Allalinhorn (4027m) und Strahlhorn (4197m) am 24. - 27.07.2013
 

Allalinhorn (4027m) und Strahlhorn (4197m) am 24. - 27.07.2013

Begonnen von Bernhard G., 02.08.2013, 00:42

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Bernhard G.

Ich war mit ein Gruppe vom Alpenverein Donauwörth bei traumhaften Bedingungen in den Westalpen unterwegs. Die Verbindung hat sich vor Jahren über einen dort ansässigen Freund und Arbeitskollegen ergeben.

Vorne weg möchte ich unserem Tourenleiter Arno ein großes Lob aussprechen. Er hat die Tour perfekt geplant, organisiert und geführt. Nie habe ich mich wie am Gängelband eines Bergführers gefühlt und dennoch hat Arno für die notwendige Sicherheit gesorgt! Herzliche Dank,Arno!

Da meine Kamera gestreikt hat, sind die Photos nicht von mir, sondern wurden mir von den Kollegen zur Verfügung gestellt. Auch dafür herzlichen Dank,

Nun zum Tourenbericht:

Zu Beginn der Tour hieß es erst mal Sitzfleisch beweisen. Sieben Stunden Autofahrt waren die erste Herausforderung unserer Bergfahrt. Es ging bei strahlendem Sonnenschein vorbei an malerischen Seen und über berühmte Pässe durch eine Bilderbuchlandschaft Richtung Saas Fee. Der Ort selber ist autofrei, die Zufahrtsstraße endet in einem großen Parkhaus (Bild 01).

Da es bereits früher Nachmittag war, haben wir uns ohne große Umschweife marschfertig gemacht und sind strammen Schrittes und schwer bepackt durch Saas Fee Richtung Britanniahütte geschritten (Bild 02). Seltsame Vergnügungen gibt es da! Ich hatte mich auf ein mondänes Feriendorf eingestellt, aber diese Ecke wirkte auf mich eher wie ein großer Rummelplatz. Den Urlauberen gefällt es offensichtlich.

Am Ortsende erreicht man die Talstation der Felskinnbahn. Angesichts der tonnenschweren Rucksäcke war die Versuchung groß, den Hüttenaufstieg entscheidend zu verkürzen, aber entschiedenen uns für den ehrlichen Aufstieg. Im unteren Bereich führt der Weg zunächst durch schöne, lichte Bergwälder, um dann in ca. 2500m Höhe in die trostlose Mondlandschaft des Skigebiets "Maste 4" zu münden (Bild 03). Hier sieht man Naturzestörung pur!

Diesen Teil wollten wir so schnell wie möglich hinter uns bringen und stiegen zum Egginerjoch auf. Von dort ist es nur noch ein Katzensprung zur Britanniahütte (3030m), die für die nächsten vier Tage unser trautes Heim sein sollte (Bild 04).

Zum Schluß legten wir noch einen ordentliche Sprint hin, um rechtzeitig zum Abendessen anzukommen. Geschwind eingecheckt, die Rucksäcke ins Lager gebracht und schon saßen wir zu Tisch. Das Essen war wirklich gut, aber die Gefahr einen Kalorienüberversogung bestand nicht.

Ein paar Worte zur Hütte: sauber und freundliches Personal, eigentlich richtig zum Wohlfühlen, wäre da nicht die Sache mit dem Wasser gewesen. Das gab es nur aus einem einzigen Hahn in homöopathischen Dosen. Mehr als Zähneputzen und Gesicht befeuchten war nicht drin. Also hieß das Programm für die nächten vier Tage "Stinken wie neuen Affen!"

Daß man in der Schweiz mindestens so gut organisiert ist, wie in Deutschland, bewies ein Schild mit den Frühstückszeiten:

  • Allalinhorn über Hohlaubgrat: 4 Uhr
  • Stahlhorn/Rimpfischorn: 3 Uhr
Man muß nur sein Tourenziel angeben und dann wird man von der Wachhabenden rechtzeitig geweckt. Super Sache!

Am Abend hielten wir noch eine kleine Tourenbesprechung für den kommenden Tag ab und mit dem Sonnenuntergang ging es ab in die Falle.

Fortsetzung folgt.


Bernhard G.

Für den ersten Tag stand das Allalinhorn auf dem Programm. Es gilt als der leichteste 4000er, wenn man es über den Normalweg besteigt. Und da die Metroalpin-Bahn bis aufs Mittelallalin in 3600m reicht, ist es entsprechend gut besucht. Unser Anstieg sollte aber abseits der Massen über den Hohlaubgrat führen und nicht zuletzt dank einer Kletterpassage etwas anspruchsvoller und interessanter sein. Von einem Bergführer auf der Hütte hatten wir bereits erfahren, daß derzeit ausgezeichnete Bedingungen herschten und die hohe Schneeauflage einen ungewöhnlich bequemen Aufstieg ermöglicht.

Nach eine mehr oder weniger ruhigen Nacht - für die einen mehr, für die anderen weniger, ich sag jetzt mal nicht, welcher Fraktion ich angehörte, wurden wir von der Wachhabenden freundlich geweckt. Schnell in die Kleider gestiegen und dann hieß es Essen fassen. Das Frühstücksbuffet war für eine Hütte jeseits der 3000m angemessen: es gab Marmelade, Brot, Tee und Kaffee sowie Müsli. Da ich mit einem robusten Schnellstartmagen gesegnet bin, hab ich gleich mal den halben Tagesbedarf an Kalorien eingeladen.

Und dann ging es schon raus in die Kühle des Morgens. Da die  Britanniahütte auf einem Grat über dem Gletscherbecken tront ging es  zunächst im Schein der Stirnlampen ca. 100 Hm auf einen steilen Pfad  zum Hohlaubgletscher hinab. Dort trafen wir auf eine alte Spur, die  uns den Weg wies. Dank klaren Himmels hatte es trotz der seit Tagen herrschenden Hitzewelle  gut durchgefrohren, was den Anstieg über den schneebedeckten Gletscher erheblich erleichterte. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, ließ aber bereits die umliegenden Berge in erstem Licht erscheinen (Bild 05).

Die Gletscherzunge war rasch überquert und alsbald betraten wir den Hohlaubgrat (Bild 06). Dieser präsentierte sich nur stellenweise felsig (Bild 07), die üppige Schneeauflage des vergangenen Winters war großteils noch vorhanden. Angesichts der Gipfelaussichten hat der Bernhard natürlich gut lachen (Bild 08).

Über guten  Trittfirn stapfen wir über Gelände wechselnder Steilheit bergan (Bild 09). Als typische Ostalpenbergsteiger ließen wir natürlich die Steigeisen im Rucksack und legten diese erst im oberen Hälfte des Anstiegs an, als es gar nicht anders mehr ging. Mit uns gestartete Schweizer sind praktisch die ganze Tour mit Steigeisen gegangen - Kulturunterschiede der besonderen Art.


Bernhard G.

Insgesamt war der Anstieg dank der optimalen Bedingungen wenig herausfordernd (ok, ich übe ja im Winter ausgiebig die Begehung von Firn- und Schneeflanken), lediglich die unzureichende Höhenaklimatisation ließen einem die Schritte ungewöhnlich schwer fallen. Zum Schluß wurde es dann doch noch etwas steiler (Bild 10).

Kurz unterhalb des Gipfels erreicht man dann die Schlüsselstelle der Tour: einen ca. 40m hohen Felsriegel, der mit UIAA-II bewertet und mit Haken und Eisenstangen zur Sicherung versehen ist (Bild 11). Unser Tourenleiter Arno entschied sich aus Sicherheitsgründen hier ein Fixseil zu legen. Sowas ist natürlich angenehm, auf meinen Solotouren muß ich solche Passagen immer ungesichtert gehen.

Da der Übergang zum Fels recht heikel war und wir nicht wußten, wie es nach dem Felsriegel weiterging, haben wir die Steigeisen angelassen. In dem festen Urgestein ging das Klettern mit Steigeisen ganz gut (Bild 12).

Nach der Überwindingung des Felsriegels steht man auf dem Gipfelgrat zum Allalinhorn und aus ist es mit der Bergeinsamkeit! Hier herrschte reges Treiben wie am Stachus (Bild 13). Die Bergführer schleppen über den Normalweg eine Seilschaft nach der anderen den Normalweg hoch.

Zum Abschlagen am Gipfelkreuz mußte man anstehen, was wir auch brav getan haben (Bild 14). Ein französicher Bergfrührer, der gerade mit seiner Gruppe hoch kam, hat uns rabiat beiseite geschoben und sich vorgedrängt. Instantan schoß mir durch den Kopf, was man mit einem Pickel sonst noch so alles machen kann, aber ich begnügte mich mit der Erkenntnis, daß es auch auf 4000m Proleten gibt.

Vom Gipfel hat man eine wunderbare Aussicht auf die umliegenden 4000er und auch das Matterhorn war zum Greifen nah, hüllte sich aber in Wolken. Sehr schön war das Monte-Rosa-Massiv und die Margheritahütte auf der Signalkuppe zu erkennen - da war ich schon mal mit den Ski oben.


Bernhard G.

Den Abstieg vollzogen wir auf der ausgetreten Autobahn der Normalroute zum Mittelallalin (Bild 15). Blos gut, daß wir da nicht hoch sind. Abgesehen davon, daß es ein paar aufgehenen Spalten gab, war das so anspruchsvoll und spannend wie eine Winterwanderung auf die Hochries.  

Da wir bereits am frühen Nachmittag wieder auf der Hütte waren, hatten wir genug Zeit die Erlebnisse des Tages revü passieren zu lassen und uns geistig auf den tagsdarauf anstehenden Anstieg zum Strahlhorn vorzubereiten.

Angesichts der unchristlichen Weckzeit sind wir noch vor Sonnenuntergang in die Falle gestiegen, in Erwartung einer mehr oder weniger ruhigen und erhohlsamen Nacht.

Fortsetzung folgt.

Bernhard G.

Heute sollte es auf des Strahlhorn gehen. Aber wie üblich nicht über den Normalweg via Adlerpaß - den behielten wir uns für den Abstieg vor - sondern entlang des Grats am Fluchthorn vorbei. Eine alte, vom der Hütte ais sichtbare Trittspur bestärkte uns im Gluaben an die Machbarkeit unseres Vorhabens. Etwas unsicher waren wir uns noch hinsichtlich der Schwierigkeiten am felsigen Gripfelaufbau, doch auch da setzten wir auf das Prinzip Optimismus.

Bild 16 zeigt das Strahlhorn, der kleine Huckel links im Blid ist das Fluchthorn, im Winter ein beliebter Skitourenberg. Unser geplanter Weg sollte am Horizont entlang führen.

Nach einer kurzen, aber für mich erhohlsamen Nacht wurden wir kurz vor 3 Uhr von der Wachhabenden mit sanfter Stimme geweckt. Die übliche Prozedur, den Schlaf aus den Augen reiben, in die Kleider steigen und Frühstück einfahren, ging diesmal fast schon wie geschmiert und so  standen wir um halb vier abmarschbereit vor der Hütte. Auf dem Gletscher war bereits das Lichterspiel der Stirnlampen einiger vor uns gestarteter Seilschaften zu erkennen, doch die schienen alle den Normalweg eizuschlagen (Bild 17).

Angesichts der Länge des Anstiegs nahem wir vom Start weg die Beine in die Hand und querten strammen Schritts im Schein der Stirnlampen den Allalingletscher. Mit dem heraufziehenden Tag verlangsamten wir jedoch unser Tempo, da die Anstrengungen des Vortags nicht an allen Teilnehmern spurlos vorbeigegangen waren. Und so ging es gemütlich in zwei Seilschaften Richtung Fluchthpaß (Bild 18).

Das Gelände blieb über weite Strecken mäßig steil und erlaubte einen problemlosen Anstieg (Bild 19). Lediglich der zum Gipfelaufbau führende Schlußhang steilte deutlich auf (Bild 20). Doch dank des guten Trittfirn gestaltete sich der Anstieg gut machbar.

Bernhard G.

Deutlich anspruchsvoller und vorallem länger als erwartet erwies sich dann der Gipfelgrat (Bild 21). Zwei Fixseile mußten verlegt werden, um den gefahrlosen Übergang zum Gipfel zu ermöglichen. Da hieß es alles Material der Teilnehmer einsammeln, jede Bandschlinge und jeder Karabiner wurden gebraucht.

Diese unerwartete Verzögerung hatte auch sein Gutes: der Gipfel gehörte uns alleine. Die Normalwegbersteiger waren bereits im Abstieg, als wir unseren Gipfelsiegf eiern durften. Belohnt wurden wir mit traumhaften Blicken auf die umliegenden 4000ern, wie dem beeindruckenden Monte-Rosa-Massiv (Bild 22).

Den Abstieg vollzogen wir auf dem Normalweg (Bild 23). Angesichts der idealen Bedingungen gestaltete er sich angenehm unschwierig, doch einige tückische Spalten erfordeten Vorsicht. Genau am Alderpaß gab es eine größere Spalte mit recht zweifelhater Schneebrücke - aber sie hielt!

Der Rückweg war lang, doch aus der Gleichförmigkeit des Gehens wurden immer wieder vom Donnern zahlreicher Steinlabinen aus den sonnenbeschienenen Felswänden der Rimpfisch- und Allalinhorns aufgeweckt.

Es war eine tolle Tour und dennoch waren wir alle froh, als wir gegen 17 Uhr endlich die Hütte erreicht hatten. Der Rest des Tagesprogramms ist ja bereits vom Vortag bekannt: Abendessen, den Tag revü passieren lassen, schlafen gehen.

Doch halt, dazwischen gab es noch das große Wer-hatte-was-bestellt-Rätsel zu lösen. Sämtlicher, von der Gruppe georderter Speiß und Trak war auf einer einzigen Liste notiert worden. Das war eine beeindruckend lange Strichliste! Doch auch diese Herausforderung haben wir gemeistert!

Und dann ging es ab in die Falle, aber diesmal ohne Wecktermin.

Fortsetzung folgt.

   

Bernhard G.

Nach einer diesmal etwas längeren Nacht stand heute ein alpinistisch wenig spekatkuläres Programm auf der Tagesordnung: Talabstieg und Heimreise. Und doch hielt der Tag eine Überraschung für uns bereit. Allerdings nicht so, wie wir es uns erwartet hatten.

Am Frühstückstisch sitzend kam Johannes aufgeregt von Schuhraum rauf und teilte uns mit, daß seine Schuhe weg seien. Es wäre nur ein gleich aussehendes Paar deutlich kleinerer Größe da. Das Schuhmodell von Johannes (Scarpa Triolet) scheint extrem beliebt zu sein, allein in unserer Gruppe gab es zwei weitere Träger dieser Schuhe.

Da war natürlich guter Rat erst mal teuer - ohne Bergschuhe auf einer von Gletschern umgebenen Hütte eine prekäre Lage. Die Hüttenwirtin meinte, das komme öfters vor und  daß die Leute dann mit den fremden Schuhen weitergehen und auf  der Hütte die Adresse hinterlassen, damit man im Nachgang postalisch einen Schuhtausch durchführen könne. Doch Johannes sah keine Chance mit den viel zu kleinen Schuhen den Talabstieg durchzustehen.

Nach einigen Verwirrungen fand plötzlich ein weiterer Teilnehmer seine Schuhe nicht mehr, ebenfalls gleichaussehende Scarpa Triolet, die nach seiner Aussage heute morgen aber noch an ihrem Platz standen. So langsam glaubten wir an Hexerei. Ich war froh, schon in meinen Schuhen zu stehen.

Doch das war nicht das Ende der Geschichte: plötzlich kamen beide Scara-Träger mit ihren Schuhen an den Füßen aus dem Keller. Alle Schuhe waren wieder aufgetaucht. So wirklich konnten wir das Rätsel nicht lösen: hatten sich die beiden gegenseitig die Schuhe vertauscht - diese Verdächtigung wurde brüsk zurückgewiesen, oder was wahrscheinlicher erschien: der eigentliche Übeltäter hatte inzwischen seinen Irrtum bemerkt und war zur Hütte zurückgekehrt und hatte die Schuhe ausgetauscht.

Wie dem auch sei, glücklich und zufrieden konnten wir nun den Abstieg in Angriff nehmen. Da wir das Skigebiet "Maste 4" noch in trauriger Erinnerung hatten, umrundeten wir den Egginer diesmal auf seiner Ostseite - landschaftlich die erheblich schönerer Variante (Bild 25).

Zum Schluß noch der Beweis, daß man den deutschen Ordnungssinn noch toppen kann. So sehen in der Schweiz die Steinmandl aus. Vorbildlich! (Bild 26).

So, das wars!

 

MichiRO