Hochzeiger (2560m/Ötztaler Alpen) am 17.11.18

Begonnen von MANAL, 18.11.2018, 12:16

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MANAL

Der Herbst zieht sich weiterhin in die Länge und bietet nach wie vor schönstes Wetter mit Fernsicht. Einzig die Tage werden kürzer und kühler. Gleichzeitig eignet sich der November immer gut für Touren auf Seilbahnberge, da viele Bahnen vor der Skisaison in der Revision sind. Wir wollten nochmal ins Hochgebirge und haben uns nach etwas Überlegen für den Hochzeiger (2560m) am Eingang zum Pitztal in den Ötztaler Alpen entschieden. Die Seilbahn für das dortige Skigebiet ist bis Ende November außer Betrieb und der Auf- und Abstieg größtenteils in südwestlicher Exposition, wodurch man bei dem angekündigtem Nordostwind in einigermaßen warmen und sonnigen Hängen unterwegs ist. Viele Informationen zum Hochzeiger finden sich im Netz nicht, meistens handelt es sich hier um Touren mit Seilbahnunterstützung. Allerdings zeigen die Karten gute Wege an. Daher eine etwas ausführlichere Beschreibung der Runde.

Wir entscheiden uns für einen Aufstieg von der Talstation der Seilbahn (1468m) über den westlichen Rücken des Hochzeigers über den Zollberg (2225m). Der Abstieg soll uns am Ostgrat noch bis zum Großsee (2416m) weiterführen. Anschließend südseitig durch das Riegtal bis zum Zollkreuz zurück und über einfache Wege durch das Skigebiet zum Ausgangspunkt.

Wegen der kurzen Tage war Frühaufstehen angesagt, die Anfahrt ist lang und wir wollen nicht in die Dunkelheit geraten. Eine neblige Anfahrt bis ins Pitztal wo es bei der Auffahrt nach Jerzens aufreißt und einen herrlichen Tag verspricht.  Parken an der Talstation der Hochzeigerbahn ist kein Problem, ein riesiger völliger leerer Parkplatz steht uns kostenfrei zur Verfügung. Im Skigebiet selbst herrscht ein höllischer Lärm durch den verzweifelten Kampf der Skiindustrie mit Schneekanonen den Klimawandel zu bekämpfen... #nichtzufassen#

Wichtige Information: Die hier angegebenen Zeitangaben beziehen sich auf unsere Gehzeiten. Wir rennen die Berge nicht hoch, gehen aber recht konstant durch. Weniger Geübte sollten auf jedem Fall Reserven einplanen!

Bei einige Minusgrade ziehen wir los, gehen an der Seilbahnstation vorbei und biegen direkt dahinter auf einem Weg ein. Ein Schild mit Angabe "Zollberg 2h" zeigt uns, dass wir richtig sind. Wir verlassen gleich den Feldweg und steigen links auf einem Pfad den Hang hoch und durch einen Wald bis zu einem Forstweg auf. Dort ein Sperre und die Hinweise "Achtung Baustelle" und "Achtung Seilbahn". Da kein Mensch da ist und nicht gearbeitet wird gehen wir weiter. Der Forstweg wird gerade zur Autobahn ausgebaut und Holzarbeiten finden hier wohl auch statt. Aber zum Glück nicht am Samstagmorgen. Auf dem Forstweg geht es nur ganz schwach ansteigend schattig und frostig im Wald nach Süden. Einige hundert Meter später zweigt bei etlichen Wegweisern ein weiterer Forstweg nach links dem Hang hoch ab, wir bleiben allerdings, dem Schild "Zollberg" folgend, auf dem bisherigen Weg der hier nach unten geht. Der Höhenverlust ist nur gering, bereits ca. 100m später geht es wieder linkshaltend bei einer Abzweigung nach oben (Wegweiser). Ab hier kann man sich eigentlich nicht mehr verlaufen. Es geht auf dem Forstweg ca. 600m nach Süden bis man am Westrücken vom Zollberg und Hochzeiger ankommt. Dort geht es in Serpentinen bis auf ca. 1740m bequem auf der Forststraße im Wald nach oben. Hier zweigt nun ein Pfad (Wegweiser) links steil den Hang hoch. Diesem Weg folgen wir nun bis zum Gipfel des Zollbergs. Auf ca. 1880m kommen wir an einer Tafel "Ebni 2000m" vorbei, wo man ein paar Meter nach rechts zu einem schönen Aussichtspunkt hoch über dem Pitztal kommt. Der Weg schlägelt sich durch einen schönen Wald und immer wieder zwischen kleineren Felsen nach oben bis es auf ca. 2000m flacher wird und über einige schöne Lichtung geht (vermutlich die vorher erwähnte und auf der Karte verzeichnete "Ebni"). Anschließend steigt der Weg wieder an und es geht durch einen immer lichter werdenden Kiefern- und Zirbenwald zur flachen Kuppe des Zollberg (2225m). Bis hierhin haben wir 1 3/4 Stunden benötigt.

Vom Zollberg hat man nun einen schöne Blick. Im Norden hinter dem langgezogenen Venet die Lechtaler Alpen, im Westen der Hohe Riffler im Verwall, nach Süden der Blick in das tiefeingeschnittene Pitztal. Im Osten der Hochzeiger und dahinter die Zacken des Wildgrats. Im Nordosten geht der Blick über die flachen Hänge des Skigebiets zwischen Sechszeiger und Hochzeiger. War der bisherige Aufstieg in einsamer und wunderschöner Natur, schallt nun wieder der Lärm der Schneekanonen entgegen.


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Ausblick vom Zollberg auf dem Weiterweg zum Hochzeiger. Dahinter die Gipfel um den Wildgrat.


Nach einer kurzen Pause geht es weiter zum Hochzeiger. Zuerst ein kleiner Abstieg zur Scharte beim Zollkreuz wo wir das Skigebiet in der Nähe einer Liftanlage betreten. Die Wegführung ist nun nicht mehr eindeutig und es gibt wohl diverse Möglichkeiten zum Hochzeiger aufzusteigen. Ein kurzes Stück geht es für uns über die breit planierte Skipiste zum Hochzeiger bevor wir links im Hang einen nicht markierten Pfad entdecken über dem wir aufsteigen. Die Piste wird gequert und es geht in eine kleinen Einschnitt wieder auf einem markierten Pfad in Serpentinen nach oben. In dieser Rinne hat man auch wieder Ruhe vor den Schneekanonen, einzig Masten und Seile einer Lawinensprenganlage zeigen noch das wir uns im Skigebiet befinden. Auf diesem Weg geht es bis kurz unter dem Gipfelaufbau wo man bei einem Wegweiser auf den Hauptweg vom Skigebiet stößt. Nordseitig geht es nun die letzten Meter steil und jetzt auch teilweise etwas eisig zum Grat rauf, dann wieder in der warmen Sonne die letzten paar Meter hoch zum riesigen Gipfelkreuz des Hochzeigers (2560m).
Ab dem Zollberg benötigten wir nochmal 1 Stunde, gesamt also 2 3/4 Stunden Aufstiegszeit für die ca. 1100 Höhenmeter (inkl. Gegenanstiege).

Gegenüber des Zollbergs hat man nun auch noch einen Ausblick nach Nordosten bis zur Zugspitze und zu den Gletschern am Ende des Pitztals. Die angekündigten Nordostwinde sind zum Glück nur recht schwach und wenn man sich auf die Südseite hockt hat man es angenehm warm und bekommt kaum mehr die nervigen Schneekanonen mit.

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Aussicht vom Gipfel nach Nordwesten. Rechts das Skigebiet rüber zum Sechszeigergipfel, links der Zollberg über dem wir aufgestiegen sind. Links der Mitte der langgezogene Venet, ganz rechts der Tschirgant bei Imst. In der rechten Hälfte im Hintergrund die Lechtaler Alpen, links außen das Verwall mit dem Hohen Riffler.

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Der Weiterweg führt über diesen Grat und zieht nach dem übernächstem Gratkopf in die südseitige Flanke ins Riegtal runter. Rechts das Pitztal mit seinen Gletschern am Ende. Der höchste Gipfel in der Mitte ist der Wildgrat.


Nach der Gipfelpause geht es weiter. Wir steigen nicht den gleichen Weg ab, sondern überschreiten den Hochzeiger und folgen dem Wegweiser "Groaßsee, Gemeindekopf, Wildgrat". Der schwarzmarkierte Weg (Trittsicherheit und Schwindelfreiheit auf jedem Fall erforderlich!) führt gleich leicht südseitig am Grat nach Osten weiter. Während es nordseitig schattig und eisig ist geht es südseitig völlig trocken auf dem gut begehbaren Pfad in die steilen Grashänge rein. Nach der ersten Kuppe die sogar noch ein paar Meter höher als der Hochzeigergipfel ist zieht der Weg die Hänge abwärts. Teilweise etwas schmal und leicht luftig, sowie über einzelne Felsstufen geht es tiefer und tiefer ins einsame Riegtal rein. In einem flacheren Kar zweigt schließlich der Weg ca. 200 Höhenmeter ab dem Gipfel in den direktem Weg vom Zollkreuz zum Wildgrat/Gemeindekopf ein. Wir folgen diesem und steigen einem kleinem Felsriegen wieder rauf bevor wir auf 2416m in einem ruhigen Kar den fast zugefrorenen Großsee/Groaßsee erreichen. 45 Minuten ab dem Hochzeiger.

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Der wunderschöne Großsee/Groaßsee

Eine wunderschöne völlig einsame Landschaft. Hinten geht es steil und im Schatten bereits verscheit die Hänge zu den Zacken des Wildgrats hoch. Dieses südwestseitige Kar ist fast windstill und die Sonne wärmt uns.
Wir genießen diesen schönen Pausenplatz und einer der Bergkameraden lässt es sich nicht nehmen und nimmt ein SEHR erfrischendes Bad in der noch offenen Stelle des Sees.

Schließlich heißt es Abschied nehmen, die Tage sind zu kurz für längeres Verweilen. Wir gehen die ersten Meter auf dem gleichen Weg zurück, anschließend geht es auf dem direktem Weg zum Zollkreuz zurück. Der Weg quert leicht absteigend die sanften Grashänge unter den steilen felsdurchsetzten Hänge des Hochzeigers. Wie auf einem wunderschönen Höhenweg geht es in der tiefstehenden Sonne dahin. Wir gelangen an eine Abzweigung wo man entweder auf dem rot-markierten Normalweg oder dem schwarz-markiertem Goaßsteig (auf Kompasskarten "Oberer Goaßsteig") weitergehen kann. Wir entscheiden uns für die schwierigere Variante die gleich steil und drahtseilgesichert nach oben zieht. Weiter geht es auf recht schmalen Pfad die steilen Grashänge querend und immer wieder gesichert durch Felsriegel nach oben. Hier benötigt man definitiv Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Der Normalweg zeigt sich einige Meter tiefer in deutlich sanfterem Gelände. Recht bald kommen beide Wege wieder zusammen und es geht deutlich einfacher die letzten Meter zur Scharte beim Zollkreuz wo wir unseren Aufstiegsweg kreuzen (ca. 1 Stunde ab Großsee).

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Der Goaßsteig quert die steilen Grashänge zurück zum Zollkreuz.


Vom Zollkreuz dann der einfache Abstieg über das Skigebiet. Zuerst zur Mittelstation der Hochzeigerbahn und dann vorbei am Hochzeigerhaus. Ab hier führt der "Bärensteig" überraschend schön (man bekommt gar nicht mit, dass man direkt neben dem Skigebiet ist) durch den Wald nach unten zum Ausgangpunkt (1 Stunde ab Zollkreuz).

Fazit:
Überraschend schöne und sehr abwechslungsreiche Runde die deutlich mehr geboten hat als ich gedacht hätte. Es empfiehlt sich auf die Seilbahnpausen der Hochzeigerbahn zu achten, dann hat man Ruhe. Wir haben bis auf ein paar Arbeiter im Skigebiet keinen Menschen getroffen. Mit Seilbahn ist hier sicher deutlich mehr los, man kann sich aber einige Höhenmeter sparen.
Wären die Temperaturen etwas höher gewesen wären sicher auch die lauten Schneekanonen nicht im Betrieb gewesen.
Der Aufstieg über Ebni und dem Zollberg ist sehr schön, ebenfalls der schwierigere Abstieg vom Gipfel ins Riegtal und zurück zum Zollkreuz. Der etwas anspruchsvollere Goaßsteig (dem man umgehen kann) war nochmal das Salz in der Suppe, der idyllische zugefrorene Großsee ein Highlight dieses Bergjahres.