Seite drucken - Kaserjochspitze (2198m/Karwendel) am 26.10.19

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Das roBerge-Forum => Alle roBerge-Boards => Bergtouren => Thema gestartet von: MANAL am 27.10.2019, 11:10

Titel: Kaserjochspitze (2198m/Karwendel) am 26.10.19
Beitrag von: MANAL am 27.10.2019, 11:10
In der südöstlichsten Ecke des Karwendel zieht ein Bergzug vom Falzthurntal nach Osten. Während der östlichste Punkt, das Stanser Joch durch massive Lawinenschutzbauten verunstaltet ist werden die Gipfel nach Westen immer beeindruckender. Folgen zuerst einige Gipfel die südseitig in Grashängen abfallen, aber steile nordseitige Abstürze besitzen ist der westlichste Punkt die felsige Rappenspitze. War ich vor vielen Jahren bereits vom Falzthurntal auf dieser ist dieses Mal der östliche Nachbar, die eher unscheinbare Kaserjochspitze an der Reihe.

Ausgangspunkt ist der Parkplatz Bärenrast (ca. 1022m). Dieser ist über eine schmale und kurvige  Straße von Schwaz erreichbar. Die Straße ist bis auf den letzten Kilometer asphaltiert und gut befahrbar und wird dann ein teils recht robuster und steiler Schotterweg. Kurz vor dem Parkplatz musste ich an einer steileren Stelle sogar das ESP ausschalten damit die Antischlupfregelung des Autos im losen Schotter mir das Gas nicht wegnimmt. Sowohl die Straße als auch der Parkplatz sind kostenfrei!

Die Tour beginnt dann gleich ungewöhnlich, man startet mit einem Abstieg. Gleich am Parkplatz geht es hinter den Wegweisern "St. Georgenberg" in den herbstlichen Laubwald ins hier steil eingeschnittene Stallental rein. Nach ein paar hundert Meter biegt man nach rechts wieder talauswärts ab und steigt das Tal langsam ab. Der Weg ist überall gut begehbar nur an einer Stelle etwas schmäler und abschüssiger. Gegenüber sieht man bereits das Felsenkloster St. Georgenberg, dort kommen wir noch vorbei, aber es ist noch einige zu gehen. Nach einiger Zeit mündet der Weg von Bauhof ein (wäre eine alternative Abstiegsmöglichkeit von der Bärenrast über die Fahrstraße) und schließlich auf die Fahrstraße nach St. Georgenberg. Nach ca. 2km Wegstrecke erreicht man den wortwörtlichen Tiefpunkt der Tour auf ca. 800 Meter Höhe. Vor uns thront nun hoch oben sehr fotogen St. Georgenberg. Über die Fahrstraße und einer schönen überdachten Holzbrücke geht es wieder hoch zum Kloster (898m).



Im Wiederaufstieg zum Felsenkloster St. Georgenberg. Im Hintergrund die Fiechterspitze im Hochnisslkamm.

Für uns geht es direkt am Kloster vorbei. Wir verlassen den Fußweg zur Kapelle an seiner Serpentine und folgen nun den markierten Pfad. In vielen Serpentinen geht es steil den mit vielen Kiefern licht bewaldeten Rücken nach oben. Südseitig gelegen kommt man gut ins Schwitzen, der Weg ist aber nie schwierig oder ausgesetzt. Erst nach ca. 1 Stunde Aufstieg wird es auf ca. 1300m Höhe flacher und erreicht auf 1491m die kleine Lichtung der verfallenen Plattenalm. Ein schöner Platz zum Rasten. Nach der Plattenalm geht es flacher weiter durch den lichten Wald der durch immer mehr Lärchen goldfarben erleuchtet. Auf ca. 1700m quert man in den oberen flacheren Teil des Seiergrabens ein und erreicht den Latschengürtel. Dieser ist wie erwartet relativ warm aber zum Glück nur von kurzer Dauer. Bei einer kleinere Steilstufe kommt man wieder raus und sieht zum ersten Mal ins einsame Ochsenkar. Man umgeht einen Kessel mit einem fast ausgetrockneten kleinen See und erreicht die Ochsenkaralm (ca. 1900m).



Der schöne herbstliche Lärchenwald kurz vor dem Ochsenkar.

Unser Weiterweg führt uns an dem kleinen Almgebäude vorbei und zur Scharte zwischen Gamskarspitze und Hahnkamp rauf (ca. 2000m). Von hier hat man einen schönen Blick zurück in den Kessel des Ochsenkars mit dem markanten Gipfel des Ochsenkopfs (2148m) dahinter. Wer die Zeit und Kraft hat kann auch den Ochsenkopf mitnehmen (Wegspuren führen von der Ochsenkaralm hoch) und dann einmal den Kessel am Grat umrunden und auch die Gamskarspitze (2098m) ersteigen. An der Scharte öffnet sich nach Westen ein schöner Ausblick auf das Karwendel. Auch sieht man bereits die sanfte Gipfelkuppe unserer Kaserjochspitze neben der felsigen Rappenspitze.



Blick von der Scharte nach Westen. Rechts das felsige Schlössel und der grasige Kopf der Kaserjochspitze, mittig die Rappenspitze direkt daneben im Hintergrund Birkkar- und Kaltwasserkarspitze, links der Hochnissl.


Der Weg führt nun unterhalb von Gamskarspitze, Schlössel und Kaserjochspitze auf fast gleicher Höhe um das Gamskar. Wenige Stellen sind hier durch Erosion leicht abschüssig, problematische Stellen lassen sich gegebenenfalls etwas oberhalb umgehen. Auf der Westseite stößt der Weg von der Naudersalm zu uns und man verlässt den markierten Weg kurz vor dem Kaserjoch (2086m) nach rechts und steigt weglos über die sanften Wiesen- und Schrofenhänge hoch zum höchsten Punkt der Kaserjochspitze (2198m). Nach 3,5 Stunden und 9,2 Wegkilometer erreichen wir den kreuzlosen Gipfel.

Die Aussicht ist sehr anständig. Im Westen unzählige Karwendelgipfel einschließlich der Birkkarspitze und dem von hier sehr markanten Sonnjoch. Im Nordosten tief unten der Achensee und dahinter das Rofan. Im Osten geht der Blick bis zum Hochkönig und über die Kitzbühler Grasberge zu den Hohen Tauern mit Glockner und Venediger. Nach Süden zeigen sich die Zillertaler Alpen bis zum Olperer bis der scharfe Grat vom Hochnissl die weitere Fernsicht verdeckt.



Gipfelblick nach Westen. Zoom auf das von hier markante Sonnjoch. Links davon die Birkkarspitze und die ganze Kette der Laliderer Wände.

Interessant an der Kaserjochspitze ist der sanfte Grashang nach Südwesten der direkt am Gipfel in steile Felswände nach Norden abfällt. Von hier sieht man auch schön in die teils überhängenden Wände auf der Nordseite vom benachbarten Schlössel. Wer es etwas luftiger mag kann auch über die steilen südseitigen Gras- und Schrofenhänge direkt zum Schlössel aufsteigen und dann eine luftige Gratwanderung rüber zur Kaserjochspitze machen. Während der Normalweg im T2-T3 Bereich liegt dürfte das dann eine T4-T5 sein. Manche mögen solches Gelände ja.



Gipfelblick nach Osten. Markant die steilen Nordabbrüche und die sanften Grashänge nach Süden. Der Zahn in der Mitte ist das Schlössel.


Während auf der benachbarten und nur etwas höheren Rappenspitze ziemlicher Betrieb ist haben wir auf der Kaserjochspitze völlige Ruhe. Vertrocknete Kuhfladen zeugen davon, dass man im Sommer hier wohl nicht ganz so einsam ist. Diese Tour also besser erst auf die Zeit nach dem Almabtrieb legen.

Nach der schönen Gipfelpause geht es wieder über den Westhang runter zum markierten Weg und dann runter zu den teils verfallenen Almgebäude der Naudersalm (1869m) im gleichnamigen Kar. Es folgt ein letzter Aufstieg auf einem guten Weg durch einen felsigen Riegel zum Rizuelhals (ca. 1930m). Ab hier geht es über die gut begehbare Nauderer Stiege runter ins Stallental. Man taucht wieder in den mit vielen goldenen Lärchen geschmückten Bergherbst unterhalb des Rauhen Knölls ein und genießt noch die letzten Sonnenstrahlen bevor man den am Nachmittag schon schattigen Talgrund erreicht. Die letzten paar Kilometer zum Parkplatz geht es dann auf bequemen Weg wieder raus. Zuerst über die weiten Almflächen im Stallental und dann auf dem guten Weg hoch oben über der Schlucht des Stallenbachs. Für den Abstieg haben wir 2h15min benötigt.

Fazit: Lange und abwechslungsreiche Runde durch eine recht einsame Ecke des Karwendels. Einzig im Stallental ist einiges los da hier auch die Wanderer hoch zur bekannten Lamsenjochhütte anzutreffen sind. Wem die Runde nicht reicht kann noch diverse Gipfel vom Ochsenkopf bis zur Rappenspitze mitnehmen und sowohl Tourlänge, -schwierigkeit und Höhenmeter weiter ausbauen.

Die Runde wie wir sie gegangen sind sind allerdings schon gesamt 1500 Höhenmeter und 18 Wegkilometer.