Ein würdiger Gegner
 

   



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Ein würdiger Gegner

Begonnen von thomas_kufstein, 13.05.2010, 16:48

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thomas_kufstein

Bei immerhin trockenen Bedingungen wollte ich heute mal schauen, ob die Frauenschuh Orchideen am Scheibenkogel (vorgelagerter Gipfel des Zahmen Kaisers, Start in Schwendt bei Kössen) schon blühen. Die sind aber noch nicht soweit. Aber dafür hab ich was ganz anderes erlebt:

Beim Abstieg zwischen Kohlalm und Boaralm hab ich eine kleine Pause für eine Brotzeit gemacht. In einer Schlägerung hatte man ein Bankerl aufgebaut und das rief: Thomas halt an und iss was. Wie ich so mein Brot zerkaute, sah ich in ca. 200m Entfernung zum ersten Mal in meinem Leben einen Auerhahn. Der wanderte gemächlich von Baumstumpf zu Baumstumpf, nickte mit dem Kopf und rief nach seiner Henne. Ein wunderschöner Anblick, ein majestätisches Tier. Die Zeit verging der Hahn kam ganz langsam immer näher. Großartig, denn so kam ich sogar noch zu ein paar Fotos und einem kleinen Filmchen. Aus den ursprünglich 200 m wurden 100 m und dann 50 m. Super.

Ein Wahnsinnserlebnis bis dort hin, aber es kam noch besser. Als uns im Prinzip nur noch ca. 10 m und ein kleiner Abhang trennten, hörte ich wie der Hahn seine Rufe veränderte. Aus einem krächzenden Balzlaut wurde ein eher gurrender Ton. Jetzt war der Hahn schon wirklich sehr nah bei mir und ich dachte mir schon: "Na ja, jetzt is wohl Zeit für den Rückzug". Also hab ich ganz rasch die Brotzeit zusammengepackt und bin ein paar Schritte zurückgegangen. Währenddessen war der Hahn aber auch nicht untätig und ist mir nach.
Jetzt war mir schon klar, dass das nicht wirklich so laufen wird, wie ich mir das vorgestellt hatte. Also haben sich die automatischen Steinzeit-Gene in mir gemeldet und den Körper mit jeder Menge Adrenalin auf einen Kampf programmiert. Gut der Kampf war schon allein auf Grund des Körpergewichts der Gegner etwas unfair, aber das schien den Hahn nicht zu stören. Immer wieder kam er mit breit aufgestellten Schwanzfedern und geöffneten Schnabel auf mich zu gerannt. Zunächst bin ich zurück gewichen, aber schließlich musste ich die Taktik wechseln.

Mit überkreuzten Stöcken (gut wenn man sie mal dabei hat), habe ich die Angriffe des Hahns abgewehrt. Dabei wollte ich ihn natürlich nicht verletzen (was man umgekehrt nicht gerade behaupten kann). Also hab ich ihn bei seinen Attacken immer wieder mit den Stöcken aufgehoben und ein zwei Meter den Hang runter geschubst (eigentlich geworfen ...). Nach ca. 5 dieser Manöver hat dann auch der Hahn gecheckt, dass ich heute wohl der Stärkere auf dem Turnierplatz bin und ist davon gezogen.

Kurzum ein Super Erlebnis mit glücklichem Ausgang für uns beide. Wenn das Gelände steiler ist und man nicht gerade günstige "Abwehrwaffen" dabei hat, dann wird der Kampf deutlich fairer und der Sieger steht nicht wirklich von Anfang an fest. Mir war a bisserl unfair aber heute deutlich lieber ...

Servus,
Thomas

eli

Servus Thomas,

Bericht und Bilder sind gleichermaßen einfach Klasse!

Michael

korsikafan

Hallo Thomas,
von einem fast identisches Erlebnis kann ich berichten;
der Filmclub Kufstein war letztes Jahr der Veranstalter der Österreichischen Staatsmeisterschaft der Filmamateure,dabei war ein Teilnehmer aus der Steiermark der für seinen Film sogar eine Silbermedaille erringen konnte.
Er hatte allerdings nicht so viel Glück wie Du,den Auerhahn mit den Stöcken abzuwehren.Er lag auf dem Bauch und filmte den balzenden Auehahn,der ganz plötzlich angriff;Videokamera samt Stativ purzelten nur so herum,der Filmer immer noch am Boden liegend wurde heftig attackiert und sowohl im Gesicht und an den Händen ganz erheblich verletzt,die Videokamera
musste anschließend repariert werden.

Ein ähnliches Erlebnis hatten letzten Herbst zwei meiner Wanderfreunde beim Abstieg von der Maiwand,auch sie konnten den angriffslustigen Auerhahn ebenso wie Du mit den Stöcken abwehren.
Ich habe zwar einigemal einen Auerhahn gesehen,war aber nie so nahe um attackiert zu werden.

Gruß,
Adolf

indian_summer

Zitat von: korsikafan am 13.05.2010, 17:42

Ein ähnliches Erlebnis hatten letzten Herbst zwei meiner Wanderfreunde beim Abstieg von der Maiwand,auch sie konnten den angriffslustigen Auerhahn ebenso wie Du mit den Stöcken abwehren.
Ich habe zwar einigemal einen Auerhahn gesehen,war aber nie so nahe um attackiert zu werden.



Ebenso ist es mir letzte Woche dort gegangen, bin vom Riesenkopf runter Richtung Bauer am Berg. Und auf halber Strecke ist uns plötzlich der Auerhahn nach. Es kam zwar zu keiner Attacke, trotzdem kriegt man dann gleich mal Respekt vor so einem Vogel  :D

korsikafan

Hallo indian_summer,
scheint derselbe Auerhahn zu sein,denn es passierte ebenfalls beim Abstieg von der Maiwand zum Bauer am Berg..
Sieht man mal wieder Bergsteigen scheint gefährlich zu sein ;D

Servus,
Korsikafan

thomas_kufstein

Wobei für mich die Begegnung mit einem Wildtier, egal ob nah oder fern, immer ein besonderes Erlebnis ist.

Brixentaler

Thomas, danke für diese Nachricht. G'rad schön, dass Du ohne Verletzungen davon gekommen bist (und der Auerhahn auch, bist ein echter Tierfreund :D).
Über solche Besonderheiten zu lesen gefällt mir, erschreckt mich aber auch ein bisschen... Ich wusste zwar, dass Auerhähne im Frühjahr untereinander sehr angriffslustig sind, aber dass sie auch Menschen angreifen, ist mir völlig neu - und das machen sie nicht mal ausnahmsweise, wie ich aus den Reaktionen anderer RoBergler lese :o.

Captain Coconut

Hallo Thomas!

Klingt ja wirklich abenteuerlich...
Daran kann's aber nicht liegen, oder? :

Der Auerhahn, der Auerhahn,
der schaut mich ganz schön sauer an.
Das stört mich nicht, weil ich jetzt penne,
und zwar auf seiner Auer-Henne.

Heinz Erhardt


OK, ist ein alter Kalauer, aber konnte ich mir dann doch nicht verkneifen...

Gruß,
Wini

thomas_kufstein

Hallo Wini!

Wie poetisch! Ein Streifzug durch die deutsche Nachkriegslyrik!

Servus und besseres Wetter,
Thomas