22.03.2023: Chiemgauer Alpen: NaturNah auf das Kranzhorn
 

   

22.03.2023: Chiemgauer Alpen: NaturNah auf das Kranzhorn

Begonnen von geroldh, 24.03.2023, 20:40

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geroldh

Nun ist er wieder da, der Frühling – im Kalender und in der Natur #butterfly#. Doch das wechselhafte und unbeständige Märzwetter (Wetteronline: ,,Ein Tief nach dem anderen") lässt dazwischen nur einzelne #sonne6#-Tage zu, die es entsprechend zu nutzen gilt.
Das Kranzhorn und seine ,,allseitigen" Besteigungsmöglichkeiten kenne ich schon seit vielen Jahrzehnten und wie Bergautist mit Mitten durchs Erler Herz (14.11.22) habe ich mir passend zur Jahreszeit diese einsame Routenführung vorgenommen.

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Die Anfahrt ,,ins G'birg" erfolgt (fast) CO2-frei  #biken#  auf der ,,Radl-Autobahn", dem Inn-Damm – von RO westseitig bis zur ,,Nepumuk-Brücke" bei Neubeuern und dann ostseitig ,,hinunter" bis zur ,,Abfahrt" Johanneskapelle, um von dort den Ortsteil Scheiben bei Erl (476 m) zu erreichen. Sonst wird dort die ,,Benzin-Kutsche" geparkt, doch mit dem e-Radl kann ich noch ein paar Höhenmeter ,,abkürzen" und auf dem Forstweg den Trinkwasser-Brunnen und den Wasser-Hochbehälter (564 m) erreichen. Hier stelle ich das Rad ab, packe alle (unnötigen) Klamotten in den Rucksack und ziehe die (leichten) Fivefingers-Barfussschuhe an – die Wanderschuhe werden sicherheitshalber an den Rucksack gepackt mitgenommen, wo sie dann jedoch den ganzen Tag bleiben...

Als vor einigen Jahren der Hochbehälter gebaut wurde, ist der alte Steig ab dem Brunnen unterbrochen worden, doch in der Nähe des Zauns ist er wieder zu finden und führt mich durch lichten Kiefernwald hinauf zu einem Aussichts-Bankerl am Ende eines Forstwegs. In einer historischen (Online)Karte hatte ich mal einen Steig durch's ,,Erler Herz" eingezeichnet gesehen, doch sofern es ihn jemals gegeben haben sollte, heute ist davon im Bereich der ,,Höhle(n) im Erler Herz" nichts mehr zu erkennen. Hier dürfte es sich vermutlich um frühe Versuche handeln, eine Quelle für die Trinkwasserversorgung von Erl zu fassen, möglicherweise wurden wasserführende Spalten künstlich aufgeweitet. Bereits vor Jahren bin ich dort mal bis zum Ende hineingeschlurft, es waren einige nasse Meter ,,etwas um die Kurve" bis die Gänge endeten und aus schmalen Spalten das Wasser kam – heute ist es dort trotz der vorangegangenen Schneeschmelze trocken.

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Aufgrund meiner Erinnerung an eine frühere Begehung halte ich mich ab hier leicht südlich und ersteige, das Gelände gibt die Möglichkeit(en) einigermaßen vor, einen baumbestandenen und mit Felsblöcken durchsetzten Steilgrasrücken. Das weiter aufsteilende Gelände rechts umgehend sind zwischendurch immer wieder steilere schrofenartige Passagen zu erkraxeln, stets kleine Trittmöglichkeiten ausnutzend. Das Bauchgefühl signalisiert mir hier gut unterwegs zu sein, auch wenn ich mir vom Kopf her nicht hundertprozentig sicher bin. In Erinnerung habe ich noch eine kurze Stelle mit ,,Seilgeländer", beinahe oben könnte es leichten Trittspuren nach auch etwas nach rechts weitergehen – hmm, oder ich schaue doch mal nach links hinter die kleine Geländerippe, nach der sich eine kleine Steilgrasrinne anschließt. Tatsächlich, da ist es, das (unscheinbare) ,,Seilkonstrukt", das durch einen herabgestürzten Baum leicht lädiert ist. Unmittelbar danach wird zum zweiten Mal ein exponierter Aussichtspunkt erreicht, mit uralt abgeschnittenen Baumstümpfen. Nochmal steiler T5-6 bzw. UIAA I-II kraxeln, dann ist auch schon die Hangkante auf ca. 900 m erreicht, in der Nähe des Ausstiegs befindet sich ein verfallener Jagdansitz und so liegt die Vermutung nahe, dass das Seilstück auch mehr der Jagd eine sichernde Unterstützung geboten hat, als es einem ,,offiziellen" Steig zugehörig wäre.

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Das Gelände hier oben kenne ich noch mit einem lichten Buchenwald bestanden, doch vor einigen Jahren wurde geerntet und eine schmale Schneise mit Baumstümpfen gibt nun die Richtung zur Forststraße und meine weitere Richtung zum Kranzhorn vor. Die vorhandene Infrastruktur in Form zweier Forstwege und einem Bergsteig wird von mir nur gekreuzt, denn nach wie vor halte ich mich im Aufstieg weglos durch die sonnige und bereits schneefreie SW-Seite des Berges. Schließlich lasse ich mich von einem leichten Geländerücken nach oben leiten, werde von einer strukturierten Felswand etwas nach links / westlich abgedrängt (andere wilde Tourenbeschreibungen sind noch weiter westlich unterwegs) und stehe nun, eine kleine Felsnase umgehend, direkt unterhalb des Gipfelaufbaus des Kranzhorns (1368 m) mit den beiden Kreuzen.

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Die sich anschließende Rinne bzw. die Schrofen direkt unterhalb der Aussichtsloge hatte ich vor einigen Jahren bereits erklommen, und da oben bereits mit Bierflaschen auf den Spätnachmittag angestoßen wird, halte ich mich rechts, um in gestufter, leichter Kraxelei eine ruhige Ecke mit ähnlicher Aussicht zu erreichen. Hier mache ich es mir gemütlich, es weht ein leichter, aber kühler Wind, und öffne mein Gipfelbier im Licht der hinter einer aufziehenden Cirren-Bewölkung langsam untergehenden Sonne.

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Den ,,Sonnenkuss mit dem Wendelstein", der aktuell ,,zwischen" mir und dem Zentralgestirn steht, warte ich nicht mehr ab, sondern steige im bewaldeten Bereich zum markierten Kranzhornsteig hinab, der mich nun bei einsetzender Dämmerung zurück zum Rad leitet. Beim Abstieg leicht in die Knie zu gehen, um abzufedern, ist auch mit den Barfussschuhen klar, doch die fehlende Fersendämpfung erzwingt noch mehr das Auftreten mit dem abfedernden Fußballen, was bergab gar nicht so einfach ist, ein Wegrutschen sogar noch stärker gegeben ist. Das Gegenmittel sind natürlich möglichst kleine Schritte, doch hier werde ich wohl noch an der Technik feilen müssen – oder vielleicht sogar zurück auf ,,normale" Schuhe wechseln, um mir davon langfristig keinen Meniskusschaden einzuhandeln. Bei einbrechender Dunkelheit wird das Rad erreicht und nun warm angezogen auf fast gleichem Weg die Heimfahrt absolviert. Richtig schee war's mal wieder...