Klettersteigsets & Rückrufe
 

        

Klettersteigsets & Rückrufe

Begonnen von Reinhard, 07.08.2012, 12:14

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Reinhard

Gurt riss - Deutscher starb auf Klettersteig

In Walchsee ist Sonntagvormittag ein 17-jähriger Deutscher tödlich verunglückt. Der Bursche stürzte, sein Klettersteigset hielt dem Sturz nicht stand und riss. Ein Gutachter soll nun klären, warum die Ausrüstung versagt hat.

Sonntagvormittag stieg der 17-Jährige mit einem 32-jährigen befreundeten Mann ebenfalls aus Deutschland in den ,,Diretissima"-Klettersteig bei der Ottenalm in Walchsee ein. Der Klettersteig ist laut Polizei als ,,schwer" eingestuft und gekennzeichnet. Beide Männer hatten kaum Erfahrung mit anspruchsvollen Kletterrouten, hieß es in der Mitteilung der Polizei.

mehr:
http://tirol.orf.at/news/stories/2544372/

korsikafan

wie auf dem Bericht von ORF Tirol zu lesen war,wurde die Kletterausrüstung ausgeliehen,das ist problematisch,wer weiss schon ob nicht vorher die Ausrüstung einer Sturzbelastung ausgesetzt war. Seil und Klettergurt sollten eigentlich nach einem Sturz nicht mehr verwendet werden.
Gruß,
Korsikafan

roskin

Das mit dem Seil (genauer gesagt der Seilbremse beim Klettersteigset) versteh' ich (wäre bei meinem Klettersteigset auch nicht mögl. weil dann die Kunstoffumrandung eingerissen wäre - also es wäre deutlich zu sehen), aber mit dem Gurt versteh ich nicht. Ich hab' mich mit meinem Kletter(steig)gurt schon desöfteren abgeseilt.

Vllt. kommt ja durch die Untersuchung heraus welches Modell und was genau schuld war...

sachranger

schon ziemlich krass. hier im rheinland haben die großen radiostationen vermeldeten, das "ein sicherungsseil" gerissen sei. da bin ich davon ausgegangen, dass damit eines der stahlseile gemeint war. hatte auch keine hinweise, dass der unfallort so nah ist.

ich hab auch ein gebrauchtes kletterset gekauft  :o ... dann grübelt man schon bei solchen meldungen. und meist häng ich mich nur mit einen karabiner ein, hab mir da bisher noch nie gedanken gemacht. geh aber auch nur die leichteren steige ...

natürlich muss die ausrüstung halten. aber wen nach 100 meter die kräfte verlassen, der hat auch bei der gesamteinschätzung was falsch gemacht. armer kerl.

sachranger

korsikafan

Hallo Roskin,
abseilen mit dem Klettergurt ist ja völlig normal,aber der Fangstoß nach einem Sturz,das ist das eigentliche Problem.
Servus
Korsikafan

MANAL

Zitat von: korsikafan am 07.08.2012, 17:46
Hallo Roskin,
abseilen mit dem Klettergurt ist ja völlig normal,aber der Fangstoß nach einem Sturz,das ist das eigentliche Problem.
Servus
Korsikafan

Trotzdem hält ein intaktes Klettersteigset Stürze mit drei Meter wie in diesem Fall aus. Dafür werden die ja ausgelegt und haben auch noch zusätzliche Sicherheitsfaktoren. Gefährlicher wird es häufig für die Karabiner wenn die über eine Halterung rübergebogen werden. Aber auch da sollten die eigentlich ausreichen Sicherheitsfaktoren besitzen. Wäre natürlich böse wenn das geliehene Set defekt gewesen wäre.

Trotz allen sollte jeder nur Klettersteige gehen die er auch wirklich beherrscht. Ansonsten ist es sinnvoll schwächere Geher über ein Seil zusätzlich zu sichern. Allerdings sollte man sich dann die Frage stellen ob man nicht lieber mit was leichterem anfangen sollte.

Bernhard G.

Es gab schon einige versagende Klettersteigsets und etliche Rückrufe von Herstellern. Das Set eines Arbeitskollegen war erst vor kurzem davon betroffen. Klettersteigsets sind wegen der hohen Kräfte, die bei einem Sturz auftreten, ein recht kritischer Ausrüstungsgegenstand. Und da es immer wieder Sturzsituationen gibt, die der Hersteller nicht vorgesehen hat, wird das den DAV Sicherheitskreis auch in Zukunft noch beschäftigen.

ZitatTrotz allen sollte jeder nur Klettersteige gehen die er auch wirklich beherrscht. Ansonsten ist es sinnvoll schwächere Geher über ein Seil zusätzlich zu sichern. Allerdings sollte man sich dann die Frage stellen ob man nicht lieber mit was leichterem anfangen sollte.

Sehr richtig! Einen Sturz sollte man in einem Klettersteig niemals einplanen. Selbst wenn das Set hält, kann man sich schwerste Verletzungen zuziehen. Es kann sich jeder ausmalen, wie das ist, wenn man über irgendwelche Stahlstifte rattert oder gegen die Felswand donnert.

Tom

Servus Leute,

ich möchte anhand der wenigen vorliegenden Infos nicht voreilig darauf schließen, ob der Fehler bei Material oder Mensch lag ... aber meistens kommt beides zusammen!

ZitatBeide Männer hatten kaum Erfahrung mit anspruchsvollen Kletterrouten

Zitatrissen beide Schlauchbänder des verwendeten Klettersteig-Sets

Ob das Klettersteig-Set ausgeliehen war oder nicht, spielt m.E. eigentlich keine Rolle. Jedes aktuellere im Handel erhältliche Klettersteig-Set mit Seilbremse sollte bei richtiger Handhabung einen Sturz zumindest halten, auch wenn es schwerere Verletzungen nicht verhindern kann.

Es lag also entweder ein Bedienfehler des Bergsteigers vor oder das Klettersteig-Set war aus ein paar Bandschlingen/Schlauchbändern und Karabinern selbst gebastelt, was man ja auch desöfteren mal sieht. Viele glauben immer, dass es reicht, wenn man "irgendwie" mit "irgendwas" am Stahlseil eingehängt ist ... dem ist aber nicht so!

Diesbezüglich zwei Fundstellen im WWW, man kann sich dann ja selbst mal Gedanken drüber machen:

http://www.alpin.de/basic/news/a7a857ae-6f86-4dad-8719-a5678bc67d93?view=clean

http://www.youtube.com/watch?v=jOzhOs9SAws&feature=player_embedded


Mein persönliches Fazit:

Einen Sturz in jedem Fall vermeiden und sich gerade bei so kraftigen Steigen nicht überschätzen und es lieber sein lassen!


Nichtsdestotrotz mal wieder ein tragischer Unfall.

Mein Beileid an die Hinterbliebenen - vor allem den Eltern des Jungen.


Gruß. Tom.


Nachtrag:

Neuere Infos unter: http://www.tt.com/Tirol/5217854-2/ermittlung-nach-t%C3%B6dlichem-sturz-am-klettersteig.csp

ZitatPeter Veider, Geschäftsführer der Tiroler Bergrettung:
"Nach unserem Wissensstand hat sich der Schockabsorber, der sich beim Sturz öffnen sollte, nicht geöffnet. Dann ist das Schlauchband, die Verbindung zum Karabiner, gerissen".

ehemaliges Mitglied

Edelrid ruft vorsorglich Klettersteigsets vom Markt zurück. Eine Reaktion auf Untersuchungen im Zuge des Ottenalm Unfalls.
http://www.edelrid.de/recall/

Martl

Puuuuhhh  :o
Ich besitzte von dieser Firma (gottseidank) keinerlei Ausrüstung!
Aber das gleicht ja fast einer "Bankrotterklärung"  >:(
Traurig, die ganze Geschichte. Auch wenn sich die zwei Klettersteiggeher wohl total überschätzt haben, sollte man sich doch auf's Sicherungsmaterial verlassen können dürfen?! Jedenfalls, wenn es laufend überprüft wird.

Gruß
Martl

Stoamandl

Is doch wurscht von welcher Firma du ein Set besitzt, siehe letztes Jahr:
http://www.bergsteigen.at/de/bericht.aspx?ID=14205

Bernhard G.

Das kannst Du schlecht am Hersteller festmachen. Rückrufe und Unfälle gab es bei jedem Hersteller. Ein Bekannter (Hochtourenführer) langt kein Eis- und Kletterzeug von Salewa an, weil es da seiner Meinung nach zu viele Rückrufe gab. Er hat mich schief angeschaut, als ich mit meinem Salewa Eispickel dahergekommen bin.

Viel bedenklicher finde ich den Kauf aus dubiosen Quellen, z.B. supergünstig bei ebay . Hier ist nicht garantiert, daß es sich um Orginalware handelt. Eine gefälschte Urelefanthose ist vielleicht ärgerlich, gar nicht lustig wird es bei Sicherheitsausrüstung. Da inzwischen viele Hersteller in Asien fertigen lassen, kann das Zeug z.B. aus einer Charge stammen, die die Qualitätstests nicht bestanden hat.

Maximax

Seid Ihr sicher, daß die Rückrufaktion mit diesem Unfall zusammenhängt? Bereits ca. 2 Wochen   v o r   dem tödlichen Unfall war am Einstieg vom Diretissimasteig ein Zettel mit einer Rückrufaktion von Edelrid-Klettersteigsets angebracht.

Edelrid

Leider müssen wir von EDELRID, wie bereits hier im Forum geposted, unsere Klettersteigsets Cable Lite, Cable Lite 2.0, Cable Comfort, Cable Comfort 2.0, Cable Kit 4.0, Brenta Comfort und Cable Kit Xtra-Light Schuster vorsorglich zurückrufen.

Der Grund für den Rückruf ergab sich aus den Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Unfall an der Ottenalm vom 05.08.2012. Im Zuge der Ursachforschung haben wir festgestellt, dass es bei den elastischen Karabinerästen nach starkem Gebrauch und starker Abnutzung dazu kommen kann, dass die Festigkeit der in den Ästen verwendeten Bänder beeinträchtigt wird.
Der Unfall passierte mit einem Cable Lite (Verleihset) aus dem Jahr 2011. Wir sind dabei intern und mit externen Sachverständigen die tatsächliche Unfallursache zu ermitteln. Die genaue Ursache ist noch nicht geklärt. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir nur sagen, dass beide Karabineräste während eines Sturzes im Klettersteig gerissen sind.

Wir rufen die anderen oben genannten Sets vorsorglich zurück, da bei diesen eine ähnliche Bandkonstruktion verwendet wird und wir bei der Sicherheit unserer Kunden keine Kompromisse machen.

Uns ist bewusst welche Auswirkungen dieser Rückruf hat und wir entschuldigen uns an dieser Stelle bei allen Kunden!! Wir arbeiten mit allen Kräften daran, den Rückruf bestmöglich abzuwickeln und die eingeschickten Sets so schnell wie möglich zurück zu schicken!

Uns hat die ganze Sache tief erschüttert! Sobald zur Unfallursache genaue Ergebnisse vorliegen, werden diese veröffentlicht.
Weitere Informationen finden Sie unter www.edelrid.de/recall

Reinhard

Nach Edelrid ruft nun auch die Firma AustriAlpin zwei Klettersteigsets zurück:
Colt und Hydra (Artikel Nr. AS90C, AS93C)

Ursache: Im Zuge von Langzeit-Belastungstests wurde festgestellt, dass die elastischen Karabinerarme bei starkem Gebrauch vereinzelt die Normanforderungen nicht mehr erfüllen.

AustriAlpin rät dringend von weiterem Gebrauch der vom Rückruf betroffenen Klettersteigsets ab und bittet um Rücksendung an Austrialpin. Die Firma wird jedes Set einer sicherheitstechnischen Überprüfung unterziehen, die Karabinerarme austauschen und so schnell wie möglich zurücksenden.

Info:
http://www.austrialpin.at/Produkte/news/Ruckruf-Klettersteig.aspx

Brixentaler

Ein weiterer Unfall bei der Ottenalm, jetzt im Bergkameraden Steig:

Kletterer stürzt ungesichert in die Tiefe

In Walchsee ist am Donnerstagnachmittag ein 44-jähriger Mann von einem Klettersteig 50 Meter in die Tiefe gestürzt. Der Sportler dürfte nicht gesichert gewesen sein und trug keinen Helm, so die Polizei.
...


Quelle bzw. mehr Infos: http://tirol.orf.at/news/stories/2547050/

Der ist ganz ohne Ausrüstung eingestiegen...

#gruebel#

Martl

Zitat

... nicht gesichert ... keinen Helm ...

Quelle bzw. mehr Infos: http://tirol.orf.at/news/stories/2547050/

:o man glaubt es nicht  ???

MANAL

Zitat von: Martl am 25.08.2012, 17:18
:o man glaubt es nicht  ???

Lauter Wahnsinnige, aber der ist wirklich selber schuld. Nachdem mich aber mal am Leogang Süd in dem E-Quergang in dem es sich grad gestaut hat einer ohne Set ÜBERholt hat (selber habe ich mich über Expressen gesichert) wundert mich gar nix mehr.

Bernhard G.

Zitat von: MANAL am 25.08.2012, 21:01
Nachdem mich aber mal am Leogang Süd in dem E-Quergang in dem es sich grad gestaut hat einer ohne Set ÜBERholt hat
Dazu fällt mir eine ca. 30 Jahre alte Geschichte ein: der Jugendgruppenleiter beim DAV hat mal erzählt, daß er vom Messner in den Dolomiten auf einer Route im 6. Grad überholt wurde. Während er und sein Seilpartner mächtig gekämpft haben, ist der Messner ganz locker ohne Sicherung da hochgelaufen. Es gibt halt Könner und leider auch solche, die sich nur dafür halten. Letztere sind zahlreicher.

Lochgrub

Zu dem tödlichen Unfall mit dem Edelrid-Klettersteigset Cable Light (ich besitze ebenfalls ein solches Set :-[ ) würde  mich von Seiten den Herstellers noch interessieren, ob der Bandfalldämpfer aufgerissen wurde beim Sturz. Sollte der NICHT aufgerissen sein, würde das ja eigentlich bedeuten, dass die beiden Schlauchbänder nicht mal mehr 10 kn Belastung ausgehalten haben, denn der Bandfalldämpfer sollte eigentlich zwischen 6 und 8 kn spätestens ansprechen bzw. aufreißen. Dass sich die Festigkeitswerte von Schlauchbandmaterial (Neuwerte dürften ja so bekannterweise bei 22kn liegen) so drastisch reduzieren könnten, wäre tragisch. Vielleicht hat man sich aber in der Vergangenheit auch trügerisch in Sicherheit gewogen (erst durch einen dramatischen Unfall wie diesen werden Festigeitswerte nach Gebrauch überprüft, wäre nichts passiert, würden alle bedenkenlos sich in Sicherheit wiegend mit diesen (oder ähnlichen) KLettersteigsets weiterklettern).