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Misslungene Bergtouren - Fehler und Ursachen

Begonnen von MANAL, 29.09.2020, 12:00

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Martl

... mal wieder ein neuer Höhepunkt der "Unglaublichkeiten" am Berg:

Bergretter aus Werfen holten in der Nacht von Samstag auf Sonntag zwei verstiegene Holländer vom Tennengebirgsplateau.
Die Bergrettung Werfen wurde Samstagabend gegen 22 Uhr alarmiert: Zwei befreundete Bergsteiger waren nach einem Besuch der Eisriesenwelt noch um etwa 13 Uhr den Klettersteig ,,Hochkogelsteig" Richtung Tennengebirgsplateau gegangen. Für den Aufstieg benötigten die Frau (38 Jahre) und der Mann (31 Jahre) bereits rund fünf Stunden. Am Plateau angekommen wanderten die beiden weiter Richtung Raucheck (2430 m, höchster Gipfel im Tennengebirge).
,,Sie erzählten uns später, dass sie im Internet gelesen hätten, dass der Abstieg von dort zu einer Hütte nur eine Stunde dauern würde", sagt der Werfener Ortsstellenleiter Herbert Deutinger. Als sie gegen 21.30 Uhr das Raucheck erreicht und aufgrund der Dunkelheit – sie waren ohne Stirnlampen unterwegs – und des Wetters keine Orientierung mehr hatten, alarmierten sie die Bergrettung Werfen. Fünf Bergretter aus Werfen stiegen zu den Bergsteigern auf und trafen sie gegen 1 Uhr am Gipfel des Rauchecks an: ,,Wir bekamen beim Aufstieg Unterstützung durch das Team der Libelle Flir, die den Bereich ausleuchteten. Der Abstieg dauerte etwas länger, da die beiden Holländer nicht sehr gut ausgerüstet waren." Gegen 4.30 Uhr konnten die beiden Bergsteiger unverletzt nach Werfen gebracht werden. Neben der Bergrettung stand ein Alpinpolizist und das Hubschrauberteam der Libelle im Einsatz.


Quelle: bergrettung-salzburg.at/
https://www.bergrettung-salzburg.at/news/werfen-naechtlicher-einsatz-am-tennengebirge-fuer-verstiegene-tschechen/

MANAL

https://tirol.orf.at/stories/3217931/

Zitat72-Jähriger in der Nacht vom Berg gerettet
Bergretter haben in der Nacht auf Samstag einem 72-jährigen Deutschen im Wilden Kaiser vermutlich das Leben gerettet. Der Mann war unzureichend ausgerüstet zu einer Tour auf die Ellmauer Halt aufgebrochen, die Tour dürfte er komplett unterschätzt haben.

mh

Bergführer hilft Frau und wurd attackiert

Was ist die Konsequenz: Hilfebedürftige künftig lieber hängen- bzw. liegenlassen? Oder erst ein (natürlich immer im Rucksack befindliches) Formular ausfüllen lassen nach dem Motto "Bin mit Rettung, Sicherung und Angefasst-Werden einverstanden"?

RaF

da wir hier ja auch bereits hin und wieder das Thema mit den Onlinekarten und deren Gefahren hatten:


Mann stuerzt in Berchtesgadenern auf nur in App existierendem Wanderweg...

"Den vorliegenden Informationen zufolge hatte der 34-Jährige offenbar die Absicht, nach dem Gipfelsturm nicht den Aufstiegsweg zurückzunehmen, sondern über die Nordseite in Richtung Gotzentauern abzusteigen, um zur Gotzenalm zurückzukehren. Hierzu folgte er offenbar einer in verschiedenen Handy-App-Karten eingezeichneten Route, die jedoch in der Realität so nicht existierte."

geroldh

Zitat von: RaF...das Thema mit den Onlinekarten und deren Gefahren hatten:
...
"...die Absicht, nach dem Gipfelsturm nicht den Aufstiegsweg zurückzunehmen, sondern über die Nordseite in Richtung Gotzentauern abzusteigen, um zur Gotzenalm zurückzukehren. Hierzu folgte er offenbar einer in verschiedenen Handy-App-Karten eingezeichneten Route, die jedoch in der Realität so nicht existierte."

Gerade dieses Berg-Wochenende hatte ich mit einem anderen "Wildwanderer" das Gespräch, dass heute viele "Youngster" oder "Newcomer" in den Bergen sich mit den Eigenschaften von verzeichneten "Pfaden" in Onlinekarten nicht auseinandersetzen - was unterwegs spontan natürlich schwierig ist - oder sich vielleicht aufgrund eines geringen Abstandes von Höhenlinien die zu erwartende Steilheit vorstellen können - sofern "online" korrekt dargestellt.
Andererseits: So manche "machbare" Route war in den analogen Papierkarten auch nicht einmal als "schwarz-gepunkteter" Steig abgebildet, d.h. wer eine Routen-Idee entwickelte, musste sich das Gelände vor Ort ansehen - und beurteilen! - und ggfs. umdrehen...

Zum konkreten Fall:
Vom Gipfel des Lafeldkopf's gibt es vor Ort wohl eine sichtbare Spur (wird dann also öfters begangen) in nordwestlicher Richtung auf die Kante eines Geländeabbruchs zu, die in der Datenbasis (aller?) Onlinekarten mit T3 (demanding_mountain_hiking) bezeichnet ist.
Der sich dort anschliessende "Pfad" die felsige Geländekante hinunter wurde heute Vormittag aus der "Online-Datenbasis" heraus gelöscht.
In der Historie dieses gelöschten "Pfades" sollte es aber weiterhin "nur" ein "grasiger" T3-Abschnitt sein - die zusätzliche Steilheit durch das Felsgelände wurde hier nicht im Detail angegeben und hätte vmtl. mind. eine T4- oder gar T5-Eigenschaft sein müssen.

Möglicherweise hat der verunglückte Berggänger sich auf Basis von hinterlegten "Pfaden" eine Route generiert oder ist gar einem "gefundenen" GPS-Track hinterhergelaufen...

RaF

ah na wenn der Track da frisch rausgeloescht wurde, klingt das sehr danach, als waere das die Ursache des Artikels von mir.
Und ja - ist halt immer die Gefahr, dass die Leute nur "Track/Weg" sehen, aber nicht drauf achten, welche Eigenschaften dieser hat. Bzw. dann vor Ort auch einfach nachlaufen weil wird schon werden...
Das war fuer mich nach eben Diskussionen der Grund, so manche Beschreibung nur mehr etwas kryptischer zu halten, so dass die Leute zumindest gezwungen sind, sich etwas mit dem Terrain und der Strecke zu beschaeftigen.
Ob das wirklich hilft - allerdings auch unsicher...alles irgendwie nicht einfach, weil halt so viele unterschiedliche Nutzungstypen auf der gleichen Datenbasis.

MANAL

ZitatIgnoranz auf dem Berg und am See nimmt zu
Einen deutlichen Anstieg an Einsätzen mit Hobbysportlern verzeichnen die Rettungsorganisationen: sowohl am See als auch auf dem Berg. Dabei fällt auf, dass oftmals schlechte Wettervorhersagen von Freizeitsportlern ignoriert werden.
https://salzburg.orf.at/stories/3220692/


Das ist wohl so der Kern des Übels:
ZitatAußerdem fehle oft die alpine Erfahrung, so Grabner: ,,Sie kommen speziell aus den nördlichen und östlichen Nachbarländern und wollen einfach schnell schöne Touren, ein Programm abspulen, wollen schöne Bilder haben, wollen diese auf Social-Media-Plattformen posten, Instagram, TikTok, Facebook etc., und haben einen enormen Druck, speziell die jungen Leute, hier etwas zu präsentieren. Und damit steigt natürlich die Risikobereitschaft, hier weiter zu gehen, höher zu gehen, bei schlechterem Wetter zu gehen, oder wenn es einmal Schnee oder Eis hat, trotzdem noch hoch zu steigen, um schöne Bilder zu haben."

Einfach völlig bekloppt nur eine Tour zu gehen um sich selbst für andere in den asozialen Medien zu präsentieren. Oder bin ich einfach ein nur zu großer Egoist weil ich eine Tour nur für mich mache und jeden Moment genieße?  #gruebeln#

geroldh


MANAL

ZitatWanderer immer schlechter ausgerüstet
Im Schnitt einmal pro Tag musste die Bergrettung in Niederösterreich in dieser Sommersaison bisher ausrücken. Auffällig sei, dass immer mehr Menschen Hilfe brauchen, weil sie schlecht ausgerüstet, unvorbereitet oder nicht fit genug für das Wandern sind, heißt es.
https://noe.orf.at/stories/3221614/

#gruebeln#
Zitat,,Vor allem durch die E-Bikes kommt es zu einer Selbstüberschätzung und sehr leicht zu einem Sturz in der Abfahrt",

geroldh

Warum "in die Ferne schweifen"?
Soll mensch da Lachen oder Weinen?  #gruebeln#

Dreister Bergsteiger lässt sich über Rettungs-Kosten ,,beraten" - und wählt Not-Biwak (04.08.2023)
ZitatAm Samstagabend (22. Juli) meldete sich gegen 21.45 Uhr ein Bergsteiger vom Hochkalter, der wissen wollte, wie kalt es werden wird, da er mit einer Rettungsdecke und einer langen Hose im Freien am Berg übernachten wollte, aber nicht sicher war, ob er dabei ein hohes Risiko eingeht, weshalb er eventuell auch mit dem Heli abgeholt werden wollte. Nach dem Telefonat mit dem Einsatzleiter und den drohenden hohen Kosten entschied er sich dann für das Not-Biwak und lehnte eine Rettung ab. Sieben Bergretter waren bis 22.10 Uhr in Bereitschaft und mit dem Vorfall beschäftigt.


Die Kaltfront-Zone und damit die "Unwetter-Linie" mit umgestürzten Bäumen, vollgelaufenen Kellern und abgedeckten Dächern ist am Samstag, 26. August von ca. 15-18 Uhr (RO = 17 Uhr = Herbstfest "abgesoffen") über Südbayern und die Voralpen gezogen, aber bereits die Vortage waren labil:

,,Was kostet es?": Dreiste Wanderer aus Bayern in Not – Anruf entsetzt Tiroler Bergretter (28.08.2023)
ZitatZwei junge Wanderer im Alter von 21 und 22 Jahren aus...dem Landkreis Günzburg in Bayern plante, in der Region Hinterunnütz, einem Gipfel in den Brandenberger Alpen nordöstlich des Achensees, in der Nacht zum Freitag zu übernachten. Allerdings überkam die Frau unmittelbar nach Einbruch der Dunkelheit plötzlich eine Panikattacke. ... Der Bergretter betonte gegenüber dem Wanderer mehrfach die lebensbedrohliche Gefahr, die eine Übernachtung auf dem Gipfel bei Gewitter und Blitz darstellen würde, insbesondere in Bezug auf die Panikattacken der Freundin. Der Wanderer argumentierte jedoch, dass seine Wetter-App angezeigt hätte, dass das Gewitter vorüberziehen würde. Huber hegte Zweifel an dieser Behauptung und wies darauf hin, dass die lokale Bergrettung vertrauenswürdig sei. ,,Uns kann man ruhig vertrauen, immerhin sind wir aus der Gegend" ...

Ob diese "Aktionen" unter "Jugend forscht" laufen?  #gruebelgruebel#

geroldh

Zitat von: RaF am 15.08.2023, 13:56da wir hier ja auch bereits hin und wieder das Thema mit den Onlinekarten und deren Gefahren hatten: ...

Mitte August hatte mir auf dem Untersberg ein anderer "Abseits-Geher" erzählt, dass es nach dem letztjährigen Felssturz den Goldtropfsteig nicht mehr gäbe... - oder aber, dass dieser tw. verschüttet/weggerissen nun (noch) anspruchsvoller geworden sei.


Nun gab es genau dort wieder ein "Problem" mit einem "Wander-Navi":
Notruf aus Angst: Wieder führt Handy-App einen Urlauber (24) in Bergnot (04.09.2023)

Zitat...haben am Sonntagabend (3. September) einen 24-jährigen Urlauber aus Hessen gerettet, der am Hochstaufen ungewollt von seiner Handy-App fehlgeleitet über den alpinen Goldtropfsteig abgestiegen war und in rund 1.300 Metern Höhe mit dem alpinen Gelände überfordert und psychisch blockiert letztlich nicht mehr weiterkam.
...eigentlich auf dem Normalweg über die Bartlmahd absteigen wollte, von seiner Handy-App aber an der Abzweigung hinab zur Goldtropfwand fehlgeleitet wurde, wo er auf dem steilen und ausgesetzten Steig vorsichtshalber immer wieder sitzend auf dem Hintern rutschte, ...


#gruebeln#  Mal abgesehen davon, dass mensch auf einem "Normalweg" eigentlich nie auf dem Hintern rutschen sollte... (denken? umkehren?) - warum nur kann sich die "blöde" Handy-App um einige hundert Meter "irren" (Orientierungsvermögen?) und bereits kurz nach dem Reichenhaller Haus ansagen: "Bitte hier nach links absteigen"!?


:-[  Leider hängt dieser Artikel hinter der Bezahlschranke:
Immer mehr Risiko-Routen im Internet – wie eine digitale Rangerin dagegen vorgeht (01.09.2023)


>:D  Ich möchte wetten, wenn der DAV sich dazu entscheiden würde, seine Papierkarten zu verschenken, dass es dennoch diese "Fehlleitungen" und "Überforderungen" gäbe...

MANAL

Vor allem ist der Normalweg runter doch markiert und durch die vielen Begehungen recht deutlich erkennbar. Schaut der nur auf sein Handy und nicht wohin er geht???

Aber ok, es gibt genügend die mit ihrem Auto in Hafenbecken oder auf irgendwelchen Forstwegen in den Bergen enden weil sie nur dem Navi glauben...

MANAL

ZitatDer Berg ruft
 Beate Haselmayer besuchte für ihre Reportage Touristenhotspots in ganz Österreich und zeigt wie Leichtsinn (und Unwissenheit) von Touristinnen und Touristen dafür sorgt, dass Bergretter und Bergretterinnen an ihre Belastungsgrenzen gehen müssen.
https://www.ardmediathek.de/video/alpha-thema/der-berg-ruft/ard-alpha/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvL2MzNzViMDFmLTQ2OTAtNDcxYi04ZTkyLTNjN2UwNDczZjRlYg

Diese Sendung passt perfekt hier rein. u.a. mit den Instagramtouristen an der Hängebrücke beim Olperer.

mh

Wie zu befürchten, hat der 21-Jährige die Nacht auf der Hohen Munde und seine Sturzverletzungen wohl nicht überlebt: ORF TIROL. Mag mir gar nicht vorstellen, was der Bub gelitten hat, so allein in der Kälte auf dem Berg...

Wie man bei einer derart schlechten Wetterprognose losziehen kann, werde ich nie begreifen. Das Wetter und der Schneefall waren ja genauso angekündigt. Da ist man dauernd im Internet unterwegs, aber einen aktuellen Wetterbericht findet man nicht? Oder hält man sich per se für unsterblich? Oder ist man schon so "instagramisiert", dass man Wetter, Schwierigkeit und äußere Umstände gar nicht mehr checkt? Ich würde es wirklich gern verstehen....

Sehr erhebend stelle ich es mir auch für die Bergretter vor: da muss man bei widrigstem Wetter raus an den Berg, sucht stunden-/tagelang in Kälte und Schnee herum und darf dann doch nur eine Leiche bergen... :-(