Gerold hat es ja schon erwähnt dass ich mit ihm und einen weiteren Freund die Hackenkopfüberschreitung angegangen ist.
Da ich ordentlich Respekt vor der Tour hatte (und nach wie vor habe) hat es mich gefreut dass er mir vor einigen Monaten angeboten hatte mich auf der Überschreitung zu begleiten. Vergangenes Wochenende war es soweit und die Tour hat sich ergeben.
Vorab muss erwähnt werden dass ich selber kein großer Freund ausgesetzter Passagen und schwierigeren Kletterpassagen bin. Bisher waren die Ackerlspitze, der Hochkalter, Wörner oder die (weitgehend versicherte Watzmannüberschreitung) das Maximum was ich mir zugetraut habe. Alles Touren im schweren T4-Bereich mit Kletterstellen bis II und luftigen Stellen. Bei der Hackenkopfüberschreitung schwanken die Bewertungen zwischen T4 und T5 mit zwei Stellen II, davon der Schlüsselstelle gleich am Anfang. Eindeutig war es nicht was mich erwarten würde.
Der Aufstieg zum Schaffauer erfolgte über die Steiner-Hochalm und dem Normal weg zum Gipfel. Alles in allem ein schöner Weg mit leichten und teilweise gesicherten Kraxeleinlagen. Alles Bereiche die ich als Genussbergsteigen empfinde. Das kurioseste war kurz vor der Steiner-Hochalm ein "deutscher Wegpolizist" der uns drei vorgeworfen hat den Boden zu zerstören und Dreck zurückzulassen weil wir den verblichenen Markierungen des alten Wanderwegs zur Steiner-Hochalm gefolgt sind statt fünf Meter daneben bei ihm auf der Almautobahn zu laufen. Dass der Weg über eine Kuhweide geht die sowieso permanent von Rindviehern zusammengetreten wird hat er vermutlich nicht verstanden...
Zumindest hat er für Spaß (auf unserer Seite) gesorgt.

Aufstieg: ca. 1200 Höhenmeter / 4,3km / 2h 15min
Am Gipfel mit recht neuem Kreuz wuselt es ordentlich, verständlich bei diesem schönen Wetter und der weiteren Aufstiegsmöglichkeit über den Widauersteig von Norden. Wir machen Pause und genießen die schöne Aussicht. Zwar nicht mehr das klare Wetter wie unter der Woche, aber trotzdem sehr schön. Auch bestand keinerlei Gewittergefahr für die nächsten Stunden auf dem Grat.
Nach ausreichend Pause geht's dann los an den zweiten Abschnitt den man bereits vom Scheffauergipfel komplett bis zum Sonneck übersehen kann. Ein paar Bergsteiger waren direkt vor uns unterwegs und wir konnten sie am ersten Hackenkopfgipfel noch sehen.
Vom Sattel wo der Normalweg und der Widauersteig zusammenkommen geht es auf Steigspuren über den ersten Wiesengupf. Dahinter dann runter in die Scharte und gleich zur Schlüsselstelle der Überschreitung. Eine kaum ausgesetzte Felsrinne mit einer IIer-Stelle über wenige Meter. Griffe sind ausreichend vorhanden und etwas Kraft schafft man es auch ohne Klettertechnik da hoch (links oben ist ein super Griff für die linke Hand

). Die dort angebrachte Bandschlinge gibt für den nicht so kletteraffinen Bergsteiger zusätzlich Sicherheit, ist aber nicht wirklich notwendig. Der weitere Aufstieg zum ersten Hackenkopfgipfel ist nicht mehr sonderlich schwer. Allerdings sollte man wirklich bei jedem Schritt aufpassen wo man hinsteigt, rechts und links geht es ordentlich steil über Schrofen abwärts, ein Fehltritt kann der letzte sein.
Der "Gratspaziergang" (zumindest für Gerold, ich war da nicht so entspannt) geht nun einige Zeit dahin bis man zum nächsten Hackenkopf kommt. Dort geht es definitiv nicht mehr am Grat weiter. Der "Weg" (immerhin finden sich immer wieder ausgeblichene rote Punkte und diverse Stoamandl) zieht an dieser Stelle in die steilen südseitigen Schrofenhänge. Man quert unterhalb einer recht gewagt aufragenden Felsnase zu einem kurzem steilen Kamin die wohl eine weitere der IIer-Stellen sein müsste. Allerdings kann man sich innerhalb des Kamins recht einfach nach oben stemmen (ein Klettertechniker schaut vermutlich da mit Grauen weg, weiß nicht wie Gerold das ertragen hat

) über den folgenden steilen Schrofenhang kommt man wieder zum Grat hoch und steigt über diesem zum nächsten Gipfel rauf.
Es folgt nun wieder das für die Hackeköpfe übliche Gratgelände über das man munter "weiterspaziert" (bei mir immer noch eher verkrampft). Auch die nächsten Zwischengipfel lassen sich ohne große Überraschungen überschreiten, hier ist das Gelände teilweise auch deutlich zahmer als am Anfang.
Auf einem der Gipfel, dürfte der höchste der Hackenköpfe gewesen sein, machen wir dann auch unsere wohlverdiente Gipfelpause und genießen den schönen Tag. Zwar etwas diesiger und überall bauen sich die Wolkentürme auf, trotzdem noch ein wunderbarer Bergtag.
Irgendwann geht es wieder weiter, wir haben ja noch einiges an Weg vor uns. Von unserem "Pausen-Hackenkopf" geht es nun steiler in die nächste Scharte runter zum nächsten Kopf. War das Gelände zwischenzeitlich leichter wird es hier nochmal deutlich steiler und luftiger, klettertechnisch aber keine größeren Hindernisse.
Nach dieser anspruchsvolleren Passage erreicht man den letzten "echten" Hackenkopf (hier findet sich zum ersten mal eine rot-weiße Wegmarkierung) bevor der Grat langsam breiter, immer grasiger wird und in den sanften Grasrücken des Wiesberg übergeht.
Die Schwierigkeiten und die Ausgesetztheit gehen jetzt praktisch auf Null zurück. Nun heißt es den sinnvollsten Weg durch das Karstlabyrinth des westlichen Teils des Wiesbergs zu finden. Es geht permanent rauf und runter und wir schwitzen hier oben bei Windstille ziemlich vor uns hin. Zudem geht es nun auch beständig nach oben bis der Rücken schmäler wird und in einem Wiesengrat bei der Kopfkraxen endet.
Von der Kopfkraxen geht es nun an einem Seil gesichert luftig und steil teilweise nordseitig in die Scharte zum Sonneck runter und weiter über einen schmalen Grat zum Sonneck rüber. Dort geht es nun die letzten Höhenmeter zum Gipfel des Sonneck rauf. Ich war selber ziemlich ausgelaugt, die vielen Höhenmeter und die längere Passage bei der volle Konzentration angesagt war kosteten ziemlich Kraft.
Insgesamt sind es 4 Kilometer vom Schaffauer zum Sonneck, 2 Kilometer davon sind die anspruchsvolle Hackenkopfüberschreitung (wir haben dafür ca. 2 Stunden benötigt). Die weiteren 2 Kilometer sind der recht einfache Aufstieg vom tiefsten Punkt des Wiesberg bis zum Gipfel des Sonneck (1 Stunde).
Vom Sonneck bieten sich nun schöne Einblicke in die Felswände vom Ellmauer Halt und vom Treffauer und ein schöner Rückblick über unseren Aufstiegsweg. Immer wieder erstaunlich dass man vergleichsweise einfach die Hackenköpfe überschreiten kann.
Der Abstieg vom Sonneck erfolgt nun über den Normalweg auf der Südseite des Wiesberg. Zuerst zurück zur Kopfkraxen und dann noch ein Stück am Wiesengrat zurück bis eine Markierung in die steilen südseitigen Grashänge zeigt. Dort heißt es konzentriert abzusteigen. Es ist zwar alles deutlich weniger anspruchsvoll als das bisherige am Tag aber es liegt genügend lockeres Geröll rum. Ca. 300 Höhenmeter geht es so runter bis man den Rücken des Sonnenstein erreicht der sich nun nord- wie südseitig umgehen lässt, zudem kann man hier zu den Wegscheid-Almen absteigen.
Wir wählen den südseitigen Abstieg und erreichen schließlich die Kaiser-Hochalm bei der zum ersten Mal seit der Steiner-Hochalm beim Aufstieg wieder eine Möglichkeit zum Wassernachfüllen besteht.
Wir verpassen irgendwo den Abzweig zur Steiner-Niederalm und landen stattdessen bei der Kaiser-Niederalm, finden dort aber einen schönen Weiterweg durch Wald und Almwiesen runter zur Hinterschießlingalm. Dort entdecken wir dann eine weitere neue Wegvariante über die kleine Rehbachklamm wo man viel Aufwand einen Weg errichtet hat. Man kann unterwegs sogar einen alten engen und nassen Bergwerksstollen besichtigen. Der Weg endet schließlich an einem kostenfreien(!!!) Parkplatz an der Straße zwischen Stein und Schießling.
Für uns ging es noch die letzten Meter auf der Straße zurück zum Auto. Nach 14,5 km, 1500 Höhenmeter und 9,5 Stunden (inkl. Pausen) waren wir recht erschöpft wieder zurück. Während ich froh war den Sonntag zum ausruhen und erholen zu nutzen habe ich über die Fitness von Gerold gestaunt der stattdessen den Scheffauer einen weiteren Besuch abgestattet hat... Respekt.
Fazit:
Die Hackenkopfüberschreitung ist eine anstrengende und anspruchsvolle Gratüberschreitung vom Scheffauer zum Sonneck. Auch wenn es sich um eine schwierige Tour handelt ist es erstaunlich dass die Hackenköpfe von jedem erfahrenen Bergsteiger überschritten werden können. Es müssen mehrere Stellen (jeweils nur wenige Meter) im II. Schwierigkeitsgrad bewältigt werden. Geht man vom Scheffauer zum Sonneck hat man die schwierigen Stellen jeweils im Aufstieg. Die schwierigsten Stellen sind kaum ausgesetzt. Jedoch gibt es ausreichend Passagen wo man direkt auf dem schmalen Schrofengrat geht. Es handelt sich dabei um technisch unschwieriges Gehgelände, allerdings geht es auf beiden Seiten über sehr steile Schrofenhänge abwärts. Ein Fehltritt ist fast immer verboten.
Die Wegführung ist bis auf wenige Stellen immer sehr eindeutig zumal man bis auf wenige Ausnahmen immer am Grat ist. Wer sich umschaut findet auch ausreichend Stoamandl und kann auch diverse ausgeblichene rote Punkte erkennen. Allerdings sollte man immer zweimal hinschauen, es gibt auch diverse rötliche Kleckse die sich bei genauerem Hinschauen als Flechte enttarnen

.
Nach Betrachtung der Definition der Schwierigkeitsgrade der SAC-Skala (
https://de.wikipedia.org/wiki/SAC-Wanderskala) würde ich der Hackenkopfüberschreitung eine T5, II geben. "Oft weglos. Einzelne einfache Kletterstellen. Exponiert, anspruchsvolles Gelände, steile Schrofen. " trifft genau auf den schwierigen Teil der Überschreitung zu.
Was von den Skalen nicht erfasst wird und aus meiner Sicht bei Tourenbeschreibungen zu kurz kommt ist die psychische Beanspruchung. Ich musste mich die zwei Gratkilometer durchgehend ziemlich konzentrieren um mich gut zu fühlen und hab deshalb an solchen Passagen nur wenig Spaß. Es war gut, es mal gemacht zu haben, etwas mehr Übung und Erfahrung in solch einem Gelände hilft bei der zukünftigen Bewältigung schwerer Passagen auf anderen Touren ungemein. Aber ich werde wohl nie der leidenschaftliche T5- und T6-Liebhaber werden die es z.B. Hikr.org ausreichend gibt. Für mich ist eine Bergtour ein Weg um Ruhe und Entspannung zu finden vom Arbeitsalltag in dem ich genügend Konzentration benötige. In der Freizeit bevorzuge ich daher lieber Touren wo nicht jeder Schritt der letzte sein kann.
Was für diese Tour auch wichtig ist, ausreichend Flüssigkeit mitnehmen. Zwischen Steiner- und Kaiser-Hochalm gibt es KEIN Wasser und südseitig kann es v.a. beim Aufstieg ordentlich warm werden!!! Ich hatte ca. 3,5 Liter dabei und es hat gerade so gereicht.
Fotos:
- Blick vom Scheffauer auf die Überschreitung
- Aufstieg zum ersten Hackenkopf mit der Schlüsselstelle (etwas links der Mitte bei dem kleinen Felszahn mit einer schattigen Rinne links davon)
- Relativ luftiger "Gratspaziergang" nach dem ersten Hackenkopf (es geht bis zum nächsten massiveren Felsturm immer am Grat entlang)
- Die nächste anspruchsvolle Stelle. Hier geht es nicht mehr am Grat weiter, man quert in die steile Südflanke und steigt hinter der im Foto schlecht einsehbaren Felsnase in einer steilen Schrofenrinne zum Gipfel rauf.
- Die markante Felsnase, rechts geht es den steilen Schrofenhang hoch.