Wenn die Berge streiten
 

   



Wenn die Berge streiten

Begonnen von Kalapatar, 28.01.2022, 16:10

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Kalapatar

Servus Beinand

Meine Nichte hat mich schon vor langer Zeit auf die bekannte Tiroler Mundartdichterin Anni Kraus hingewiesen. Hier ihr Gedicht: "Wenn die Berge streiten", etwas zum Schmunzeln und zum Nachdenken.

Habt's ös no nia ünsre Berg gheart streitn?
Dö hadern schun seit urdenkliche Zeitn.
Grad in der Früah muaß man die Loser aufsperrn,
da kriagt man nette Sachelen z'hearn.
Der «Patscherkofl» isch der zwiderste Gsell,
a alter Stänkerer, meiner Seel.
Hat er nit heut an' Schneaball gschmissn,
und der «Frau Hitt» ihrn Neblschleier derrissn!
Dabei lacht er no voll Hinterlischt
und sagt: «Weibele, i mecht grad fragen,
wia d'heut aufglegt bischt?»
Die arme Haut, zerscht ganz derschrockn,
beutlt'n Schnee von ihre Lockn.
«Mein Herr, Sie vergessn wohl, ich bin eine Dame,
Frau Hitt, bitte, ist mein Name.»
«Geah du uralte Schachtl, mit dein fuaßlahmen Gaul,
bisch ja schun lang zun Schneuzn z'faul.»
«Und Sie haben eine Glatze, Herr Patscherkofl,
und sind ein Charakter, schon mehr als schofl,
sonst würden Sie nicht gestatten, daß dies
Menschengezücht,
tagtäglich auf Ihrem Kopf herumkriecht.
Ich steh allein hier, ganz nahe dem Himmel,
und spucke auf dieses Menschengewimmel.»
«Hosch recht, du arrogante Nockn,
bleib alloan auf dein Spleen obn hockn.
Die Innschbrugger hom a Gaudi mit meiner Glatzn
und i laß mir sie gern a bißl kratzn.»
«Geah mach di' decht nit gar so rar»,
schreit jetz' voller Wuat das «Hafelekar»,
«i bin ja schliaßlich a no auf der Welt
und dazua no a Trumm heacher gstellt.
Tua du di' jo nit protzn,
gegn mi' bischt du a Totzn!»
Jetz' brüllt der «Glungezer»: «Gebts amol Ruah,
i bin nervös und will no schlafn in der Fruah.»
Bis jetz' hat die «Nockspitz» still zuaglost.
Auf oamol sagt sie ganz erbost:
«Mei klassische Nasn
hun i gestern von an Künstler o'maln lassn.»
Auf dös hin muaß der «Bettlwurf» derartig lachen,
daß die ganzn Inntaler aufwachn;
und böshaft spöttlt die «Martinswand»:
«Die klassische Nasn, dö passt holt eini ins gschearte
Tirolerland.»
«Und ich befehle, jetzt ist Schluß!
Ich seh der Sonne ersten Strahlengruß,
da habt ihr zu schweigen,
und euch als Majestät zu zeigen.»

http://www.youtube.com/watch?v=PPvaOTVt-yE#

Viele Grüße, Kalapatar

Reinhard

Da gibt's so was Ähnliches nach mündlicher Überlieferung, das ich von Katharina Kitzbichler aus Erl erhalten habe.
Es heißt "Die verschwundenen Bauernhöfe".
Ich hatte damals mit der Dichterin etwas Kontakt, und sie hatte mir gegenüber auch "Wenn die Berge streiten" erwähnt, wobei es dort um einen Streit zwischen Spitzstein, Kranzhorn u.a. ging.

Gedicht und dazugehörige Zeichnung siehe hier:
Kranzhorn über den Kranzhornsteig