Übernachten am Berg

Begonnen von Brixentaler, 11.11.2007, 13:54

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indian_summer

Also wenn man das so liest, dann macht das doch irgendwie gleich Lust drauf, selber mal sowas zu machen. Auch wenn das Wetter bei euch nicht so gepasst hat, und mir bei solchen Verhältnissen die Freude daran wohl eher gleich wieder vergehn würde...

Schöner Bericht, wirklich schön zu lesen! Bin schon gespannt, wie es weitergeht  :)

Vmagnat

Zitat von: indian_summer am 25.09.2008, 13:35
Also wenn man das so liest, dann macht das doch irgendwie gleich Lust drauf, selber mal sowas zu machen. Auch wenn das Wetter bei euch nicht so gepasst hat, und mir bei solchen Verhältnissen die Freude daran wohl eher gleich wieder vergehn würde...

Schöner Bericht, wirklich schön zu lesen! Bin schon gespannt, wie es weitergeht  :)
Das Brechhorn ist eine tolle Tour, bin es vor Jahren mal über die Alpenrose - Hütte gegangen... War ein paar Tage auf der Alpenrosehütte,,, Halbpension 22 Euro... Abends gab es ein Wiener Schnitzel mit Pommes und frischem Salat... nur als Beispiel. Morgens ein Frühstücksbüffet.. Man stelle sich vor, für 22 Euro, vor vier Jahren. Am letzten Abend.. hat uns der Wirt noch eine Flasche Rotwein spendiert.
22 Euro.... wer bietet mehr?

Brixentaler

Nacht:

Da kam die Nacht, für die meisten Menschen die Zeit zum schlafen. Beim Dunkelwerden, rund 21:30 Uhr, legten wir uns schon hin zum schlafen.
Der Boden unter uns war auszuhalten: Moos und Gras waren zwar schon längst zusammengedrückt, trotzdem war es weicher als irgendein Felsboden. Lästiger war es, dass wir in einer Art Höhlung im Boden lagen: die vertiefung hatten wir anfangs gar nicht bemerkt, wenn man aber stundenlang drin liegt, spürt man die ungewöhnliche Haltung umso mehr. Wenn man sich dann auf die Seite legte, weil die Knie schmerzen, vertrug die Schulter den härteren Boden wieder nicht so gut. Schwierig schwierig.
Das größte Problem jedoch war die Kälte. Mir wird jetzt schon wieder kalt, wenn ich daran zurückdenke :-[. Wir hatten alle eine kurze Hose (nass), eine lange Hose, ein T-Shirt, eine Jacke (auch nass) und Schlafsäcke (Komforttemperatur 14 Grad, Minimum 8.). Im Schlafsack hatten wir also nur eine ganz gewöhnliche lange Hose und ein T-Shirt an. Das ist im Sommer und in Talnähe freilich ausreichend. Aber nicht in einer sternenklaren Nacht in einer Höhe von 1.980 m! Die Außentemperatur sank bis auf 5 Grad, die Temperatur im Zelt betrug am Morgen 7 Grad (ich hatte einen Thermometer mit). Ziemlich "frisch", muss ich sagen... so haben wir alle drei also kaum ein Auge zugemacht. Gegen Sonnenaufgang waren wir derartig übermüdet, dass wir durch die nun wieder langsam steigende Temperatur doch noch kurz einschliefen.

Tag 2:

Kurz nach 07:00 Uhr sind wir mit schweren Augengliedern und dem heftigen Bedürfnis nach heißem und strarkem Kaffee, aufgestanden. Beim Frühstück mussten wir uns aber zufriedenstellen mit Schokolade, Brot und tiefgekühltem Erfrischungsgetränk - brrr :-\.

Da gelangten gegen 08:00 Uhr endlich die ersten Sonnenstrahlen um den Berg herum und beschienen unser Zelt. Die Sonne war schon vor etwa zwei Stunden aufgegangen, wir aber standen auf der Schattenseite (konnten wir am Vortag nicht ahnen).
Höchste Zeit um alles einzupacken, aufzuräumen und mit unseren trockenen Socken in die waschnasse (und fast erfroren) Bergshuhe hinein zu steigen. Direkt "schwimmen" die Füße wieder in den Bergschuhen - herrlich :(.

Zelt abbauen und bei schönstem Wetter zehn Minuten "Morgengymnastik" und dabei auf das 2.035 m hohe Gerstinger Joch steigen, denn nur knapp 50 Meter darunter hatten wir unser Zelt aufgestellt.

Vom Gerstinger Joch konnten wir gut die Weiterführung unserer Route einsehen; über den Kleinen Tanzkogel zum Großen Tanzkogel.

Foto: Der Große Tanzkogel vor uns
Foto: Panorama vom Gerstinger Joch ri. N

Wir entschlossen uns, auf dem Gerstinger Joch nicht lange halt zu machen, dafür aber auf dem flachen und breiten "Tanzboden" des Großen Tanzkogels länger zu rasten.
Wir stiegen gut 150 Hm ab und danach wieder hinauf, bis zum 2.097 m hohen Tanzkogel, den wir erst nach mehr als eineinhalb Stunden erreichten - habt ihr schon mal eine Bergtour gemacht nachdem ihr eine Nacht nicht geschlafen habt? Jede zehn Minuten mussten wir zwei Minuten halt machen, denn wir fühlten uns, als hätten wir Blei in den Schuhen und als trugen wir Marmorplatten in unseren Rucksäcken mit.

Foto: Bald am Gipfel des Gr. Tanzkogels

Keine Wolke am Himmel und Aussicht bis weit in die Hohen Tauern und bis weit ins Karwendel: die Aussicht war überwältigend. Auf dem Gipfel des Großen Tanzkogels plumpsten wir nieder und blieben hier eine ganze Stunde. Wir zogen Schuhe und Socken aus und legten uns ins Gras, genossen das gewaltige Wetter. Wir hatten fast vergessen, dass eine Bergwanderung auch schön sein kann!

Foto: Blick auf den Großglockner, gesehen vom Tanzkogel
Foto: Jungvieh am Gipfel des Tanzkogels

Eine Stunde war vergangen, viele Fotos waren gemacht. Jetzt mussten wir überlegen. Die Schuhe waren freilich kaum getrocknet in der Stunde, also stand uns ein ermüdender Weiterweg mit nassen Schuhen bevor. Dies würde uns sicherlich keine Freude bereiten und in unserer müden Verfassung wär's sogar gefährlich gewesen: das Gamsbeil, der nächste Gipfel, ist verdammt steil. Deshalb wollten wir die erste Gelegenheit zum Abstieg benutzen. Dies müsste, laut Wanderkarte (MAYR), bereits zwischen Schwarzkarkogel und Westerachkopf sein und sollte uns zur Miesenbachalm führen. Ideal, oder?
Wir gingen also bis zur Scharte vor dem Westerachkopf, von wo aus ein Wanderweg hinabführen sollte. Aber nichts davon war zu erkennen in der Wirklichkeit: ein Steilhang mit Alpenrosen und feuchtem Gras hinunter bis zur Miesenbachalm - dies würde eine Wiederholung des weglosen Abstiegs vom Vortag werden, jetzt allerdings mussten wir fast 400 Hm bewältigen. Einzige Hilfe war, dass wir heute ein sichtbares Ziel vor Augen hatten.
Wir wollten unbedingt vor dem Gamsbeil absteigen, also fingen wir den Abstieg an. Es war rutschig und steil. Felsabbrüche sahen wir aber beim guten Wetter schon aus Entfernung und konnten wir daher umgehen, auch konnten wir uns nicht verirren. Trotzdem brauchten wir fast eineinhalb Stunden bis zur 1.680 m hoch gelegenen Miesenbachalm, wobei wir die letzte Viertelstunde durch Sumpf gehen mussten, so dass die Schuhe erneut frisch durchnässt wurden. Etwas unter dieser Alm entdeckten wir auch den ersten Menschen seit zweit Tagen: ein Radfahrer!

Von der Miesenbachalm folgten wir einem Forstweg bis etwa 1.500 m Höhe, wo der Wanderweg vom Forstweg abzweigte und über eine Brücke über den (Miesen)Bach zur Gamskogelhütte führte. Bei diesem Bach setzten wir uns noch einmal hin, stiegen ins Wasser und kühlten die Füße ab. Die Schuhe hatten wir noch ausgezogen, obwohl sie kaum nässer geworden wären, wenn wir sie anbehalten hätten.
Dann kam der mühsame "Talhatscher": Ein unangenehmer Waldwanderweg, worüber oftmals ein Bach floß, wodurch die großen Steinplatten sehr rutschig wurden. Nach wieder eineinhalb Stunden erreichten wir rund 15:00 Uhr total ermattet die Gamskogelhütte. Wir müssen einige Zentimeter kürzer geworden sein, denn unsere Knie und die Füße hatten ziemlich gelitten und die Rucksäcke waren auch nur wenig leichter geworden während der ganzen Tour.

Die Buttermilch und der 'Hollerpunsch' auf der Gamskogelhütte schmeckten uns bestens!


Trotz aller Schwierigkeiten hatten wir auch Spaß und vor allem haben wir einiges daraus gelernt. Vielleicht machen wir nächstes Jahr eine ähnliche Tour - wir schauen mal, ob sich das ausgeht. Jetzt wissen wir jedenfalls, was wir ein nächstes Mal besser machen können.

Und, wie schon gesagt, mehr Fotos von dieser Tour und von anderen Touren sind in meinem Fotoalbum zu betrachten.

Pfiat Gott bei'nander 8)
Brixentaler

ehemaliges Mitglied

Hallo Brixi,

vielen Dank für die anschauliche Beschreibung Eurer 2-Tages-Tour! Ich hätte Euch allerdings gerne besseres Wetter für den 1. Tag gewünscht.

Zitat von: Brixentaler am 25.09.2008, 18:31
das Gamsbeil, der nächste Gipfel, ist verdammt steil

Ja, das Gamsbeil ist einer der steilsten Gipfel in den Kitzbühelern überhaupt! Hier ein Bild mit dem Gamsbeil von Nordwesten aus gesehen, da kommt die Steilheit vielleicht noch besser zum Ausdruck (am linken Bildrand übrigens der Großglockner, am rechten der Tauernkogel):

Brixentaler

Bergfritz, ist das Foto vom Steinbergstein aufgenommen?

Nach dem Kleinen und dem Großen Rettenstein wird dies schon eher der drittsteilste Berg der Kitzbüheler Alpen sein.
Wir wollten keine Risiken eingehen in unserer Müdigkeit, deshalb sind wir abgestiegen.

Doch will ich aber einmal auf das Gamsbeil, ich glaub' mit einem Anstieg vom Spertental aus und dann über die Geige.

ehemaliges Mitglied

Hallo Christian,

Zitat von: Brixentaler am 26.09.2008, 18:32
Wir wollten keine Risiken eingehen in unserer Müdigkeit, deshalb sind wir abgestiegen.

Ich denke, das war unter den gegebenen Voraussetzungen tatsächlich die absolut richtige Entscheidung.

Zitat von: Brixentaler am 26.09.2008, 18:32
Bergfritz, ist das Foto vom Steinbergstein aufgenommen?

Nein, vom Lodron. Aber vom Steinbergstein aus habe ich ihn auch schon mal fotografiert (Bild 1).
Zwischen Großglockner und Tauernkogel hat sich jetzt der Frühmesser geschoben.

Zitat von: Brixentaler am 26.09.2008, 18:32
Doch will ich aber einmal auf das Gamsbeil, ich glaub' mit einem Anstieg vom Spertental aus und dann über die Geige.

Ja, von Süden geht ein markierter Steig auf den Gipfel, der am Schluss allerdings auch etwas steil und ausgesetzt ist (ostseitig steiler Abbruch, auf Bild 2 rechts nur zu erahnen).