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Skitouren



Realspitze (3039m), Zilltertaler Alpen am 19.05.2012

Begonnen von Bernhard G., 19.05.2012, 22:51

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Bernhard G.

Auf meiner heutigen Tour bin ich mir vorgekommen, als hätten wir in den letzten Tagen mehrere Zeitsprünge gehabt. Am Donnerstag war Hochwinterstimmung und eine der besten Pulverabfahrten des Jahres und heute hatte  ich nur zwei Tage später klassische (Spät-)Frühjahrsverhältnisse.

Auf meinem Programm stand die Realspitze, die als ein skifahrerisches Highlight unter den vielen schönen Zillertaler Skitouren  darstellt - meint jedenfalls der Skitourenprofessor R. Weiß in seinem Führer. Die Tour startet man entweder in Madseit oder in Hintertux. Da ich in Madseit keine vernünftige Parkmöglichkeit ausmachen konnte, startete ich in Hintertux. Dort war alles grün und über die Nordwesthänge sollte ein Steig zur Tulferalm gehen. Ein lapidarer Zettel am Begin informierte darüber, daß der Weg wegen Steinschlaggefahr nicht mehr existiert. Also bin ich irgenwie über die Wiesen nach obern, bis ich den verfallenen Weg gefunden habe. Der Weg stellte sich als sehr unbequem heraus, einerseits weil ich mit meinen aufgeschnallten Ski immer wieder an allerlei Geäst hängenbleib, andererseits weil eine steile Schuttreisse nur mühsam zu queren war. So war ich ganz froh als ich die Tulferalm erreicht hatte und kurz hinter dieser bereits an dem erstem Ausläufern des Grierer Kars in ca. 1760m Höhe die Ski anschnallen konnte.


Bernhard G.

Im Kar ging es dann  zügig voran. Dort konnte ich dann sehen, daß es bequemer auch gegangen wär. Von Juns hätte man mit dem MTB auf schöner Forstautobahn zur Grieralm und weiter bis zur Schneegrenze fahren können.  Aber dann hätte ich wieder Sorge haben müssen, ob mein neues teures Schmuckstück geklaut wird.

Im Griererkar gab es einen schönen, glatten, tragfähigen Harschdeckel, der eine genußreiche Firnabfahrt versprach. Nur zwei alte Spuren, vermutlich vom Vortag, zerschnitten die ansonsten makellos Oberfläche. Am Ende des Kars baut sich unter den Felswänden der Griererkarspitze ein wenig einladender Steilhang auf, der von Lawinenkegeln überzogen war. Zunächst dachte ich, da geht es sicher nicht rauf, aber schon ein paar hundert Meter später war klar, daß ich da rauf muß.  Den groben Verlauf des Aufstiegs habe ich auf dem Bild eingezeichnet, das am Hangfuß entstand.

Für den Aufstieg hieß es erst mal seinen Weg zwischen den steinhart gefrohrenen Lawinenknollen suchen. Mit den Skiern ging es anfangs noch ganz gut voran, aber in halber Anstiegshöhe mußte ich abschnallen, da es zu steil wurde und kein vernünftiger Weg zwischen den Lawinenkegeln mehr existierte. Den weiteren Aufstieg habe ich gar nicht genossen. Eigentlich hätte ich umkehren sollen. Alles war bockhart gefrohren und es bestand extreme Abrutschgefahr. Mit Steigeisen wäre es kein Problem gewesen, doch die lagen zuhause und so hieß es mühevoll Tritte schlagen und blos nicht abrutschen, sonst hätte es kein Halten mehr gegeben. Vorallem die Querung am Hangende oberhalb der Felsabbrüche hat mir weiche Knie beschert.

Bernhard G.

Nach einer gefühlten Ewigkeit war dann endlich die unangenehme Steilstufe überwunden, aber der Blick zurück ließ mich an die Abfahrt denken. Für diesen Hang mußte man unbedingt ein Auffirnen abwarten, auch wenn es dann weiter unten Sumpf gibt.

Der weitere Aufstieg erfolgt auf einer Art Felsenterasse und stellte sich als problemlos heraus. Ich kam mir nur manchmal wie im Labyrinth des Minotaurus vor, als es darum ging, einen guten Weg zwischen den Felsblöcken zu finden. Normalerweise macht man mit dem Erreichen des Grates ein gutes Stück unterhalb des Gipfels Skidopt, Aber ich hab es tatsächlich bis zum kreuzlosen Gipfel mit Skieren geschafft,
   

Bernhard G.

Am Gipfel habe ich dann erst mal die Aussicht genossen. Der Blick rüber zum Hohen Riffler und ins Herz der Zillertaler Richtung Gebiet der Berliner Hütte hat mich wieder mal in meiner Ansicht bestärkt, daß die Zillertaler Alpen einfach viel schöner sind, als das überlaufene Stubai. Vom Gipfel ist auch das Grierer Kar und damit die Abfahrtsroute gut einsehbar.

Der warme Föhnwind hat mich dann ermahnt, nicht zu lange am Gipfel zu verweilen, denn zu weich sollte der steile Lawinenhang auch nicht werden, wer weiß ob da noch was nachkommt!

Die Abfahrt war zwar schön, aber nicht ganz so genußreich wie erhofft. Oberhalb des Steilhangs hatte es noch nicht richtig aufgefirnt, da war alles etwas ruppig. Der Steilhang selber war jetzt gut aufgefirnt, aber zwischen all den Lawinenkegeln war es schwierig eine Abfahrtsspur zu legen. Unterhalb des Hangs ging es dann besser als erwartet - ich hatte schon gundlosen Sumpf befürchtet, aber es war noch eine tragfähige Schicht vorhanden, für das firntypische mühelose Schwingen hatte es aber bereits zu tief aufgefirnt. Aber man kann nicht immer perfekte Bedingungen haben. Manchmal müssen Gute reichen.

Den Fuß-Abstieg habe ich dann auf dem regulären Wanderweg nach Madseit gemacht, auch wenn sich dadurch der Rückweg nach Hintertux verlängert hat, war einfach bequemer zu gehen! Mir kamen zahlreiche (Früh-)Sommerurlauber entgegen, die mich angesichts der aufgeschnallten Ski mit fragenden Gesichtern angeschaut haben. Zweimal wurde ich auch gefragt, was ich da mache - ich habe es ihnen freundlich erklärt.