns zu den Fahrrädern, die wir um 21:00 Uhr erreichen. Ab hier rollt es fast nur noch bergab (welch eine Wohltat für die Hax'n), gegen 21:30 Uhr werden die Räder wieder im Auto verladen und wir steuern nun doch froh, nicht mehr heimfahren zu müssen, unsere reservierte Unterkunft an, in der wir neben Bier auch noch etwas zum Essen erhalten.

Zwerch

Glückwunsch zu der schönen Tour euch beiden. Sehr schöner und ausführlicher Bericht mit vielen Informationen. #schoenetour#

Bergautist

Super-Bericht, spannend geschrieben! Vielleicht nicht zum Nachmachen, auf jeden Fall aber zum Träumen!

sundance

Danke für den tollen Bericht. Ich werde die Tour zwar sicher nicht wiederholen, aber es hat sich sehr spannend gelesen!