Naturschutz am Breitenstein(Chiemgau)
 



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Naturschutz am Breitenstein(Chiemgau)

Begonnen von Christian M., 10.02.2008, 16:31

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Christian M.

Hallo!
Kann mir einer sagen, ob das winterliche Betretungsverbot am Chiemgauer Breitenstein aufgehoben wurde?
Als ich Anfang Januar mit Martl auf den Geigelstein von Ettenhausen bin, sind mir enorm viele Spuren auf den Breitenberg aufgefallen. Auch am Gipfel waren fast mehr Leute, als am Geigelstein. Vorgestern ist die dem Sachranger und mir nochmal aufgefallen. Wieder viele Spuren am Breitenstein!
Danke für eine Antwort.
Gruss.
Christian

sachranger

ich war am vergangenen sonntag im bereich wandberghaus / lochner horn unterwegs. von dort sieht man sehr gut auf den südseitigen, bewaldeten rücken des breitensteins. der war kpl. mit spuren übersät. scheint dort ganz gut zu gehen.

begangen wird der von drei seiten: von schleching wie christian sagt, direkt von der priener hütte und von walchsee aus.

kann mir nicht vorstellen, dass der noch betretungsverbot hat. müsste man sich mal schlau machen. wenns nochmal neuschnee hat, werde ich mal von schleching rauf ... mal schauen ob da tafeln oder hinweisschilder stehen.

Reinhard

Das Betretungsverbot am Breitenstein besteht weiterhin! Dies steht in der NSG-Verordnung, welche die Bereiche kennzeichnet, in denen Ski gefahren werden darf bzw. welche Flächen nicht betreten/befahren werden dürfen. Der Geigelstein ist übrigens seit 1991 Naturschutzgebiet.

Die Projektgruppe Projektgruppe "Skibergsteigen umweltfreundlich" des DAV versucht immer wieder, in teils sehr aufwändigen Informations-Kampagnen die Tourengeher darauf aufmerksam zu machen. Dies führte aber bisher nicht zu einer Verbesserung der Situation, denn immer wieder werden gesperrte Bereiche am Breitenstein (und auch in anderen gesperrten Flächen des Geigelstein-Stocks) teils pistenartig eingefahren, Schilder und eine Informationstafel entwendet. Ein großes Problem ist, dass viele Einheimische das Verbot zwar kennen, Teile davon aber für überzogen halten.

Auf roBerge haben wir bereits seit längerem eine Seite mit allen wichtigen Informationen bereitgestellt:

Sachranger, wenn Du also keine Hinweisschilder entdeckst, so heisst das nicht, dass das Betretungsverbot aufgehoben wurde ...
Das entsprechende Informationsblatt des Deutschen Alpenvereins kann ich jedem Interessierten gerne zusenden oder zumailen!

Reinhard

So, wie es aussieht, wird es vmtl. zu einer Änderung der unten genannten Vorschriften kommen.
Für diesen Winter allerdings gilt weiterhin uneingeschränkt die NSG-Verordnung (NSG = Naturschutzgebiet). Die einzige Ausnahme ist die Skiabfahrt über das Platt, die bis auf Weiteres geduldet wird.
Wir informieren Euch an dieser Stelle, sobald uns die Änderungen für den Breitenstein/Geigelstein bekannt sind.

Schneeschuh

Woher ist die Info?
Was soll geändert werden - Verschärfung oder Anpassung an die Gegebenheiten?

LG

Schneeschuh

Reinhard

Die Info ist mehr oder weniger aus erster Hand  :) ...
Mehr Information an dieser Stelle, sobald es fix ist.

josef_k

Hallo Reinhard,

vor einem Jahr gab es den Fragebogen für Skitouren im Geigelstein-Gebiet (http://www.roberge.de/yabb/index.php?topic=1397.msg9517).
Weißt Du, was dabei rausgekommen ist?

Auf der roberge Seite zum Geigelstein steht:
4. Möglich ist es aber von der Wirtsalm über die Leiten, dem Nordhang des Breitensteins (Lawinengefahr!) in die Scharte aufzusteigen, um diesen lohnenden Nordhang ,,mitzunehmen".
Ist das der Hang auf dem Foto vom Christian?

Gruß Sepp


Reinhard

Hallo Sepp,

die Erkenntnisse aus der Diplomarbeit von Sophie Buchwieser in Stichpunkten:
- die Mehrheit der befragten Tourenskifahrer ist erfahren und hat eine langjährige Tourenerfahrung
- 81% sind AV-Mitglieder
- rund ein Viertel der Befragen waren auch in gesperrten Gebieten unterwegs, z.B. am Breitenstein
- Die Naturschutz-Verordnung ist geltendes Recht, trotzdem betrachten manche der Befragten die Verordnung als widersprüchlich oder überzogen und lehnen pauschale Verbote ab.

Wir bleiben am Ball und versuchen, die Ergebnisse im Detail zu erhalten und hier an dieser Stelle abzudrucken.

Bei dem Foto dürfte es sich um den Osthang des Breitensteins handeln. Der gesamte Breitenstein-Gipfel ist im Winter von der Höheren Naturschutzbehörde (Regierung von Oberbayern) mit einem Betretungsverbot versehen, da dieser Bereich ein bedeutendes Überwinterungsplatz für seltene Wildtiere ist. Neben dem Gipfelbereich ist die Ostseite des Breitensteins, also Aufstieg/Abfahrt über das sog. ,,Karl" nicht erlaubt.

Eine genaue Karte mit erlaubten und nicht erlaubten Skirouten gibt es hier:
http://www.roberge.de/tour.php?id=576
Falls es hierzu Neuigkeiten gibt, werden wir Euch an dieser Stelle sofort darüber informieren.

Reinhard

Reinhard

Wie versprochen, hier eine Zusammenfassung der Diplomarbeit von Sophia Buchwieser aus München
(unsere Mithilfe bei der Fragebogenaktion im letzten Winter)

Herzlichen Dank an Sophia!

Hier findet Ihr den identischen Text und weitere Infos als roBerge-Webseite.
Weitere Neuigkeiten zu diesem Thema sind in Kürze zu erwarten und werden von uns hier sofort bekannt gegeben....



Konflikt zwischen Schutz und Nutzung der Natur im Alpenraum am Beispiel des Skibergsteigens im Geigelsteingebiet
unter besonderer Berücksichtigung des Naturverständnis der Akteure


Das Skibergsteigen hat in den Alpen seit ca. Anfang der 90er Jahre sehr stark zugenommen. Besonders in Gebieten, die gut erreichbar sind, geraten dadurch Wildtiere immer mehr unter Druck. Der Deutsche Alpenverein (DAV) hat es sich zur Aufgabe gemacht, sämtliche Tourengebiete in den deutschen Alpen im Rahmen des Projektes ,,Skibergsteigen umweltfreundlich" auf Naturverträglichkeit zu untersuchen und im Anschluss Routenempfehlungen zu erarbeiten und umzusetzen.

Ein Tourengebiet, in dem es trotz intensiver Arbeit des DAV (Beschilderung, Überzeugungs- und Öffentlichkeitsarbeit) immer wieder zu Konflikten kommt, ist das im Chiemgau gelegene Naturschutzgebiet Geigelstein: die in einer Naturschutzgebietsverordnung festgesetzten Regeln zum Skibergsteigen werden von vielen Skitourengehern nicht eingehalten.

In der Diplomarbeit wird durch eine Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden untersucht, worin die Gründe für diesen Konflikt liegen und welche Rolle in diesem Zusammenhang das Naturverständnis von beteiligten Akteuren spielt. Ein weiteres Untersuchungsziel der Arbeit ist es, herauszufinden, welche Lösungsmöglichkeiten die Beteiligten in der ,,Geigelsteinproblematik" sehen und welchen Stellenwert Information und Öffentlichkeitsarbeit haben. Durch eine quantitative Befragung von Tourengehern im Gebiet werden charakteristische Merkmale, Routenwahl und Wissen über das Naturschutzgebiet und die Naturschutzverordnung erhoben. In qualitativen Leitfadengesprächen mit verschiedenen Akteuren wird deren Naturverständnis näher beleuchtet sowie Gründe und Lösungen für den Konflikt diskutiert. Aufbauend auf den Ergebnissen erfolgen Handlungsempfehlungen.

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Gründe für den ,,Geigelsteinkonflikt" weniger im Naturverständnis der Beteiligten liegen als vielmehr in der Naturschutzverordnung, die 1991 ohne Beteiligung der Einheimischen gemacht wurde und zahlreiche Widersprüche enthält. Für die Tourengeher ist eine persönliche Überzeugung vom Sinn der Regeln essentiell, um sich an Naturschutzregeln zu halten. Daher erscheint eine Veränderung der Naturschutzverordnung, die zumindest die Widersprüchlichkeiten beseitigt, als einzige Möglichkeit, um eine höhere Akzeptanz bei den Tourengehern zu erreichen. Im Anschluss daran sollten die neuen Regelungen in einer umfangreichen Informationskampagne verbreitet werden, da bei der genauen Kenntnis der Naturschutzregeln noch Defizite bestanden.

Reinhard

Neuigkeiten vom Geigelstein/Breitenstein
Auszüge aus einem Bericht vom Traunsteiner Tagblatt vom 3.3.2008:


ZitatUnter Leitung des Deutschen Alpenvereins (DAV) starteten Vertreter der Umweltbehörden, des DAV, der Bayerischen Staatsforsten, der örtlichen Bergwacht und der Gemeinde Schleching mit Wildbiologe Dr. Albin Zeitler auf die Ostseite des Naturschutzgebietes Geigelstein.
Ziel war, auf die zu schützenden Bereiche hinzuweisen und Möglichkeiten für ein naturverträgliches Skitourengehen und Schneeschuhwandern aufzuzeigen ...
Die Abfahrt vom Geigelstein-Gipfel auf der Ostseite über das Platt wird derzeit geduldet, wenn rechtzeitig über den »Sauren Boden« in Richtung Wirtsalm und Wuhrsteinalmen abgebogen wird. Der »Stubeckrücken« des Geigelsteins und die Abfahrt über die Ruprechthütte sind tabu. Der Breitenstein-Gipfel darf nach der bestehenden Verordnung überhaupt nicht bestiegen werden...
Zeitler hielt es aus wildbiologischer Sicht für vertretbar, den Gipfel des Breitenstein mit den drei Nordabfahrten »Keferl«, »Leitn« und »Hirsch« zuzulassen. Wenn jedoch der Aufstieg über die »Karl«-Mulde bis zur Scharte geöffnet werde, bestehe die Gefahr, dass von der Scharte zum Breitenstein-Gipfel aufgestiegen und der Westhang befahren werde. Diese Bereiche seien indes unbedingt zu schützen. Die Abfahrt über das Geigelstein-Platt könne erlaubt werden; dagegen müsse der »Stubeckrücken« als Ruhezone erhalten bleiben ...

Zu dem kompletten Bericht geht es hier

Wie geht es weiter?
Am 4. März erfolgt mit Albin Zeitler eine zweite Begehung des Geigelstein-Gebiets, und zwar diesmal im westlichen Teil. Auch hier wird Zeitler eine Empfehlung aussprechen.
Anschließend ist der Gesetzgeber gefordert.
Wir halten Euch hier an dieser Stelle auf dem Laufenden.

sachranger

na mal ehrlich leute: wer soll das verstehen? hirsch, karl, saurer boden, leitn, keferl, süden, westen, platt. bergwachthütte. rauhfußhuhn. stubeckrücken. ich hab das gefühl, die herren "entscheider" diskutieren die sache zu tode. sind wohl im hauptberuf alles politiker  ;D

und dann der hammer schlechthin: " ... räumliche Lösungen über Staatsgrenzen hinweg ... erste Kontakte zu den Behörden auf Tiroler Seite bereits geknüpft ...". lebt dieser naturschutz zur zeit nur auf der deutschen seite? wäre ja ein starkes stück.

entweder die sperren den berg oder nicht. was ist denn dabei, wenn der mensch den einen oder andern berg einfach auslässt. mit so einem durcheinander wird alles zerredet und desinteresse aufgebaut. ist wie mit der richtgeschwindigkeit auf autobahnen: keinen interessiert sie - überhaupt keiner hält sich dran.

Reinhard

Klar, Sachranger, Du hast Recht. Die Einheimischen kennen all die Begriffe, wir Außenstehende tun uns hier etwas schwer.
Deshalb hier ein paar Erläuterungen:


Zum Thema Breitenstein:

Vom Breitenstein-Gipfel aus gibt es auf deutscher Seite (Ostteil) drei Abfahrtsmöglichkeiten, siehe Bild unten:

- Hirsch-Abfahrt - gesperrt
- Leiten-Abfahrt - gesperrt, aber geduldet
- Käferl-Abfahrt - erlaubt



Christian M.'s Foto zeigt insbesondere die Hirsch- und Leiten-Abfahrt.

Albin Zeitler hat vorgeschlagen, alle drei freizugeben, sofern das "Karl" (siehe Karte unten) gesperrt" bleibt.
Das Karl bzw. die (verfallene) Karl-Alm befindet sich südlich des Breitenstein-Gipfels. Man erreicht sie, indem man sich von der Wuhrstein-Alm (bei der Bergstation des Sesselliftes) südlich hält und so den Breitensteingipfel östlich umgeht. Vom Karl aus erreicht man schließlich den Südwestgrat des Breitensteins, wendet sich hier rechts und steigt zum Gipfel aus. Der Südwestgrat muss zum Schutz hauptsächlich der Raufußhühner, die sich hierher zurückgezogen haben, laut Zeitler unbedingt geschützt werden.
Unglücklicherweise verläuft dieser Grat bereits auf Tiroler Gebiet, und von Österreich steht dieser Bereich nicht unter Naturschutz, wie Du bereits richtig vermutet hast. Selbst wenn man das Karl von der Wuhrsteinalm aus sperrt, gibt es Tourengeher, die z.B. von Kössen oder Walchsee aus über den Grat zum Gipfel aufsteigen.

Der gesamte Breitenstein ist derzeit im Winter gesperrt, allerdings nur auf deutscher Seite (vom Gipfel aus der gesamte östliche Bereich). Das ist eines der Probleme. Ein weiteres Problem ist, dass Einheimische mit der derzeitigen Naturschutz-Regelung nicht einverstanden sind und diese teilweise nicht beachten. Und unglücklicherweise befindet sich die Bergwachthütte mitten im Naturschutzgebiet ......


Zum Thema Geigelstein:


Das "Platt" ist der steile, großflächige Bereich östlich unterhalb des Geigelsteingipfels. Die Abfahrt über diesen ist ebenfalls nicht erlaubt, wird aber derzeit geduldet. Nicht geduldet wird die Weiterfahrt vom Platt aus zur Ruprechthütte. Der Stubeckrücken muss ebenfalls geschützt werden und ist total gesperrt. Hier halten sich neben den Spielhöhnen auch Murmeltiere und Gämsen auf.

Übrigens waren bei dieser Exkursion mit Albin Zeitler Vertreter des DAV, der Umweltbehörden, der Bayerischen Staatsforsten, der örtlichen Bergwacht, der Gemeinde Schleching, örtlicher Sportvereine und andere dabei, keine Politiker. Organisiert und ausgerichtet wird die Aktion vom DAV.

Die eingezeichneten Linien auf der Karte geben nur die ungefähre Lage wieder.