Ackerlspitze

Begonnen von Dietrich, 15.06.2003, 18:15

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Dietrich

Hallo zusammen,

die Erwähnung des Nordanstiegs auf die Ackerlspitze auf www.roberge.de hat mich dazu animiert, ihn selber zu probieren. Vor Jahren bin ich schon mal auf der Südseite am Übergang vom Schneefeld in die erste Kletterpassage umgedreht (etwa Juli/August), weil dort direkt unter der Kletterroute eine regelrechte "Randkluft" mit mindestens 10 m Tiefe sich gebildet hatte und bei diesen Umständen hatte ich mich damals einfach nicht getraut.
Am Samstag, 14.06.2003, bin ich von der Griesenau zur Fritz-Pflaum-Hütte (etwa 1 std. 50 min) und von dort in südöstlicher Richtung hinüber zum Beginn des Anstiegs zur Ackerlspitze gegangen. Dort trifft man auf etwa gleicher Höhe wie die Fritz-Pflaum-Hütte (1866 m) den ersten Schnee. Über dieses Schneefeld muß man etwa 60 - 80 Höhenmeter bis zum Einstieg in die Felsen überwinden. Dies ist zur Zeit die einzige tendenziell heikle Passage, da das Schneefeld bis in den Vormittag recht hart bleibt und nach meiner Schätzung schon an die 30° Neigung erreicht. Hier waren meine Grödeln hilfreich.
Alternative: noch vor dem Schneefeld nach links zu den Ausläufern des Felsabbruchs queren und dort zunächst vielleicht 10m gerade hinauf und dann schräg nach rechts oben weiter klettern, bis man wieder auf die roten Markierungen trifft. Nach meiner Schätzung dürften die ersten Meter dieses Abbruchs aufgrund ihres leicht plattigen Charakters schon den II. Grad UIAA erreichen, danach aber gleich wieder leichter. So hatte es ein Tiroler gemacht, der mir weiter oben entgegenkam und das Rätsel löste, warum ich seine Spuren im Schnee nicht gesehen hatte.
Danach herrschen für den gesamten Rest der Route vollkommen sommerliche Bedingungen, d.h. man trifft bis zum Gipfel nirgends mehr auf Schnee. Der restliche Weg zieht sich nach anfänglichen etwa 50 Klettermetern dann im Schrofengelände mit einigen Serpentinen (im Grunde Gehgelände) bis zum Gipfelaufbau, von wo noch gute 200 Höhenmeter Kletterei bleiben. Diese sind durchweg einfach, der Fels ist so gut wie gar nicht abgespeckt und man kann dieses Stück wirklich genießen, man findet praktisch überall solide Griffe und Tritte. Vor allem wenn noch andere Bergsteiger unterwegs sein sollten, muß absolut peinlich darauf geachtet werden, auch nicht das kleinste Steinchen abzulassen, da bei dem vielen Geröll, das immer wieder auf den Felsen hier herumliegt, und der Steilheit des Geländes fast immer ein ausgewachsener Steinschlag daraus entsteht!
Des weiteren sollten immer die nächsten (leider schon recht verblaßten) Markierungen gesucht werden, da hier überwiegend Felsgelände und somit kein erkennbarer Weg mehr existiert: ein Verhauer führt hier schon nach wenigen Metern in deutlich höhere Kletterschwierigkeiten; es ist hilfreich, sich die Routenführung gleich für den Abstieg einzuprägen, da auch von oben gesehen die Markierungen nicht besser zu erkennen sind.
Der gesamte Weg von der Fritz-Pflaum-Hütte zum Gipfel kann in 2 Stunden zurückgelegt werden. Mit der Einschränkung des noch vorhandenen Schneefelds im Kar sind die Bedingungen dieser Route amsonsten hervorragend und man hat eine wirklich leichte Kletterei vor sich, die einfach Spaß macht.

Dietrich

Andy

An der "Randkluft" beim südseitigen Anstieg zur Ackerlspitze bin ich vor Jahren auch schon mal gescheitert. Besonders blöd war: Beim Umdrehen ist meine Begleiterin auf dem steinharten Schneefeld abgestürzt und musste mit dem Hubschrauber ausgeflogen werden. Bei einem südseitigen Anstieg in der Höhe hatte ich nicht mit einem Schneefeld gerechnet und keine Grödel dabei. Seitdem sind sie immer im Rucksack, so viel wiegen sie ja auch nicht.

Bettina

Hallo Dietrich, da hätten wir uns doch eigentlich auf der Ackerlspitze treffen müssen! Ich war ebenfalls am Samstag dort, allerdings mit Aufstieg von der Südseite.
Auch dieses Jahr gibt es (noch) das Schneefeld, das morgens noch ziemlich hart und unschön zum Gehen war (ich war ebenfalls ohne Grödeln unterwegs). Die Randkluft zum Fels war unangenehm, aber passierbar. Die anschließende Kletterei recht interessant.
Der Vorteil am Südanstieg ist, dass man einen "Rundweg" über die Maukspitze machen kann und dann einen etwas angenehmeren und weniger ausgesetzten Abstieg hat. Alles in allem eine lange, anstrengende, aber lohnende Tour

Reinhard

Ergänzend zum Nordanstieg auf die Ackerlspitze will ich noch hinzufügen, dass hier äußerste Vorsicht geboten ist. Erst letztes Jahr kam eine routinierte junge Bergsteigerin aus Rosenheim ums Leben, als sich ein Felsblock löste, auf dem sie standm und sie mit in die Tiefe riss.

Dietrich

Mittlerweile ist im Zustieg das Schneefeld ganz verschwunden; jetzt dürfte es wohl weniger gefährlich, aber dafür umso mühseliger sein.

MANAL

Auch wenn das Thema sehr alt ist passt diese aktuelle Meldung ganz gut dazu. Man muss sich wirklich wundern mit welcher Naivität manche an Touren rangehen. Klettersteigset und falsches Schuhwerk an der Ackerlspitze zeugt von ziemlich Dummheit. Nach etwas Recherche im Internet sollte man eigentlich rausfinden dass die Ackerlspitze ernsthaftes alpines Gelände ist und ein Klettersteigset ziemlich für die Tonne ist. Wie man auf solch eine Tourplanung kommen kann entschließt sich mir nicht. #gruebeln#

https://tirol.orf.at/stories/3011492/

ZitatDie fünf Männer und Frauen zwischen 21 und 25 Jahre hatten eine siebentägige Wanderung im Wilder Kaiser geplant. Bereits am zweiten Tour-Tag musste die Alpenvereinsgruppe ihre Pläne verwerfen. Sie brach vom Stripsenjochhaus in Richtung Ackerlhütte auf der Südseite des Wilden Kaisers auf und wanderte nach einer längeren Rast auf einem Wandersteig in Richtung Ackerlspitze (2300 m) weiter. Rund 100 Meter unterhalb des Gipfels waren mehrere Gruppenmitglieder nicht mehr in der Lage weiter zu gehen bzw. zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Wegen Erschöpfung, der schweren Rücksäcke und des ,,psychischen Drucks", abstürzen zu können, setzten sie laut Polizei um halb vier einen Notruf ab.

...

Die Gruppe war zwar jeweils mit einem kompletten Klettersteigset ausgerüstet, konnte dieses jedoch mangels Versicherung auf der Ackerlspitze nicht verwenden. Eine Bergsteigerin war zudem mit falschem Schuhwerk unterwegs.

schneerose

Da die ja länger unterwegs sein wollten, war das Klettersteigset ja vllt. für einen anderen Tag gedacht (Gamssängersteig/Ellmauer Halt z. B.).
Ändert allerdings auch nichts daran, daß die definitiv überfordert waren und die Tourenplanung zu optimistisch.

kare

ich schätze das kommt gar nicht so selten vor;
hab mal an der Wasseralm ein paar Burschen getroffen, die gerade ihre KS-Sets vorbereitet hatten. Auf meine Frage wohin, kam dann: Teufelshorn, wo wir gerade herkamen.
Die Burschen sind dann mit erheblich weniger Gewicht los.

mh

Erstaunlich finde ich ja auch, dass die Ackerlspitze ja offenbar das "Ersatzprogramm" war:
ZitatBereits am zweiten Tour-Tag musste die Alpenvereinsgruppe ihre Pläne verwerfen.
Was um alles in der Welt hatten die denn ursprünglich vor?
Es mag ja Gegenden geben, wo es schwierig ist, solide Informationen zu bekommen. Aber von der Ackerlspitze gibt es wirklich dermaßen viele Berichte und Bilder im Netz, dass man sich schon fragt, wie da eine derart falsche Vorstellung entstehen kann? Wobei vielleicht auch die realistische Selbsteinschätzung ein Problem ist, das gibt's ja auch immer wieder (Stichwort "kann ja nicht so schwer sein").
Das von Kare beschriebene Phänomen habe ich in letzter Zeit komischerweise auch öfter erlebt: Da wird stolz berichtet, der Aufstieg wäre überhaupt kein Problem, man hätte ja ein KS-Set dabei. Die Frage, wo sie dieses denn einzuhängen gedenken, löst dann meist ziemliches Erstaunen aus. Ich krieg das nicht in den Kopf: man geht los und kauft sich so ein Teil und hat das grundlegende Prinzip nicht verstanden oder wie?  #gruebel#