Schoßhörner/Dürrkarhorn Überschreitung am 29.08.17
 

   



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Schoßhörner/Dürrkarhorn Überschreitung am 29.08.17

Begonnen von ehemaliges Mitglied, 03.09.2017, 12:56

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ehemaliges Mitglied

Servus beinand,

auch ich habe letzte Woche den Sommer verabschiedet mit einer Runde die ich schon lange mal machen wollte. Die Schoßhörner/Dürrkarhorn Überschreitung in den Leogangern. Was ich so gelesen habe wird diese Unternehmung meist vom Dürrkarhorn angegangen. Ich wollte aber nach der Tour unbedingt noch auf der Passauer Hütte vorbei schauen und so hat sich die Gegenrichtung angeboten.
Das hatte einige Vor- aber auch Nachteile wie sich später herausstellen sollte.
Doch nun zur Tour...

Los ging's um 7:30 Uhr bei Weißbach am Parkplatz Steinbruch und über den Pfannsteig gleich mal steil nach oben. Herbstliche Stimmung herrscht. Der Nebel hängt noch dicht über dem Tal und sollte sich erst ab 1400 m lichten.
An der Hochgrub-Jagdhütte die erste Rast in der Sonne und auffüllen der Trinkvorräte an der Quelle.
Kurz darauf tritt man das erste mal aus dem Wald. Hier sollte man sich richtigerweise scharf rechts halten um die verfallene Alm am Gramler Trett zu erreichen. Die vermutlich zielführende Latschengasse erkenne ich aber leider erst im Abstieg und so steige ich noch ca.200 hm weiter auf bis ich das untere Dürrkar einigermaßen latschenfrei zum Einstieg am Vorderschoßriedl queren kann.
Die Rinne die den Durchstieg durch den ca. 70m hohen sperrenden Riegel vermittelt ist zwar eindeutig zu identifizieren aber sehr einladend schaut's nicht aus.
Aus der Nähe besehen schaut's leider auch nicht besser aus. Am Vortag hat es stark geregnet und alles ist nass, glitschig und brüchig. UIAA II. Nach etwa der Hälfte wechselt man nach rechts in eine Nachbarrinne die oben in steiles Gras übergeht. Als ich oben bin muss ich erst mal kräftig durchschnaufen. Zumindest der Charakter der Tour ist jetzt schon mal klar und wach bin ich auch.  ;D
Ich weiß nicht ob es evtl auch eine angenehmere Möglichkeit gibt aber laut AV-Beschreibung (und Steinmann) war ich definitiv richtig.

FS folgt...

- erster Blick auf die kompl. Überschreitung
- Metzhörndl und Birnhorn
- die gruselige Einstiegsrinne
- Berchtesgadener Prominenz
- Reiteralpe, Kühkranz, Hocheisspitze

ehemaliges Mitglied

Weiter geht es entlang der Wände die Vordere Schoß querend und in einer seichten, breiten Rinne über Schrofen hinauf auf den Nordostgrat in eine kleine Scharte. Von dort in ca einer halben Stunde auf den ersten Gipfel des heutigen Tages. Das Vordere Schoßhorn. Leichte Schrofenkraxelei bis max. II-. Bis hierher incl. Umwegen ziemlich genau 4 h.
Ein schönes neues Kreuz mit Gipfelbuch und eine noch schönere Aussicht erwartet mich.
Das Gipfelbuch (und Kreuz?) von Juni diesen Jahres. Ich kann mich auf der ersten Seite verewigen. Wenn das Buch überlebt wird mein Eintrag vermutlich lange Jahre stehen.
Ich mache lange Rast und genieße die Ausblicke in die heimatlichen Berchtesgadener Berge und bis zu den eisbedeckten Gipfeln der Hohen Tauern bevor ich mich an die anspruchvollste Etappe der Überschreitung mache.

FS folgt...

- Blick zu Dürrkarhorn, Kuchelhorn und Birnhorn
- wie ein gestrandeter Fisch liegt das Metzhörndl am karstigen Strand der Hochgrub; dahinter Passauer Hütte
- Gipfelkreuz Vorderes Schoßhorn
- weiterer Weg: Mittleres-, Hinteres Schoßhorn und Dürrkarhorn (Kreuz)


ehemaliges Mitglied

Das nächste Etappenziel ist das von oben recht unscheinbare Mittlere Schoßhorn. Tatsächlich aber hat dieses es aber faustdick hinter den Ohren. Die klettertechnischen Hauptschwierigkeiten gruppieren sich fast alle am und um das Mittleren SH.
Doch zuerst mal geht's  hinab in die Scharte. Erst noch leicht über Wiesen, dann die letzten Stufen leicht südl. vom Grat abklettern. Den unteren Teil des Aufstiegs zum Mittleren SH bewältigt man auch am besten leicht in die Südflanke ausweichend. Dann direkt am Grat bleibend bis zum Gipfel der gänzlich unspektakulär bleibt.
Um so spektakulärer ist dafür der Abstieg!
Sehr ausgesetzt geht es ziemlich genau an der Kante entlang hinab in die nächste Scharte. Die schwerste Stelle im oberen Bereich ist durch einige Eisenkrampen entschärft.  Durchgehend UIAA II-III zum Abklettern psychisch recht fordernd.
Und jetzt weiß ich auch warum die Tour meist in die andere Richtung gemacht wird... ;)
Der restliche Weg über Hinteres Schoßhorn zum Dürrkarhorn ist dann wieder Spaßgelände. Wiesen, Schofen und vereinzelte Kraxelstellen. Es ist auch nicht mehr so ausgesetzt und bald ist der Endpunkt der Überschreitung erreicht. Großes Kreuz mit altem Gipfelbuch aus den 70ger Jahren. Hat man auch nicht mehr so oft. Langsam schweift der Blick etwas sehnsüchtig hinunter zur Passauer Hütte. Aber das wird wohl noch eine Weile dauern...

- Rückblick zum Vorderern SH
- Detail Abstieg Mittleres SH
- ehemalige Schlüsselstelle (Krampen)
- Abstiegsgrat Mittleres SH
- Rückblick Übersicht

Zeitlassen

Zitat von: RossiS am 05.09.2017, 22:18
Durchgehend UIAA II-III zum Abklettern psychisch recht fordernd.
Huiuiui!
Wie sieht es mit einer Umgehungsmöglichkeit dieser Schlüsselstelle (oder des ganzen Mittleren Schoßhorns) aus, z.B. auf der Nordseite?

ehemaliges Mitglied

Zitat von: Zeitlassen am 06.09.2017, 09:55
Zitat von: RossiS am 05.09.2017, 22:18
Durchgehend UIAA II-III zum Abklettern psychisch recht fordernd.
Huiuiui!
Wie sieht es mit einer Umgehungsmöglichkeit dieser Schlüsselstelle (oder des ganzen Mittleren Schoßhorns) aus, z.B. auf der Nordseite?

Servus Zeitlassen,

wenn überhaupt Umgehung dann müsste man schon das ganze mittlere SH umgehen. Ich hab's mir nicht so genau angeschaut aber am ehesten noch südl. aus der Scharte etwas runter und dann wieder aufwärts queren. Ist aber glaub ich auch nicht viel gewonnen. Es geht leider in dem Bereich überall recht gach runter.

VG
Rossi

ehemaliges Mitglied

Vom Dürrkarhorn steige ich in leichter Kraxelei in westl. Richtung hinab bis auf wunderschöne Wiesenmatten und weiter am Kamm bis in einer Scharte ein Steinmann in die Südflanke leitet.
Steil geht es hinunter. Noch immer ist kein Wandergelände erreicht auch wenn nun verwaschene rote Markierungen die Wegfindung erleichtern.
Als ich dann im Schotterfeld unterhalb des Gipfels ankomme ist das gröbste geschafft. Der kürzeste Weg zurück wäre jetzt durchs Dürrkar abzusteigen (weglos/Steinmänner) aber mich ruft dann doch der Einkehrschwung auf der Passauer Hütte.
Die Route über die endlosen Karstfelder in die Metzhörndlnieder und dann weiter zur Hütte ist vorbildlich frisch markiert. Bei guter Sicht eigentlich unnötig aber bei Nebel sicher sehr sehr notwendig. Der Weg zieht sich noch ganz schön. Entfernungen werden auf so weiten Hochflächen leicht unterschätzt aber es ist landschaftlich toll/bizarr. Diese Karstformen sind einfach immer wieder beeindruckend.

Kurz vor der Hütte treffe ich die ersten Menschen heute.  ;D
Der Kuchen und das Bier schmecken natürlich nach der Tour immer am besten. Ich beobachte noch eine weile das Treiben gegenüber am Fahnenköpfl Klettersteig bevor ich mich frisch gestärkt an den langen Abstieg mache.
Um 17:00 Uhr schließt sich der Kreis und ich bin heil wieder unten am Auto.

Fazit:Tolle Tour in absolut einsamer und urtümlicher Umgebung. Grandiose Ausblicke! Ich selbst hatte die Tour leicht unterschätzt. Doch recht lang und vor allem psychisch teilweise anspruchsvoll. Gegenrichtung wahrscheinlich insg. sinniger. Auch wenn dann ganz am Schluss noch diese fiese nasse Rinne kommt.

VG
Rossi

- Kuchelhorn und Birnhorn
- Abstiegsflanke Dürrkarhorn
- Markierung im Karst
- Ein letzter Blick hinauf zum Tagwerk