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Via Sett - von Thusis (CH ) nach Chiavenna (I)

Begonnen von Chtransalp10, 30.08.2022, 22:04

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Chtransalp10

Vor knapp 20 Jahren habe ich mal bei einem Radurlaub im Bergell einen Flyer mitgenommen, der die "Via Sett" beworben hatte. Dieses Jahr sollte es endlich soweit sein..

Dieser knapp 100 km lange Kultur- und Weitwanderweg führt über den Septimerpass -  einer der wichtigsten Alpenübergänge in der Römerzeit und im Mittelalter. Heute ist er nur noch zu Fuß - und für die ganz harten auch mit dem Radl...- begehbar.

1. Etappe:
Zu  zweit starten wir nach einer langen Bahnanreise nach Chur am nächsten Tag von Thusis aus auf dem "Alten Schin" über der Albula-Schlucht nach Tiefencastel. Diese Variante wird heutzutage gar nicht mehr als Start beworben, die offizielle Via Sett ( Weg 65)  führt jetzt von Chur über Lenzerheide nach Tiefencastel. Wie mir ein Touristiker erklärte, stecken da die Tourismusbüros dahinter, die Quartiere im Tourismusort Lenzerheide wollen auch im Sommer Gäste..  Aber wir wollen die Originalroute gehen, und folgen daher der Beschilderung " Albula-Tour 35". Die Weitwanderwege in der Schweiz sind alle bestens beschildert. Im Netz finden sich alle notwendigen Infos, einschließlich Tracks und Kartenbilder zum runterladen, bestens vorbereitet. Viele dieser angebotenen Touren kann man mit Gepäcktransport buchen, was wir dieses Jahr zum erstenmal in unserem Leben in Anspruch genommen haben. ( das Gepäck wird dann sehr konsequent mit dem Postbus von einem vorgebuchten Hotel zum nächsten gebracht!)
19 km, 6 Stunden


2. Etappe: von Tiefencastel nach Savognin, einfache Wege, tolle Ausblicke, schöne Graubündner Dörfer mit rätoromanischen Wurzeln, der Wintersportort Savognin überrascht mit einem sehr schönen See am Ortseingang, dieser See wird im Winter ausgelassen -  dann ist Platz für die Autos der Wintersportler.....wir sind heute so früh hier, dass wir noch die kostenlose Seilbahn nutzen, die uns 900 Höhenmeter nach oben bringt - einfach nur zum Schauen und Genießen..
13 km, 4 Stunden

3. Etappe: Von Savognin über die Alp Flix nach Bivio, erst steil im Wald den Berg hoch, kleine Steige und große Einsamkeit, dann ohne großen Höhenverlust zum flora- und faunareichen Hochplateau der Alp Flix, eine der höchsten ganzjährig bewohnten Alpdörfer der Schweiz. Grenzenlose Weite in alle Richtungen! Von dort über die Alp Natons mit der wunderbaren Aussicht auf den Piz Platta (3392m) und die drei Wysshörner dahinter hinunter nach Bivio, dem kleinen Verkehrsknotenpunkt, wo es über den Juierpass ins Engadin zurückgehen würde ( unser Gepäck muss im Postbus auch diese Strecke zurücklegen..). Eine lange, aber sehr abwechslungsreiche Etappe!
21 km, 8 Stunden

4. Etappe: die "Königsetappe": von Bivio nach Vicosoprano im Bergell
Wir steigen gemütlich am frühen Morgen die Almstraße Richtung Septimerpass hinauf, von Bivio aus ist das sogar mit dem Auto ( für die Almerer) befahrbar. Am Pass biegen wir nach Osten ab, um noch auf den Pass Lunghin zu gehen - dort hat unser Inn den Ursprung! Der Lunghin -See ist die europäische Wasserscheide, ein Wassertropfen aus dem See kann entweder über den Inn im Schwarzen Meer - oder über die Maira in die Adria - oder über die Julia in die Nordsee fließen.. Ein sehr faszinierender Gedanke und ein ganz besonderer Platz - mit Sicht bis in die Bernina und den Bianco-Grat! Auf die letzte halbe Stunde zum Gipfel des PLiz Lunghin verzichteten wir - wir waren bis hierher schon gut 3 Stunden unterwegs - und wussten, was wir noch vor uns hatten..
Wieder zurück zum Septimer-Pass, dann nach Süden, der alte Weg wurde immer grober, die alten Steine waren noch zu sehen ( und zu spüren!), ein rauer Weg, der die nächsten zwei Stunden volle Konzentration erforderte. Aber die alte Römerbrücke und die Blicke ins Val da Cam und ins Val Maroz entschädigten! Ab der Alp Maroz Dent wurde es wieder leichter, zumindest zeitweise, weil wir dann doch immer wieder von der Almstraße auf den alten Septimerweg wechselten.
Mit der Variante zum Lunghin-Pass waren wir dann gut 7 Stunden unterwegs bis Cassacia. Dort gönnten wir uns dann für die letzten 5 km bis Vicosoprano den Bus..

4. Etappe: (Extratour!!)
Von Vicosoprano aus nutzen wir das immer noch schöne Wetter, fahren morgens mit dem Postbus wieder hoch Richtung Maloja-Pass, steigen in Cassacia aus und genießen den traumhaften Sentiero Panoramico, den schönsten Wanderweg im Bergell! Ich kenne ihn schon und gehe ihn heute zum drittenmal..Die Aussicht auf die Kletterberge des Bergell ist einfach umwerfend! Die Sciora-Gruppe, die Bügeleisenkante des Piz Badile ( war mal in den 80er Jahren eine der schwersten Klettertouren der Alpen!) und der Cengalo, von dem aus 2017 der fürchterliche Bergsturz kam, der in Bondo Tote, Verletzte und zerstörte Häuser verursachte. Der Berg kommt nicht zur Ruhe, es werden im Tal riesige Sperren gebaut, die bei weiteren Felsstürzen, die sicher kommen, katastrophale Schäden mildern sollen. Eine jahrelange Großbaustelle im Tal bei Promontogno ist die Folge.. Soglio, ein pittoresker Ort und zum drittschönsten Dorf der Schweiz gewählt, hoch oben über dem Tal, ist unser Ziel.  14 km, 6 Stunden auf rauen Wegen und Steigen.

5. Etappe: ( Extra-Tag!)
Wir gehen direkt von Soglio auf einem alten Treppenweg über die Dörfer im Talgrund zurück nach Vicosoprano. Das Bergell war und ist Heimat vieler Künstler, unter anderem auch von Augusto Giacometti, dessen Geburtshaus besichtigt werden kann. Der Palazzo Castelmur in Coltura zeigt den Aufstieg von einigen Auswanderern, die als Zuckerbäcker in Europas Städten zu Reichtum gekommen waren - aber es wird auch an diejenigen erinnert, denen das Glück nicht so hold war, die in der Fremde krank wurden, ausgebeutet wurden, am Leben verzweifelten. ( die Geschichte wiederholt sich immer wieder....)

6. Etappe:
Nun geht es wieder weiter talauswärts: wir wandern den Kastanienlehrpfad entlang. Diese Gegend ist berühmt für die Kastanien, die im Herbst geerntet werden und in den kleinen Hütten, die überall in den Hängen stehen, gedörrt werden. Das ist dann ein großes Fest. Der Ortsname "Castasegna" ( heutiger Grenzort!) zeugt  davon...
Nun sind wir in Italien, der Lombardei. Die  Markierung ist nicht mehr so gut, aber wir können uns gut an der Beschilderung " Via Bregaglia" orientieren. Die folgt zwar nicht immer der Septimer-Handelsroute, aber dafür durch die alten Dörfer, an Waschhäusern vorbei, vielen Kirchen. Ein sehr interessantes Wegstück liegt versteckt im dunklen Wald, wir queren ein verfallenes Gebäude nach dem anderen, und Balmen, das sind unter Felswände und Vorsprünge gebaute Unterschlupfe für Mensch und Tier. Sogar Käse wurde früher dort gelagert und gereift. Der Weg ist fast zugewachsen, wir waren um unsere langen Hosen froh bei den vielen Brombeerranken..
An den Wasserfällen Cascate dell´Aqua Fraggia in Borgonuovo vorbei erreichen wir durch schattige Wälder die marmitte dei giganti, also Gletschermühlen, von denen wir nur einige sehen. Die meisten sind viel weiter oben und können nur mit einer Extratour erreicht werden. Die letzten km am Fluss entlang ziehen sich... aber nach 5 Stunden sind wir am Ziel unserer Wanderung - der italienischen Kleinstadt Chiavenna, mit ihrer reichen kulturhistorischen Vergangenheit. Welch ein Gegensatz zu unseren einsamen Strecken!

Heimreise:

Unsere Rückreise dauerte zwar lange, aber war nochmal ein landschaftliches Highlight, und diesmal ganz ohne Anstrengung:
mit dem italienischen Linienbus morgens um 8 Uhr direkt den Splügenpass hinauf und wieder in die Schweiz, nach Splügen ( diese Genussfahrt kostete nur 8 Euro!!). Ab Splügen wird es natürlich teurer... Schweiz halt... aber auch sehr perfekt... wieder ein Express-Postbus, der uns in knapp 2 Stunden über Thusis nach Chur kutschierte. Dort allerdings lange Wartezeit auf unseren vorgebuchten Zug. Aber Chur ist immer einen Besuch wert! Eine kleine beschauliche Altstadt mit vielen schönen Ecken und Plätzen, auch bequeme Stühle und Bänke, wo wir auch ohne Konsumation gemütlich sitzen konnten und das Treiben beobachten.
Die Heimfahrt nach Rosenheim war dann ab dem Bodensee ziemlich anstrengend, Züge überfüllt, 3 Stunden gestanden, es sind halt die letzten Tage mit dem 9 Euro Ticket... und das Wetter ist schön!

Wir hatten alle Tage Sonnenschein, auch wenn manchmal Regen und Gewitter angesagt waren. Ein Geschenk, so eine Tour bei solchen Verhältnissen machen zu dürfen!